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127 - Rosemaries Alpträume

127 - Rosemaries Alpträume

Titel: 127 - Rosemaries Alpträume
Autoren: Dämonenkiller
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Margot Wagner konnte von ihrem Platz am Küchenfenster aus den gesamten Innenhof der Wohnhausanlage überblicken. So war es ihr möglich, ihre Tochter zu beaufsichtigen, während sie kochte oder Geschirr spülte. Sie hörte durchs halbgeöffnete Fenster die Kinder lärmen. Noch vor wenigen Minuten hatten sie an einem Schneemann gebaut. Rose hatte etwas abseits gestanden, als gehörte sie nicht dazu. Aber jetzt widmeten sie sich einem anderen Spiel - und sie hatten Rose miteinbezogen. Margot freute sich darüber, denn es ließ sie hoffen, daß die anderen Kinder Rose früher oder später doch noch als vollwertigen Spielgefährten akzeptieren würden.
    Margot blickte verstohlen aus dem Fenster. Die Kinder schienen so etwas wie Blindekuh zu spielen. Sie hatten Rose die Augen mit einem Schal verbunden und machten sie durch Zurufe auf sich aufmerksam. Dabei verstellten die Kinder ihre Stimmen und wechselten ständig ihren Standort.
    Einmal hörte Margot ihre Tochter sagen: „Nein, nein! Es klingt ganz anders."
    Dann rief ein zehnjähriger Junge mit tiefer Stimme: „Ich bin dein Freund, Rose! Bitte, bitte hilf mir!“
    „Das war falsch", erwiderte Rose. „Glaubst du, ich habe deine Stimme nicht erkannt, Christoff?"
    Die Kinderstimmen vermischten sich zu einem unverständlichen Gewirr. Margot konnte nur einige Wortfetzen verstehen, weil alle auf einmal durcheinander sprachen. Ihr war auch, als hörte sie einen Namen. Er hörte sich wie „Florian" an und wurde immer wieder gerufen.
    Zwischendurch äfften die anderen Kinder eine fremde Sprache nach und fragten: „Hast du's verstanden, Rose? Du kannst doch so gut Englisch."
    Margot hatte auf einmal ein ungutes Gefühl. Ihr war, als würden die Stimmen der Kinder immer aggressiver klingen. Als sie zum Fenster eilte, war plötzlich ein herzzerreißendes Weinen zu hören. Rose!
    Sie sah, wie die anderen Kinder ihre Tochter umtanzten, die sich die Augenbinde abgenommen hatte und heulend davonlief. Die Jungens bewarfen sie mit Schneebällen.
    Margot ließ alles liegen und stehen und lief ins Stiegenhaus, wo ihr eine Etage tiefer bereits Rose entgegenkam und sich schluchzend in ihre Arme warf. Margot redete begütigend auf sie ein, nahm sie auf den Arm und trug sie in die Wohnung. Rose beruhigte sich erst, als Margot ihr Mantel und Schuhe ausgezogen hatte und ihr die kalten Füße rieb.
    „Was ist denn vorgefallen?" wagte Margot endlich zu fragen. „Ihr habt doch so nett miteinander gespielt. Warum zankt ihr euch denn so plötzlich?"
    Rose schmollte.
    Margot seufzte. Sie bot ihrer Tochter heißen Tee an und begab sich in die Küche, ohne eine Antwort abgewartet zu haben.
    Manchmal war Margot wegen ihrer Tochter so verzweifelt, daß sie nicht mehr ein noch aus wußte. Rose war ein Problemkind. In der Schule brachte sie nicht die gewünschten Leistungen, und in der Freizeit fand sie nicht Anschluß an Gleichaltrige. Sie war eine Außenseiterin. Margot hatte schon alles mögliche versucht. Rose war nicht geistig zurückgeblieben, noch war sie schüchterner als andere Mädchen ihres Alters; dennoch waren ihre Lernerfolge eher mäßig, und sie fand einfach keine Freunde.
    Ein befreundeter Psychologe hatte Rose als „Träumerin" bezeichnet, womit er sagen wollte, daß sie sich mit ihrer üppigen Fantasie eine eigene Traumwelt errichtete, in die sie sich zurückzog, weil sie in der Wirklichkeit versagte. Vielleicht aber fand sie auch nur keinen Kontakt zur Wirklichkeit, weil sie sich eine Traumwelt geschaffen hatte.
    Margot kehrte mit einer Tasse Kamillentee ins Wohnzimmer zurück.
    Rose hatte sich in ihr eigenes Zimmer zurückgezogen. Sie stand am Fenster; den Kopf gegen die beschlagene Scheibe gedrückt, starrte sie sehnsüchtig in unbekannte Fernen.
    Margot kannte diesen traumverlorenen Blick nur allzugut.
    „Da kommt dein Tee, Liebes!"
    Rose zuckte erschrocken zusammen und drehte sich langsam um. Ihre Augen drückten Überraschung und Verständnislosigkeit aus; aber dann lächelte sie.
    „Ach so", murmelte sie, setzte sich an den Kindertisch und schlürfte den dampfenden Tee.
    Margot kniete neben ihr nieder, drückte sie kurz und innig an sich und küßte sie auf die Wange.
    „Wo warst du nur wieder mit deinen Gedanken, Rose?" fragte Margot.
    Rose gab keine Antwort. Sie starrte in ihre Teetasse, als rollte dort ein faszinierendes Schauspiel ab. „Willst du mir nicht verraten, was vorhin passiert ist?" fragte Margot vorsichtig. „Was haben sie dir getan?"
    Rose kniff die
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