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Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft

Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft

Titel: Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft
Autoren: Markus Falk;Beckedahl Lüke
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Computerspielen Gegner reihenweise zerlegen oder ob wir eine Kettensäge zücken, um Passanten in der Fußgängerzone zu meucheln. Ballerspiele aus der Ich-Perspektive, auch First-Person oder Egoshooter genannt, erfreuen sich seit Beginn der 1990er-Jahre großer Beliebtheit. Damals kamen Doom und Wolfenstein3D auf die Kinderzimmercomputer. Das Spielprinzip ist einfach: Der Spieler läuft durch Gänge (Dungeons) und Landschaften, hat zu Spielbeginn ein paar Waffen dabei und kann unterwegs weitere Waffen und Munition dafür einsammeln. Je nach Spiel trifft man unterwegs auf Monster, menschenähnliche Wesen oder Mitspielerfiguren. Die meisten von ihnen werden kurzerhand über den Haufen geschossen.Bei CounterStrike und anderen inkriminierten Spielen gibt es auch Team-Modi. Dabei geht es keineswegs friedliebender zu. Es darf nur nicht jeder auf der Spielgebietskarte einfach so abgeknallt werden. Es könnte der eigene Mitspieler sein.
    Die Debatte um Gewalt in Computerspielen gibt es seit ihrer Erfindung. Seit Mitte der 1980er Jahre haben sich sowohl die Darstellung virtueller Gewalt als auch der Umgang mit dieser Darstellung vielfach gewandelt. Es ging stets um die Fragen: Wem ist was zumutbar, und sind wir Menschen in der Lage, virtuelle Räume und reale Welten auseinanderzuhalten? Diese Debatte wurde auch von den Herstellern sehr aufmerksam verfolgt. Für Deutschland wurden Computerspiele extra umprogrammiert. Wenn in englischen Versionen Menschenähnliche umgebracht wurden, dann ließ man für das Blut rote Pixel auf den Bildschirmen erscheinen. Einige der deutschen Versionen zeigten stattdessen grüne Pixel   – nur um dem Vorwurf der realitätsnahen Gewaltverherrlichung zu entgehen. Die Liste der Spiele, die im Laufe der Jahre von der damaligen Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS), später dann umbenannt in Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM), auf den Index gesetzt wurden, ist lang. Der Effekt war immer derselbe: Verkauft wurden die Spiele an Minderjährige nicht mehr, aber auf den Schulhöfen wurden sie liebend gern weitergegeben. Seitdem das Internet die Verteilung und den Zugriff auf solche Spiele noch viel einfacher gemacht hat, ist die faktische Kontrollmöglichkeit des Staates bei derartigen Medien nahe null.
    Ein Schüler läuft durch eine Schule. Er hat Waffen dabei. Echte, reale Waffen. Keine Spielzeugpistole, sondern das, was er im Waffenschrank von Papa, Onkel, Bruder oder wem auch immer gefunden hat. Erfurt, Winnenden, Emsdetten   – immer wenn ein verzweifelter und wahrscheinlich auch verwirrter junger Mensch zur Waffe griff, um andere und oft auch sich selbst aus dem Leben zu schießen, war eine Erklärung gleich parat: gewalthaltige Medien. Und erstaunlicherweise fanden sich in fast allen Kinderzimmern der Attentäter Spiele und Filme, die nicht in die Kategorie »für zartbesaitete Gemüter geeignet« fallen dürften. Aber tatsächlich hatten diese Täter auch immer einiges andere gemeinsam: Sie hatten ernste Probleme, sie hatten eine Möglichkeit, an echte Waffen zu gelangen, und diese Waffen waren fastimmer im legalen Besitz eines Menschen, der Mitglied in einem Schützenverein war.
    Man kann über den Sinn und Unsinn von Ballerspielen denken, was man möchte. Der eine findet sie super, der andere einfach nur langweilig oder ist   – so wie der eine Autor dieses Buches   – schlicht selbst viel zu reaktionsschwach, um an solch einem Spiel dauerhaft Freude finden zu können. Allerdings haben wir derartige Spiele schon gespielt, lange gespielt. Und das unterscheidet uns etwas von denjenigen, die eine feste Meinung und wenig Ahnung von diesen Spielwelten haben.
    Einige Namen aus der Politik sind untrennbar mit der Killerspiel-Debatte verbunden. Das gilt zum Beispiel für Günther Beckstein (CSU), damals bayrischer Innenminister, später auch Ministerpräsident von Bayern. Für Günther Beckstein war klar: Waffen zu besitzen ist ok, Computerspiele sind gefährlich. Ähnlich denkt sein heute noch amtierender Amtskollege aus Niedersachsen Uwe Schünemann (CDU): Selbst Mitglied in einem Schützenverein, ist er einer der lautesten Fürsprecher für ein Verbot gewalthaltiger Computerspiele und gegen die Verschärfung von Waffengesetzen. Und dann gibt es da noch einen dritten im Bunde: Christian Pfeiffer, ehemaliger niedersächsischer Justizminister, Professor für Kriminologie, Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, vom ›Stern‹
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