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Der Tristan-Betrug

Titel: Der Tristan-Betrug
Autoren: Robert Ludlum
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Männer neben sich. Jetzt sah sie auf; ihre Blicke begegneten sich.
    »Lana!«, brüllte er. Seine Stimme hallte durchs Bahnhofsgebäude, kam als hohles Echo zurück.
    Sie trug einen zu einem Turban gebundenen Schal und hatte als einziges Make-up etwas Lippenstift aufgelegt. Sie senkte den Kopf.
    »Lana!«, schrie er nochmals.
    Sie sah erneut auf, und als ihre Blicke sich wieder begegneten, erkannte Metcalfe in ihren schönen Augen etwas, das ihn bis ins Innerste erschütterte. Ihr durchdringender Blick besagte: Ich weiß, was ich tue.
    Meine Entscheidung steht fest. Wage nicht, daran zu rütteln.
    Dies ist mein Leben, besagte ihre Miene. Ebenso wie dieser Tod. Daran kann mich niemand hindern.
    Metcalfe rief nochmals ihren Namen, diesmal jedoch fragend: »Lana?«
    Er sah die Resignation und Entschlossenheit auf ihrem Gesicht. Lana schüttelte kaum merklich den Kopf, dann wandte sie sich ab.
    »Nein!«, brüllte er in unsäglicher Agonie.
    Jetzt starrte sie grimmig, eisern entschlossen geradeaus. Aus ihrem schönen Gesicht leuchteten Trotz und Entsetzen und seltsamerweise auch die tiefe Heiterkeit eines Menschen, der nach langem Ringen zu einem Entschluss gelangt ist.

Kapitel Achtunddreißig
    MOSKAU, IN DER LUBJANKA
    Der aschblonde, geisterhaft blasse kleine Mann machte kehrt und verließ den Hinrichtungsraum. Trotz aller Hinrichtungen, an denen er als Vertreter seines Vorgesetzten - Chefermittler Rubaschow - teilgenommen hatte, fand er sie noch immer entsetzlich. Tatsächlich erschien ihm alles, was der NKWD tat, so abstoßend, dass er es als ausgesprochen glücklichen Zufall empfand, vor ungefähr einem Jahr die Gelegenheit erhalten zu haben, heimlich für die Deutschen zu arbeiten. Er war bereit, alles zu tun, um mitzuhelfen, die sowjetische Terrormaschinerie zu vernichten. Über die Nazis wusste er wenig; ihn kümmerte nur, dass Hitler entschlossen war, den verhassten Sowjetstaat zu liquidieren. Konnte das Material, das er Berlin heimlich lieferte, den ersehnten Sturz Stalins beschleunigen, dann hielt er sich in der Tat für einen sehr glücklichen Mann.
    Der farblose Assistent Rubaschows prägte sich den genauen Todeszeitpunkt nochmals ein. Die deutsche Abwehr würde sämtliche Einzelheiten wissen wollen. Sie würde auch Abschriften der Protokolle aller Vernehmungen der Beschuldigten verlangen. Sie war eine außergewöhnlich schöne Frau, eine der berühmtesten Ballerinen Russlands gewesen -und hatte trotzdem ebenfalls für Berlin gearbeitet! Anfangs hatte sie alles abgestritten, aber nach brutalsten Verhörmethoden hatte sie gestanden, dass sie ihrem Vater, einem General der Roten Armee, streng geheime Militärdokumente entwendet und ihrem Liebhaber, einem deutschen Diplomaten, übergeben hatte.
    In den Augen des aschblonden kleinen Mannes war die Ballerina eine Heldin. Auch sie war eine Gegnerin des Kremls gewesen und hatte genau wie er für Berlin spioniert. Aber sie hatte stundenlangen unvorstellbaren Folterqualen widerstanden, bevor sie ein Geständnis abgelegt hatte. Er fragte sich, ob er die innere Stärke und den Mut besäße, die diese Frau bewiesen hatte, bevor sie schließlich doch zusammengebrochen war und alles gestanden hatte, wie es irgendwann alle unter der Folter taten.
    Die auf dem Fußboden des Hinrichtungsraums ausgebreitete Plane war mit dem Blut der schönen Frau bespritzt: ein Bild, das sich ihm eingebrannt hatte, das ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen würde. Bald würde der Leichnam abtransportiert werden; dann würde die Putzfrau kommen und sauber machen. Die Einzelheiten von Swetlana Baranowas Hinrichtung würden nirgends festgehalten werden, weil der NKWD wollte, dass ihr Tod anonym blieb.
    Aber er würde dafür sorgen, dass diese tapfere Frau nicht vergebens gestorben war.
    Wenn er heute Abend nach Hause kam und seinen Bericht für die deutsche Abwehr schrieb, würde er ganz genau berichten, was er über den heroischen Kampf dieser Frau gegen das Sowjetsystem und für die Nazis wusste.
    Berlin musste die Wahrheit erfahren. Er war nicht nur dazu verpflichtet, genau Bericht zu erstatten, sondern hatte auch das Gefühl, dies sei das Wenigste, was er tun könne, um die tapfere Ballerina posthum zu ehren.
    BERLIN
    Admiral Canaris musste sich eingestehen, dass er genoss, was er gleich sagen würde. Er richtete seine Bemerkungen direkt an Reinhard Heydrich, der mehrfach erhebliche Zweifel an der Authentizität seiner Quelle in Moskau geäußert hatte.
    »Unsere Informanten in der Lubjanka
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