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Der schlafende Gott

Der schlafende Gott

Titel: Der schlafende Gott
Autoren: Jesco von Puttkamer
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Heimatsystem schicken.«
    »Du redest zuviel.« Matchett hörte seine eigenen Worte mit einem abgetrennten Teil seines Bewußtseins und wunderte sich darüber. Er blickte zu den Maschinen auf, die sich jetzt über ihn beugten. Statt klauenähnlichen Zangen saßen bläulich schimmernde, blitzende Skalpelle an ihren vielgliedrigen Armen, und in ihren Bewegungen lag eine tödliche Zielstrebigkeit.
    Er wußte, daß ihm nur noch Sekunden verblieben, und er nahm Abschied vom Leben. Das überwältigende Empfinden, versagt zu haben, erfüllte ihn mit schmerzhafter Intensität.
    Er sah das Skalpell auf sich zukommen, und er schloß die Augen. Sein ganzer Körper spannte sich in Erwartung des ersten Schmerzes.
     
    Und die Zeit verstrich.
    Matchett wußte nicht, wie lange er so gelegen hatte. Es kam der Augenblick, als die Erkenntnis in sein blockiertes Bewußtsein einsickerte, daß irgend etwas nicht stimmte. Wo blieben die stechenden Lanzen des Schmerzes?
    Die Computerstimme war verstummt. Ein schwerer Stoß erschütterte den Stahltisch.
    Er schlug die Augen auf und starrte empor.
    Und sah die ferngelenkten Maschinen, die mitten in der Bewegung versteinert waren.
    Eine Handbreit über seinem Brustbein schwebte das Skalpell, aber der Arm, an dem es saß, war erstarrt. Die Robots verharrten reglos. Kein Geräusch ließ sich hören.
    Dann traf eine zweite Erschütterung den Tisch, als der Raum schlagartig erbebte. Im nächsten Moment bogen sich die Metallwände nach innen.
    »King!« schrie er triumphierend.
    Das Krachen ferner Explosionen hämmerte an seine Ohren. Beben über Beben durchlief die Böden und Wände der Zellenstruktur. Das Geräusch zerreißenden Stahls war süße Musik in seinen Ohren. Die emotionelle Entspannung, die darauf einsetzte, war für sein System fast fatal.
    Ein wildes Keuchen entrang sich seinem Hals. Seine Augen drohten aus ihren Höhlen hervorzuquellen, aber dann sank er entspannt zurück, als sich – einer schützenden Decke gleich – eine siegreiche fremde Kraft in seinem Geist ausbreitete.
    »Chet!« murmelte er, als er in den tiefen Abgrund der friedenspendenden Ohnmacht hinuntersank. »Chet, du lebst!«
     

 
18.
     
    Das unübersehbare Sternenmeer des Spiralnebels M-31 im Sternbild Andromeda strahlte in unbeschreiblicher Pracht von den Bildschirmen. Die fernen Sonnen erschienen wie glitzernde Diamanten, die in allen erdenklichen Farben schillerten. Diamanten, die von einem unvorstellbaren Titanen zu Myriaden und aber Myriaden über das schwarze Samttuch des Weltalls wahllos verstreut worden waren.
    Das Expeditionsschiff TELLUS raste mit vieltausendfacher Lichtgeschwindigkeit auf nahezu gerader Bahn durch die endlosen Tiefen des Alls, aber die strahlenden Nadelköpfe auf ihren großen Bildschirmen verkündeten, daß sie in der Unendlichkeit nicht allein war. Überall gab es Leben, Wärme, Licht. Überall, wo man auch hinblicken mochte, zeigte sich der dynamische Trieb der Natur, das Leblose zu beleben und das Nichts zu verdrängen.
    Douglas Matchett, der – aus der Mutantenabteilung kommend – durch das hohe Portal auf die lichterfüllte Kommandobrücke des Schiffes trat, vermochte den Blick für lange Minuten nicht von den Sichtplatten abzuwenden. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, wieder im Schutz des Schiffes zu weilen und von neuem die Welten des irdischen Universums zu durchmessen.
    Während er sich auf seinem Platz niederließ, gingen seine Gedanken zu den vergangenen Wochen zurück, die für die Expeditionsmitglieder von rastloser Aktivität erfüllt gewesen waren. Erst jetzt, als alles vorüber war, bot sich den Männern und Frauen Zeit und Gelegenheit, die Ereignisse der letzten Wochen zu überdenken und zu diskutieren.
    Matchett schauderte unwillkürlich, als er an jene entsetzlichen Sekunden auf dem Seziertisch der Nagha zurückdachte. Wie ein Wunder war es ihm damals erschienen, als die höllischen Mechanismen plötzlich leblos wurden, ja, als das ganze riesenhafte Planetengehirn von einem Sekundenbruchteil zum nächsten stillgelegt wurde.
    Heute wußte er, daß dies allein das Verdienst von Chester Clayton King war, aber es hatte lange gedauert, bis ihn jenes Gefühl eines überirdischen Ereignisses verließ. Heute war es ihm klar, daß alles auf die unvorstellbaren Fähigkeiten des schlafenden Gottes zurückgeführt werden konnte. Aber selbst die Erklärung, die ihm King geliefert hatte, überstieg alle bisherigen Erkenntnisse irdischer Wissenschaft.
    Bange Minuten hatte
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