Im Dunkel der Schuld

Rita Hampp im Gespräch
    Im Dunkel der Schuld erzählt davon, wie die Hauptfigur Ebba von den Dämonen ihrer Kindheit und Jugend eingeholt wird. Warum findet sie keinen Frieden?
    Psychische Gewalt, wie sie Ebba und ihren Geschwistern angetan wurde, ist generell sehr schwer zu verkraften. Wer als Kind immer wieder in Truhen oder Schränke gesperrt wird, hat für immer eine Urangst vor Enge und Dunkelheit. Trotzdem hat Ebba im Laufe der Zeit Strategien entwickelt, mit ihren traumatischen Erfahrungen umzugehen, sie ist zu einer starken Persönlichkeit geworden. Und nun stirbt viele Jahre später ihr Bruder ausgerechnet in einer Situation, vor der er sich sein Leben lang gefürchtet hat. Da kommt unweigerlich alles wieder hoch.
    Sie schreiben über ein wichtiges, ein brisantes Thema: Gewalt in Familien. Was hat Sie dazu bewogen?
    Dieses Thema wird in unserer Gesellschaft oft tabuisiert. Dabei gibt es in den besten Familien häusliche Gewalt. Ich wollte aufzeigen, dass Kinder – neben körperlicher und sexueller Gewalt – eben auch durch unsichtbare psychische Grausamkeiten und Achtlosigkeit zerbrechen können, und zwar unbemerkt von der Außenwelt. Im Buch wehren sich die Geschwister irgendwann, sehr spät, aber in der Realität fühlen sich die betroffenen Kinder oft im Stich gelassen und verstummen, weil sie meinen, es würde ihnen ohnehin nicht zugehört oder geholfen werden. Vielleicht ermuntert mein Roman ja, ein bisschen achtsamer zu werden.
    Einen Roman zu schreiben, erfordert einige Recherchen im Vorfeld. Wie haben Sie sich auf diesen Roman vorbereitet?
    Der Schwerpunkt dieses Buches liegt in der Psyche der handelnden Personen. Um dies möglichst nachvollziehbar zu beschreiben, reichte mein gesunder Menschenverstand natürlich nicht aus, zumal ich grundsätzlich großen Wert auf möglichst umfassende Recherche lege. Eine Diplom-Psychologin hat mich daher sowohl bei der Arbeit am Konzept als auch während des Schreibprozesses intensiv beraten. Da Ebba von Beruf Galeristin ist, habe ich außerdem sehr intensiv in Galerien recherchiert. Und ich lege mich auch schon mal in einen Sarg und lasse den Deckel zuschieben, wenn ich es für eine Szene brauche.
    Ãœber die Autorin
    Rita Hampp wurde 1954 in Ostfriesland geboren und lebt mit ihrem Mann in Baden-Baden. Nach ihrem Jurastudium arbeitete sie zwanzig Jahre als Journalistin, lange Zeit davon als Rechts- und Gerichtsberichterstatterin. Nach mehreren Regionalkrimis ist Im Dunkel der Schuld ihr erster Psychothriller.

RITA HAMPP
    IM DUNKEL DER SCHULD
    PSYCHOTHRILLER

Originalausgabe 10/2013
    Copyright © 2013 by Rita Hampp
    Copyright © 2013 by Diana Verlag, München,
    in der Verlagsgruppe Random House GmbH
    Dieses Werk wurde vermittelt durch die
    Michael Meller Literary Agency GmbH, München
    Redaktion | lüra – Klemt & Mues GbR, Gisela Klemt
    Umschlaggestaltung | t.mutzenbach design, München
    unter Verwendung eines Motivs von © mauritius image s/ Trigger Image
    Satz | Christine Roithner Verlagsservice, Breitenaich
    Alle Rechte vorbehalten
    ISBN 978-3-641-10292-0
    www.diana-verlag.de

Für H.

Prolog
    14. Juni 1982
    Schwarz. Alles schwarz.
    Wie in einem Loch. Oder im Bauch von einem Walfisch. Oder im Wald von Hänsel und Gretel, nein, noch viel, viel schlimmer. Die konnten wenigstens etwas sehen: Mond und Sterne am Himmel und Kieselsteine auf dem Weg. Aber hier, in der doofen Kiste, ist gar nichts. Hier ist es einfach nur schwarz. Rabenschwarz.
    Das ist schrecklich unheimlich.
    Vor allem, weil man nie weiß, wie lange es diesmal dauert.
    Sie ist schon ganz lange mutig gewesen und hat nicht geheult und nicht gekratzt oder geklopft oder geschrien wie früher.
    Sie hat zwischendurch sogar geschlafen. Jedenfalls hat sie von Schmetterlingen und Kirschen geträumt. Das war schön.
    Aber jetzt ist sie aufgewacht und liegt immer noch hier. Ganz lange schon.
    Bestimmt sitzen die anderen in der Küche und essen Abendbrot und haben sie vergessen.
    Ob sie wohl ganz leise rufen soll? Nur wie beim Spiel »Mäuschen, mach mal piep«?
    Lieber nicht.
    Keinen Mucks! Sonst werden Georg und Rosie wieder bestraft.
    Wo sind die eigentlich alle?
    Sie presst ihr Ohr ganz fest ans Holz. So still!
    Ob sie noch im Krankenhaus sind? Rosies Bein hat vorhin ganz komisch ausgesehen.
    Wie bei ihrer Puppe, der sie mal aus Versehen das Bein rausgedreht hatte. Sie hatte es nicht mehr reinbekommen. Papa