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Neobooks - Die Zitadelle der Träume

Neobooks - Die Zitadelle der Träume

Titel: Neobooks - Die Zitadelle der Träume
Autoren: Liane Sons
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    1. Kapitel
    Meister Cato saß mit gerunzelter Stirn an seinem Schreibtisch. Der Raum mit der schweren Tür und nur einem schmalen Luftschacht zwischen Wand und Decke erinnerte an ein Gefängnis. Das große Bett mit dicken Daunenkissen, ein Tisch mit Wasser, Wein, Obst, Käse und Gebäck neben Krombechern und kostbaren Kerzenhaltern, die mit Yapis verziert waren, ließen diesen Gedanken jedoch schnell wieder verschwinden. Auch der gepolsterte Lehnstuhl und die Glocke, mit der er Martha jederzeit rufen konnte, verdrängten den Gedanken an Gefangenschaft.
    Kisten mit Pergamenten stapelten sich an einer Wand, und auf dem Schreibtisch lagen verstreut Bücher mit schweren Siegeln und Papierrollen.
    Meister Cato strich sich mit der Schreibfeder übers Kinn und hing seinen Gedanken nach. Seit vielen Tagen versuchte er jetzt, die vergilbten, zum Teil beschädigten Schriften längst vergangener Tage zu entziffern, aber ihm fehlte der Schlüssel. Die Alte Sprache war seit Jahrhunderten ausgestorben und völlig anders als alles, was er bisher gesehen hatte. Wie die Pergamente den Lauf der Zeit auf den Nebelinseln überstanden hatten, war ihm ein Rätsel. Vielleicht hing es damit zusammen, dass die Witterungsverhältnisse immer gleichbleibend waren, oder es hatte etwas mit der Magie zu tun, die hier alles irgendwie umgab.
    Seine Gedanken schweiften wie so oft ab. Was Gideon jetzt wohl gerade tat? Ob es dem Jungen gutging? Ob er überhaupt noch lebte?
    Da er hier immer noch als Weiser der Berge galt, hatte er sich natürlich nach Plänen bezüglich der Erfüllung der Prophezeiung erkundigt. Alles andere wäre merkwürdig erschienen. Martha hatte ihm erklärt, der Prinz sei nach wie vor unauffindbar, genauso wie die Nebelprinzessin Caitlin, was allerdings weniger tragisch sei, schließlich gäbe es ja mehrere Schwestern. Man hatte ihm sogar Prinzessin Sasha, eine schüchterne, rundliche und pausbäckige junge Dame, vorgestellt, die gegebenenfalls mit ihm auf die Reise gehen sollte, sollte man den Prinzen jemals finden. Trotz des ungewissen Schicksals ihrer Schwester schien die junge Prinzessin geradezu begierig, die Reise zur Erfüllung der Prophezeiung anzutreten. Sie …
    Die Tür wurde geöffnet, und Königin Ayala, gekleidet in das weiße Gewand der Priesterinnen, unterbrach seine Gedanken. Sie lächelte flüchtig zur Begrüßung und kam umgehend zur Sache. »Meister Cato, Martha berichtete, Ihr macht keinerlei Fortschritte. Ich beginne langsam, mich zu sorgen!«
    Er nickte unglücklich und legte die Feder aus der Hand. »Ihr könnt nicht unzufriedener sein als ich selbst. Noch nie habe ich solche Schwierigkeiten gehabt. Aber seht selbst, Königin, ich bin dabei, mich langsam von alten Schriften zu älteren und von denen zu noch älteren durchzuarbeiten, in der Hoffnung, endlich auf Anhaltspunkte oder Ähnlichkeiten mit der Alten Schrift zu stoßen. Ihr könnt Euch vorstellen, wie mühsam und zeitaufwendig das ist. Priesterin Martha wird Euch hoffentlich auch berichtet haben, dass ich fast ohne Pause arbeite. Ich will diese Herausforderung unbedingt meistern, aber diese Schrift ist völlig anders als alles, was ich bisher gesehen habe.« Er seufzte tief. »Ein Ende ist kaum in Sicht!«
    Die Königin unterdrückte ihre aufkeimende Wut und Ungeduld und knetete die Hände. »Eilt Euch bitte! Es ist lebenswichtiger denn je, Meister. Stellt Euch vor, der Prinz ist gefunden worden.«
    Sie wartete, bis der Gelehrte sein Erstaunen und seine Freude darüber, dass es wirklich und wahrhaftig noch einen Erben gab, genug zum Ausdruck gebracht hatte, und fuhr dann mit sorgenvoller Miene fort: »Ach, Meister Cato, es besteht leider nicht der geringste Anlass zum Jubeln, sondern es steht viel schlimmer, als Ihr es Euch denken könnt. Der Held, auf den wir unsere Hoffnung setzten und unsere Zukunft bauten, ist ein Taugenichts, ein ständig betrunkener Krüppel aus der Gosse, der sich zudem auch noch ganz offensichtlich weigert, seine Aufgabe zu erfüllen. Bevor er sich ihr stellt, versteckt er sich lieber im Wintergebirge. Kälte und Hunger zieht er seiner Verantwortung offensichtlich vor.« Sie lachte freudlos auf, stützte die Hände auf den Schreibtisch und sah den Verianer durchdringend an. »Doch selbst wenn er sich irgendwann entschlösse, seine Pflicht zu erfüllen, was sollte dieser jammervolle Junge denn schon vollbringen können?«      
    In seinem Gesicht spiegelten sich jetzt Fassungslosigkeit und Entsetzen. »Das ist
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