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1152 - Prinzessin Blutleer

1152 - Prinzessin Blutleer

Titel: 1152 - Prinzessin Blutleer
Autoren: Jason Dark
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Es war so vieles auf der Welt möglich. Wer die Sonne und das Licht hasste, der fand sein Versteck in der Dunkelheit. Wer sich freiwillig zurückzog, konnte auch hier überleben, und genau so war es mit dem »Ding«, das verborgen in der tiefen Dunkelheit blieb.
    Es war erwacht!
    Etwas Böses, etwas Unheimliches. Ein Angstmacher. Ein Unhold und ein Untier zugleich.
    Sein Aussehen war nicht bekannt. Die Schwärze verbarg es. Es hatte auch keine Stimme.
    Es atmete nicht. Es stöhnte nicht, es kratzte nur über die alten Steine hinweg, als suchte es darauf oder dazwischen nach etwas Bestimmtem.
    Die Geräusche stoppten nicht. Das Wesen wanderte durch die Finsternis. Es suchte nach einem Ausweg. Immer wieder kratzte etwas über die rauen Steinwände, und die Geräusche änderten sich, als harte Krallen oder Finger an einer rauen Holzfläche entlangglitten und dort stoppten.
    Es war nur eine kurze Zeit, und das unheimliche Wesen schien in dieser Zeitspanne den Atem anzuhalten. Es war ein gefährliches Lauern, vermischt mit Warten und Hoffen zugleich.
    Nichts gab die Finsternis preis. Kein Schatten, kein Umriss. Alles war in diese Schwärze eingehüllt. Kein Atemholen, kein Schnappen nach Luft, nur ein lang anhaltendes Stöhnen war zu vernehmen. Es zeugte von der Enttäuschung, die dieses Wesen überkommen hatte.
    Das Holz gehörte zu einer Tür. Davor blieb es stehen. Es jammerte, es jaulte und weinte.
    Laute, die ein Mensch nicht ausstoßen konnte. Sie wirkten verloren, als sie die Dunkelheit durchwehten, und sie brachen schließlich ab.
    Das Kratzen aber blieb. Es bewegte sich von oben nach unten. Das Wesen hatte sich gereckt und ließ sich nun wieder fallen, ohne das Holz loszulassen.
    Es war zusammengesackt. Es hockte auf dem Boden. Wieder war ein Heulen zu hören. Es floss durch die Dunkelheit und erreichte die entferntesten Ecken des Verlieses.
    Das Wesen hatte alles eingesetzt. Und es hatte verloren. Es war verloren. Erstickt in seiner Einsamkeit. Jede Hoffnung hatte es aufgeben müssen.
    Es war wie immer. Nacht für Nacht. Über eine so unendlich lange Zeit hinweg. Vergessen in der Finsternis. Eingekerkert von Menschen, die das Wesen unbedingt für sich haben wollte, die es brauchte, um »überleben« und wieder stark werden zu können.
    Hier unten gab es weder Tag noch Nacht. Nur die Dunkelheit. Und trotzdem spürte das Wesen diesen Rhythmus zwischen dem hellen Tag und der finsteren Nacht. Es hatte dafür keine Ohren, aber es war schon sehr darauf erpicht und wie programmiert. Es schien in seinen verfluchten Genen zu stecken.
    Vor der dicken Holztür blieb es liegen. Es hätte mit seinen Fingernägeln Hunderte von Jahren an der Tür kratzen können, ein Erfolg wäre ihm nicht gelungen. Die Tür war ebenso dick und stark wie die Mauern des Gefängnisses.
    Wieder verging Zeit. Draußen lauerte die Nacht, die von der Kälte durchweht wurde.
    Wolken trieben am Himmel. Manchmal riss der Wind dicke Lücken in sie hinein oder zerfaserte sie. Dann war der Mond als eine scharfe Sichel zu sehen.
    Das Wesen kippte nach rechts. Irgendwann, als schon Stunden vergangen waren. Die Kraft der Nacht hatte es verlassen. Es spürte genau, dass sich jenseits der Mauer etwas veränderte, und plötzlich erwachte es aus seiner Lethargie.
    Es war noch einmal ein Aufbäumen, aber kein direktes Hochzucken, sondern eine recht langsame Bewegung.
    Das Wesen setzte sich wieder hin und blieb auch in dieser Haltung, die es dann nur leicht veränderte, den Körper zur Seite lehnte und das Ohr gegen die Tür drückte.
    Dahinter war es passiert. Dort hatte es die Veränderung gegeben. Schon öfter hatte es Geräusche oder Stimmen in der Nacht gehört. Da war es beinahe wahnsinnig geworden, weil es eingesperrt war und nicht an das herankam, was sich hinter den Mauern bewegte. Es hatte nur das Leben gespürt, die Wärme der Menschen, die unbedingt in seine Gewalt hineingeraten mussten.
    Auch jetzt hörte es die Laute. Wieder überkam es eine große Hoffnung. Die Augen leuchteten auf. Nur war es kein Licht, das abstrahlte. Es spürte, dass dieses Andere näherkam und dass seine Zeit möglicherweise vorbei war.
    Es war etwas zu hören.
    Schritte…
    Die kannte es, aber diesmal war es anders. Die Trittgeräusche blieben nicht in einer gewissen Entfernung. Sie wurden lauter, denn die Person näherte sich. Und wenn sie weiterging, dann war es nur eine Frage der Zeit, wann sie die Tür erreicht hatte, zu der von der anderen Seite eine Treppe hinabführte.
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