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Der Tristan-Betrug

Titel: Der Tristan-Betrug
Autoren: Robert Ludlum
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gibt's einfach zu viele boches. Warum flüchten wir uns nicht in den Jockey Club? Im Maxim's sind heutzutage auch zu viele boches. « Sie flüsterte, denn Plakate in der Metro drohten jedem, der die Deutschen »boches« nannte, strenge Strafen an. Die Deutschen reagierten außerordentlich empfindlich auf französischen Spott.
    »Oh, ich habe nichts gegen die Deutschen«, sagte Daniel, weil er das Thema wechseln wollte. »Sie sind ausgezeichnete Kunden.«
    »Die Soldaten ... wie nennt man sie, die haricots verts? Sie sind solche Bestien! Mit so miserablen Manieren! Auf der Straße ist keine Frau davor sicher, von ihnen begrapscht zu werden.«
    »Man muss ein bisschen Mitleid mit ihnen haben«, sagte Eigen. »Der arme deutsche Soldat fühlt sich als Welteroberer, aber keine Französin würdigt ihn auch nur eines Blicks. Das ist einfach unfair.«
    »Aber wie soll man sie sich vom Leib halten?«
    »Am besten erzählst du ihnen einfach, du seist Jüdin, mon chou. Das schreckt sie ab. Oder du starrst ihre großen Füße an -das macht sie immer verlegen.«
    Abermals musste sie wider Willen lächeln. »Aber wie sie im Stechschritt die Champs-Elysées hinuntermarschieren!«
    »Glaubst du, dass der Stechschritt einfach ist?«, fragte Daniel. »Versuch's mal selbst - dann landest du auf deinem hübschen Popo.« Er sah sich verstohlen um, suchte ein Mittel, Agnès zu entkommen.
    »Stell dir vor, neulich habe ich Göring auf der Rue de la Paix aus seinem Wagen steigen gesehen. Er hat seinen albernen Marschallstab getragen - den nimmt er bestimmt mit ins Bett! Er ist in Cartier's verschwunden, und der Geschäftsführer hat mir später erzählt, dass er für seine Frau eine Halskette für acht Millionen Franc gekauft hat.« Sie tippte mit dem Zeigefinger an Daniels gestärkte weiße Hemdbrust. »Siehst du, er kauft seiner Frau französischen Schmuck, nicht deutschen. Die boches kritisieren ständig unsere Dekadenz, aber hier bewundern sie genau das.«
    »Nun, für Herrn Meier ist das Beste gerade gut genug.«
    »Meier? Wie meinst du das? Göring ist kein Jude.«
    »Du weißt doch, dass er gesagt hat: >Ich will Meier heißen, wenn auch nur ein feindliches Flugzeug über Deutschland erscheint.««
    Agnès lachte. »Nicht so laut, Daniel«, flüsterte sie wie auf der Bühne.
    Eigen legte ihr kurz einen Arm um die Taille. »Ich muss hier mit einem Gentleman sprechen, doucette. Wenn du mich also bitte entschuldigst .«
    »Du meinst, dass dein Auge auf eine andere Schöne gefallen ist«, sagte Agnès vorwurfsvoll, während sie übertrieben schmollend lächelte.
    »Nein, nein«, versicherte Eigen ihr lachend. »Hier geht's wirklich nur um Geschäfte.«
    »Nun, Daniel, mein Schatz, du könntest mir wenigstens ein bißchen echten Kaffee besorgen. Ich kann diesen Muckefuck nicht mehr ertragen!« Sie verwendete das deutsche Wort. »Zichorie, geröstete Bucheckern! Tust du's, Schätzchen?«
    »Selbstverständlich«, sagte er. »Sobald die nächste Lieferung eintrifft. Ich erwarte sie in ein paar Tagen.«
    Aber als er sich von Agnès abwandte, rief ihn eine strenge Männerstimme an. »Herr Eigen!«
    Dicht hinter ihm stand eine kleine Gruppe von deutschen Offizieren, aus deren Mitte ein hünenhafter SS-Standartenführer, was dem Rang eines Obersts entsprach, mit glatt zurückgekämmtem Haar herausragte. Der Offizier trug eine Schildpattbrille und in sklavischer Imitation seines Führers einen schmalen Schnauzbart. Standartenführer Jürgen Wegmann hatte entscheidend dazu beigetragen, dass Eigen eine Service-public -Genehmigung erhielt, mit der er einen der wenigen gegenwärtig in Paris zugelassenen Privatwagen fahren durfte. Der städtische Verkehr warf riesige Probleme auf. Da nur Ärzte, Feuerwehrleute und aus unerfindlichen Gründen auch prominente Schauspieler und Schauspielerinnen eigene Wagen fahren durften, war die Metro - viele Stationen waren ohnehin geschlossen - auf geradezu groteske Weise überfüllt. Und da es kein Benzin gab, fuhren auch keine Taxis.
    »Herr Eigen, diese Upmanns ... die waren strohtrocken.«
    »Tut mir Leid, das hören zu müssen, Herr Standartenführer. Haben Sie sie in einem Humidor aufbewahrt, wie ich Ihnen geraten habe?«
    »Ich habe keinen Humidor.«
    »Dann muss ich Ihnen einen besorgen«, sagte Eigen.
    Einer der Offiziere, ein wohlbeleibter SS-Gruppenführer mit rundem Gesicht, ein Generalmajor namens Johannes Koller, kicherte halblaut. Er hatte seinen Kameraden einen Packen sepiabrauner französischer
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