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Der Tristan-Betrug

Titel: Der Tristan-Betrug
Autoren: Robert Ludlum
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stieg verängstigt in den Fond. Dort saß bereits der Drei-Sterne-General.
    »Was zum Teufel soll das?«, krächzte Metcalfe, dessen Panik nun nachließ.
    »Ich muss mich aufrichtig bei Ihnen entschuldigen«, antwortete der Russe. »Wir leben in gefährlichen und unruhigen Zeiten, und ich durfte nicht riskieren, dass Ihnen etwas zustößt -auch hier draußen in den Wäldern nicht. Dies sind meine Männer, allein mir unterstehend, für Terroristenabwehr ausgebildet. Sie sind viel zu wichtig, als dass Sie irgendwelchen Gefahren ausgesetzt werden dürften.«
    Metcalfe schüttelte dem Russen die Hand. Der achtzigjährige General war weißhaarig, aber sein Profil war noch immer raubvogelhaft. Er nickte dem Fahrer zu, und der Wagen setzte sich in Bewegung.
    »Ich danke Ihnen, dass Sie nach Moskau gekommen sind -auch wenn meine dringende Aufforderung Ihnen rätselhaft vorgekommen sein muss.«
    »Ich konnte mir denken, dass sie mit dem Staatsstreich zusammenhängt«, sagte Metcalfe.
    »Die Dinge entwickeln sich rascher als erwartet«, sagte der Russe halblaut. »Die Verschwörer haben sich die Zustimmung des Mannes gesichert, der als dirischor - Dirigent - bekannt ist. Vielleicht ist's schon zu spät, die Machtergreifung zu verhindern.«
    »Meine Freunde im Weißen Haus beobachten die Ereignisse mit großer Sorge. Aber sie fühlen sich zur Untätigkeit verdammt - der National Security Council scheint sich darüber einig zu sein, dass eine Intervention einen Atomkrieg auslösen könnte.«
    »Eine berechtigte Sorge. Diese Männer wollen die Regierung Gorbatschow unbedingt stürzen. Sie schrecken vor nichts zurück. Sie haben die Panzer in den Straßen Moskaus gesehen -die Verschwörer brauchen jetzt nur noch den Befehl zum Losschlagen zu geben. Gegen die Zivilbevölkerung. Das gibt ein Blutbad. Tausende werden umkommen! Aber der Angriffsbefehl ergeht erst, wenn der dirischor zustimmt. Alles hängt von ihm ab - er ist der Dreh- und Angelpunkt.«
    »Aber er gehört nicht zu den Verschwörern?«
    »Nein. Wie Sie wissen, ist er der perfekte Insider: ein Mann, der die Schalthebel der Macht unter Geheimhaltung und im Verborgenen betätigt. Er gibt niemals eine Pressekonferenz; er bleibt stets im Dunkeln. Aber er sympathisiert mit den Verschwörern. Ohne seine Unterstützung muss ihr Staatsstreich fehlschlagen. Mit seiner Unterstützung ist ihnen der Erfolg sicher. Und dann wird Russland wieder eine stalinistische Diktatur - und die Welt steht neuerlich am Abgrund eines Atomkriegs.«
    »Warum haben Sie mich hergerufen?«, fragte Metcalfe. »Und warum gerade mich?«
    Als der General sich ihm zuwandte, glaubte Metcalfe, in seinem Blick Angst zu erkennen. »Weil Sie der Einzige sind, dem ich traue. Und weil Sie der Einzige sind, der eine Chance hat, ihn zu erreichen. Den dirischor.«
    »Und weshalb sollte der dirischor auf mich hören?«
    »Ich denke, das wissen Sie«, sagte der Russe gelassen.
    »Sie können den Lauf der Geschichte ändern, mein Freund. Schließlich wissen wir beide, dass Sie's schon einmal getan haben.«

TEIL EINS
Kapitel Eins
    PARIS, NOVEMBER 1940
    Die Lichterstadt war in Dunkelheit versunken.
    Seit die Deutschen vor einem halben Jahr in Frankreich eingefallen waren und Paris unter ihre Kontrolle gebracht hatten, wirkte die herrlichste Stadt der Welt einsam und verzweifelt.
    Die Seinekais waren menschenleer. Der Triumphbogen, der Place de l'Étoile - diese berühmten leuchtenden Wahrzeichen, die einst den Nachthimmel erhellt hatten - waren jetzt finster. Über dem Eiffelturm, auf dem einst die französische Trikolore geflattert hatte, wehte jetzt eine Hakenkreuzfahne.
    Paris war still geworden. Auf den Straßen waren kaum noch Privatautos oder Taxis unterwegs. In den meisten Grandhotels hatten sich die Deutschen einquartiert. Verschwunden waren der allabendliche Trubel, das Lachen von Nachschwärmern und Zechern. Verschwunden waren auch die Vögel - Opfer der großen Benzinbrände in den ersten Tagen der deutschen Besetzung.
    Die meisten Pariser blieben nachts zu Hause: Die Besatzer, die Ausgangssperren, die ihnen auferlegten neuen Bestimmungen und die Wehrmachtssoldaten, die in ihren graugrünen Uniformen mit Bajonetten und Pistolen am Koppel auf den Straßen patrouillierten, hatten die Menschen eingeschüchtert. Eine ehemals stolze Stadt war in Hunger, Angst und Verzweiflung versunken.
    Selbst die aristokratische Avenue Foch, die mit schönen weißen Steinfassaden gesäumte breiteste, prächtigste der Pariser
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