Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod aus dem Norden

Der Tod aus dem Norden

Titel: Der Tod aus dem Norden
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Wünsche führen.«
    »Sie meinen das Drachenschiff?«
    »Was sonst, Reverend?«
    Castor sagte nichts mehr. Er hatte eingesehen, nur Statist sein zu können. Das Kommando hatten andere übernommen.
    Suko schaute ihn an. »Wollen Sie mitkommen, oder in der Kirche abwarten.«
    Castor blickte fast böse, als er sein aufgewirbeltes Haar zurückstrich.
    »Für wen halten Sie mich? Für einen Feigling? Für einen, der jetzt kneift?«
    »Nein, Reverend, ich halte Sie für einen vernünftigen Menschen.«
    »Dann lassen Sie mich auch bei Ihnen bleiben.«
    »Ich habe nichts dagegen…«
    ***
    Andersen schrieb das Märchen Nils Holgerson, dem es gelang, mit Hilfe von Schwänen durch die Lüfte zu fliegen und weite Reisen zu unternehmen.
    So ähnlich wie der kleine Nils kam auch ich mir vor. Nur verließ ich mich nicht auf Schwäne, sondern auf die Kraft einer fremden Magie, die das Schiff führte und seinen Weg durch die Dimensionen schießen ließ.
    Der Begriff Zeit existierte für mich nicht mehr. Er war einfach gegenstandslos geworden. Ich konnte nichts anderes, als mich treiben lassen.
    Was umgab mich?
    War es eine klare Luft, von der Menschen nur träumen konnten? Oder war es die Durchsichtigkeit einer Dimension, die mit dem Verstand nicht zu begreifen war?
    Ich lag auch weiterhin eingeklemmt unter der Ruderbank und spähte durch eine Lücke. Die Luft hatte sich verändert. Sie schien aus Glas zu bestehen, durch das wir rasten, ohne allerdings ein Splittern zu hören. Alles war anders geworden. Heller. Klarer. Freier. Ich sah auch die Wikinger. Sie verkrochen sich nicht so wie ich. Sie standen als Zombies aufrecht an Deck und warteten darauf, ihr Ziel zu erreichen.
    Schwerbewaffnet und ohne körperliche Wunden, drängten sie sich zusammen. Leif, ihrem Anführer, überließen sie die Spitze. Auf ihn und auf die Magie eines afrikanischen Voodoo-Priesters setzten sie und gingen davon aus, daß sie nicht im Stich gelassen würden. Wir jagten weiter durch die Dimensionen, überquerten Grenzen, ohne es zu merken, und wurden von der faszinierenden Klarheit eines Himmels begleitet.
    Ich spürte keine Schmerzen mehr und kam mir ungewöhnlich leicht vor, als wäre ich selbst dabei, meinen Körper durch die Lüfte zu steuern. Das war so herrlich, so einmalig, bis die Magie uns dorthin brachte, wo das richtige Ziel lag.
    In meine Zeit, in der Gegenwart!
    Ein jeder von uns spürte den Ruck, der das Schiff durchlief. Ich hatte es jetzt besser, weil ich unter der Ruderbank lag. Die Wikinger-Zombies konnten ihn nicht so schnell ausgleichen. Sie kippten oder fielen gegeneinander.
    Wir standen.
    Nur umgab uns keine Stille. Das Brausen, Pfeifen und Heulen hatte ich noch in bester Erinnerung. Über England wütete einer der schlimmsten Stürme, hatte Spuren der Vernichtung hinterlassen und kochte das Wasser zu einer Hölle auf.
    Zwar hörte ich das Tosen der Wellen sehr deutlich, aber keine krachten gegen die Bordwände. Die aufgewühlte See bildete nur mehr eine Geräuschkulisse.
    Meiner Ansicht nach konnten wir nicht auf dem Wasser gelandet sein, sonst hätten uns die haushohen Brecher überrollt. Ich blieb so lange in meiner Deckung, bis sich die Krieger zusammengefunden hatten und mit Leif an der Spitze über die Bordwand kletterten, um das Drachenschiff zu verlassen. Diesmal bewegten sie sich nicht wie eine zusammengewürfelte, mordgierige Horde, sondern ziemlich gesittet. Nebeneinander hergehend bildeten sie eine breite Reihe.
    Wir befanden uns am Strand von Seabrake!
    Das schwere Drachenschiff lag nicht auf dem Trockenen. Es schwebte darüber hinweg, als würde ein Luftkissen von unten her gegen den Kiel drücken.
    Schwerfällig stemmten sie sich gegen den Sturm an, die Körper nach vorn gebeugt, um nicht durch eine plötzliche Bö von den Beinen gerissen zu werden.
    Ich schaute dabei auf ihre Rücken und dachte über das Verhalten der Zombies nach.
    Ziellos kamen sie mir nicht vor. Sie wußten haargenau, wohin sie sich wenden sollten.
    Auch ich hatte die Bordwand überklettert. Der Wal lag noch immer auf der Fahrbahn.
    Gischtwolken sprühten gegen die Fassaden der Häuser. Wolken jagten über den Himmel.
    Die Wikinger hatten ihre Richtung geändert. Selbst der Wal störte sie nicht. Sie kletterten über ihn und schlugen dabei ihre Äxte in das dicke Fleisch, die sie benutzten wie Bergsteiger ihre Haken. Ich suchte nach den Menschen von Seabrake. Wenn sie den Ort nicht verlassen hatten, war es ihnen gelungen, sich zu verstecken.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher