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Der Schichtleiter

Titel: Der Schichtleiter
Autoren: Alex Seinfried
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Erzähl!“
    „Es gibt nichts zu erzählen, das ist Privatsache.“
    Lukas grinst.
    „Hör auf zu grinsen! Ehrlich, das ist Mara gegenüber absolut nicht fair. Sie will mein Zimmer haben, damit sie näher bei dir ist! Findest du das nicht ziemlich fies, dass du dich ausgerechnet jetzt an mich ranschmeißt?“
    „Ich schmeiß mich nicht ran, ich will nur einen kurzen … Na ja, egal. Schon gut. Ich dachte halt, dass es dir vielleicht gefallen würde.“
    Und ob es das würde! „Nein“, sage ich stattdessen, „nicht unter solchen Voraussetzungen.“
    „Nachdem du für Marco und mich gleichzeitig hingehalten hast, hätt ich nicht gedacht, dass du jetzt einen auf Spießer machst.“
    Reflexartig hole ich aus und will Lukas eine scheuern. Aber er fängt meinen Schlag ab und verdreht mir mit einem seiner Polizeigriffe den Arm. Plötzlich liege ich rücklings mit meinem Kopf an seiner Schulter. Alles geht so schnell, dass ich nicht mal schreien kann. Als ich den Mund aufmache, drückt mir Lukas einfach seinen auf und küsst mich. Dann lässt er mich los.
    Ein wenig benommen stehe ich da.
    „Das tat weh!“, sage ich schließlich und schaue ihn böse an.
    „Ich hab dir nicht gesagt, dass du mich schlagen sollst.“
    „Ich meine auch, was du gesagt hast.“
    Lukas schweigt und ich versuche, meine Wut über ihn im Zaum zu halten. Als Polizist ist er gut trainiert und hat einige Kampfsporttricks auf Lager. Keine Chance, das hab ich ja gerade gemerkt.
    „Tut mir leid“, sagt er nach einer Weile. „Ich vermiss dich halt.“
    Ich antworte nicht und er geht einfach.
    „Brauchst du Hilfe?“, fragt mich plötzlich jemand.
    Ich drehe mich zu dem Fremden um. „Die Frage kommt leicht zu spät, oder?“
    „Entschuldigung, dass ich überhaupt frage“, sagt der Typ und entfernt sich wieder.
    Ich setze mich auf meine Tasche und warte. Lukas geht mir natürlich nicht aus dem Kopf. Ich schwanke eine halbe Stunde lang zwischen der spontanen Reaktion meines Schwanzes und meiner Wut über Lukas’ Worte. Ich kann mich nicht recht entscheiden, ob ich seine Beharrlichkeit jetzt total aufdringlich oder eher schmeichelhaft finden soll. Zu einem abschließenden Urteil komme ich nicht, weil schließlich doch mal der Zug eintrifft.
    Wie zu erwarten war, sind die Abteile ziemlich voll. Und dann auch noch so alte Klapperkästen. Genervt wuchte ich mein Gepäck in den Waggon und mache mich auf die Suche nach einem Sitzplatz. Im ersten Großraumwagen ist alles restlos belegt. Die Leute stehen schon an den Türen und teilweise im Gang. Mühsam quetsche ich mich mit meiner Tasche im Schlepptau durch. Im nächsten Wagen sieht es jedoch auch nicht besser aus und in dem danach ebenfalls nicht. Dann folgen zwei von diesen alten Dingern mit abgeschlossenen Abteilen. Aber überall sind die Plätze besetzt. Ich überlege, ob ich im zweiten Wagen einfach auf dem Gang stehen bleiben soll. Da kann man sich wenigstens ans Fenster lehnen. Immer noch besser, als in so einem Großraumwagen, wo die Luft total verbraucht ist und alle blöd rumlabern. Doch gerade, als ich meine Tasche abstelle und aufgeben will, sehe ich einen freien Platz in einem Sechserabteil. Ich öffne die Tür und frage, ob da noch frei ist und schaue natürlich geradewegs in das Gesicht von dem Kerl vom Bahnsteig. Er antwortet nicht, aber dafür beantworten mir zwei andere Fahrgäste meine Frage. Ausgerechnet gleich gegenüber von dem Typ!
    Ich schiebe meine Reisetasche unter die Sitzbank und werfe meinen Rucksack nach oben auf die Gepäckablage. Dann sitze ich endlich und beobachte heimlich meine Mitreisenden. Ein Mann Mitte dreißig im Anzug, zwei Frauen, eine mit Buch, die andere mit einem Rätselheft, und ein älterer Herr, der sich die vorbeirasende Landschaft anguckt. Ich bemerke, dass mein Gegenüber mich beobachtet. Er senkt den Blick.
    Eigentlich sieht er gar nicht schlecht aus. Schwarze Jeans, spießige Herrenschuhe, aber dafür ein modisches Hemd, das um die Taille enger geschnitten ist und den sportlichen Körper betont. Vielleicht hat er einen Knopf zu viel aufgelassen, man sieht nämlich eine ordentliche Brustbehaarung, die wohl vor einigen Tagen rasiert wurde. Jetzt schauen überall dunkle Stoppeln aus der braunen Haut. Mann, das muss doch tierisch jucken. Was bin ich froh, dass ich kaum Körperbehaarung habe! Aber heiß schaut es schon aus. Vorhin hatte ich in meinem Ärger kein Auge dafür, jetzt allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass der Kerl schwul ist. Und
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