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Der Tod aus dem Norden

Der Tod aus dem Norden

Titel: Der Tod aus dem Norden
Autoren: Jason Dark
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und Clive Braddock wieder in die normale Zeit zurückzuholen.
    Die Kirche war für Suko zu einer schauerlichen Umgebung geworden. Das mochte an der Düsternis liegen, aber auch an den brausenden Geräuschen des Sturms. Er hatte sich zwar etwas abgeschwächt, konnte aber noch immer als ungemein stark angesehen werden. Manchmal rüttelte er auch an den Fenstern, ohne die Scheiben allerdings aus den Rahmen zu schleudern.
    Reverend Castor war verschwunden. Suko hörte ihn im Hintergrund der Kirche, wo er leise betete. Als er zurückkehrte, hielt er einen Kerzenleuchter in den Händen. Die Flammen rissen eine unruhige Insel des Lichts in die Dämmerung. Durch irgendwelche Ritzen drang stets Wind, der die Zungen tanzend bewegte, sie aber nicht verlöschte. Castor stellte den Leuchter ab und fragte mit leiser Stimme: »Wie weit sind Sie, Inspektor?«
    Suko schaute nur kurz hoch. Es paßte ihm nicht, aus der Konzentration gerissen worden zu sein. »Noch drei Nadeln.«
    Castor schaute auf die übrigen. Sie lagen nebeneinander auf der Kirchenbank und hoben sich kaum vom dunklen Holz ab. »Haben Sie schon etwas gespürt?«
    »Leider nein.« Suko sah Castor nicken. Der Reverend kam ihm wie ein Fremdkörper vor. Das merkte dieser auch. Er stellte keine weiteren Fragen und beobachtete den Chinesen.
    Suko hatte die Nadeln stets mit den Fingerspitzen angefaßt und den entsprechenden Druck gegeben, um sie auch beim ersten Versuch aus dem alten Körper ziehen zu können.
    Bisher war es ihm gut gelungen, auch die drittletzte Nadel zupfte er hervor und behielt dabei die dunkle, leicht ölige Haut im Auge, die jedesmal, wenn eine Nadel hervorgezogen wurde, sich wieder zusammenzog. Es war eine Filigranarbeit, bei der Suko auch das Gesicht der mumienhaften Puppe nie aus den Augen ließ. Dort tat sich nichts. Es blieb starr. Kein Muskel zuckte. Die vorletzte Nadel umfaßte Suko ebenso sorgfältig wie alle anderen zuvor. Der kleine Ruck, sie war weg.
    Er legte sie zu den anderen und sah Castors Nicken. Der Geistliche war für ihn weit weg, so stark konzentrierte sich der Inspektor auf die wichtige Aufgabe.
    Er hatte damit gerechnet, daß die Wikinger nach dem Entfernen de Nadeln erscheinen würden, wie schon einmal.
    Das war diesmal nicht der Fall. Die Zombies aus dem Norden hielten sich zurück. Sollte die Magie diesmal nicht funktionieren? Hatten sie etwas falsch gemacht?
    »Sie zweifeln?« fragte Castor leise.
    »Ein wenig.«
    »Ich auch.«
    »Dennoch werde ich die letzte Nadel hervorholen, darauf können Sie sich verlassen.«
    Nach dieser Antwort wich Castor ein wenig zurück. Er wollte nicht in der unmittelbaren Umgebung sein.
    Suko umfaßte auch die letzte Nadel. Sie steckte in der linken Wade der Voodoo-Mumie.
    Seit Beginn seiner Aktion war er nicht so aufgeregt gewesen wie jetzt. Wenn es diesmal nicht klappte, waren sie voll und ganz einem Irrtum erlegen.
    In diesem Moment schien selbst der Sturm eine Atempause eingelegt zu haben. Die Stille innerhalb des Kirchenschiffs lag beinahe greifbar über ihnen. Selbst die Kerzenflammen brannten ruhiger als noch vor wenigen Sekunden.
    Suko zog!
    Er zupfte die Nadel aus der dunklen, öligen Haut hervor, drehte die Hand und hielt die letzte beinahe triumphierend in die Höhe. »Das war es, Reverend.«
    Castor kam näher. Sein Gesicht war bleich geworden. In der Farbe glich es einer der Figuren, die in den Winkeln der Kirche verteilt standen. Die Lippen des Mannes bewegten sich beim Sprechen kaum, als er fragte:
    »Es ist doch nichts passiert — oder?«
    »Keine Ahnung.«
    »Wir müßten etwas merken, Inspektor.«
    »Vielleicht draußen.«
    »Dann lassen Sie uns nachschauen.« Der Geistliche wollte wegrennen, aber Suko hielt ihn zurück.
    »Nicht so schnell. Lassen Sie es uns behutsam angehen. Das ist unter Umständen besser. Ich werde die Kirche als erster verlassen.«
    »Rechnen Sie mit einem Angriff?«
    »Das ist durchaus möglich.«
    Eine Antwort gab der Reverend nicht. Er hatte sowieso den Eindruck, fehl am Platze zu sein, und trat zur Seite, um Suko Platz zu schaffen. Der warf noch einen letzten Blick auf die Mumie. Sie lag regungslos auf der Kirchenbank. Die Haut zitterte nicht mehr und war dort zusammengewachsen, wo die Nadeln hervorgezogen worden waren. Sie zeigte zudem keine Anzeichen von Zerstörung. Nur die Oberfläche glänzte matt wie angestrichen.
    Der Geistliche schaute auf den Rücken des Inspektors, als dieser zum Ausgang schritt.
    Kurz vor der Tür blieb er stehen, legte zwar
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