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Der Tristan-Betrug

Titel: Der Tristan-Betrug
Autoren: Robert Ludlum
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haben soeben bestätigt, was wir schon aus zweiter Hand erfahren hatten: Die Frau, die uns so viele wertvolle Dokumente über Stalins Unternehmen WOLFSFALLE beschafft hat, ist letzten Freitag hingerichtet worden.«
    »Dann ist die Quelle also versiegt!«, rief Feldmarschall Wilhelm Keitel aus. »Das ist eine Katastrophe!«
    Canaris beobachtete Heydrichs Schlangenaugen. Heydrich war absolut skrupellos, aber er war auch hochintelligent. Er wusste so gut wie Canaris, was das bedeutete; trotzdem äußerte er sich mit keinem Wort dazu. Seine Intrige mit dem Ziel, Canaris und mit ihm die Abwehr zu diskreditieren, war soeben gescheitert.
    »Sehr bedauerlich«, sagte Canaris gelassen. »Eine höchst unglückliche Entwicklung. Es ist in der Tat tragisch, dass diese Frau ihr Leben für unsere Sache hingeben musste.« Er brauchte nicht zu erläutern, was allen Anwesenden ohnehin klar war: Die Tatsache, dass die Quelle hingerichtet worden war, bewies ihre Authentizität.
    Nun entstand eine lange Pause, während Canaris' Feststellung wirkte. Dann stand Hitler auf.
    »Meine Herren, eine junge Frau hat ihr Leben dafür hingegeben, dass wir die Wahrheit über Stalins Verrat erfahren. Wir können ihre Tapferkeit nicht besser ehren als durch entschlossenes Handeln. Unser Angriff gegen Russland, der hiermit den Decknamen >Fall Barbarossa< erhält, muss sofort in die Wege geleitet werden. Und sobald das Unternehmen angelaufen ist, gibt es kein Zurück mehr. Oder ist jemand am Tisch anderer Meinung?«
    Einige der Anwesenden schüttelten die Köpfe, aber niemand sprach.
    »Glauben Sie mir, meine Herren«, fuhr der Führer fort, »wir brauchen nur die Tür einzutreten, dann kracht der ganze morsche Bau zusammen.« »Hört, hört!«, sagte Keitel laut. Dieser Ruf wurde von mehreren anderen aufgenommen.
    Hitler nickte zufrieden lächelnd. »Seien Sie versichert, meine Herren, der Russlandfeldzug wird ein Kinderspiel im Sandkasten.«

Kapitel Neununddreißig
    JALTA, HALBINSEL KRIM, FEBRUAR 1945
    Die Niederlage Hitler-Deutschlands war absehbar. Berlin hatte noch nicht offiziell kapituliert, aber jeder wusste, dass das nur noch eine Frage der Zeit war, vielleicht von ein bis zwei Monaten. Präsident Roosevelts Flugzeug war wenige Minuten nach zwölf Uhr auf einem Flugplatz auf der Krim gelandet. Zu den vielen Mitarbeitern an Bord der Maschine gehörte auch ein junger Mann namens Metcalfe, ein Assistent des US-Präsidenten.
    Nach Alfred Corcorans Tod war sein inoffizieller Geheimdienst aufgelöst worden. Das war nur gut, denn sobald Metcalfe von Lara Baranowas Hinrichtung durch den NKWD erfahren hatte, war ihm klar gewesen, dass er nicht mehr Agent bleiben konnte. Ihm war bewusst, dass er einen wichtigen Erfolg erzielt hatte, aber der Preis dafür war zu hoch gewesen. Er hatte die einzige Frau, die er jemals geliebt hatte, in große Gefahr gebracht, und sie war in dieser Gefahr umgekommen.
    Metcalfe war als depressiver, von Gewissensbissen gepeinigter Mann nach Washington zurückgekehrt. Ein paar Monate lang hatte er sich im Hotel Hay-Adams verkrochen, hatte viel getrunken, war nie ausgegangen und hatte mit niemandem gesprochen. Sein Leben war zu Ende.
    Zuletzt hatten jedoch seine vielen Freunde interveniert und ihn ermahnt, er müsse sich einen Job suchen und wieder arbeiten. Das Familienunternehmen florierte auch ohne ihn, und sein Bruder Howard stellte unmissverständlich fest, er lege keinen Wert auf Stephens Mitarbeit. Metcalfe würde immer genug Geld haben, aber er brauchte ein Ziel, eine Aufgabe.
    Eines Tages erhielt Metcalfe in seinem Hotelzimmer eine Nachricht von dem Mann, der das wichtigste Mitglied von Corkys Geheimbund gewesen war: Präsident Franklin Delano Roosevelt. FDR bat Metcalfe zu einem kurzen Gespräch ins Weiße Haus.
    Am nächsten Tag hatte Roosevelt ihn als Juniorassistenten des Weißen Hauses angestellt, und Metcalfe hatte wieder eine Aufgabe.
    Die Wagenkolonne des Präsidenten fuhr die hundertdreißig Kilometer vom Flugplatz Saki zum Liwadia-Palast - einer ehemaligen Sommerresidenz des Zaren - in den Bergen. Auf der gesamten fünfstündigen Fahrt war die Straße von Rotarmisten gesäumt, von denen jeder nach sowjetischer Art zackig salutierte, wenn die Kolonne vorbeifuhr.
    Die Zerstörungen, die der Feind auf russischem Gebiet angerichtet hatte, die ausgebrannten Gebäude, die Verwüstungen, waren ein schrecklicher Anblick. Als die Wagenkolonne den Liwadia-Palast erreichte, wurde es bereits Abend. Die Deutschen hatten
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