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Der Mann, der die Frauen belog - Roman

Titel: Der Mann, der die Frauen belog - Roman
Autoren: PeP eBooks
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freundlich lächelnd auf den Fußballen. »Ich habe eher den Eindruck, dass du dich bei dem Vater lieb Kind machen willst, weil er den Vorsitz in einer Spendenkommission hat. Wenn ich mich nicht irre, begibt sich dein Forschungsinstitut um diese Zeit doch immer auf Betteltour. Ich befasse mich nur mit echten, nachprüfbaren Talenten.«
    »Ich sage nur Levitation. Ist das kein Talent?« Effrim spielte durchaus überzeugend den Gekränkten.
    »Du weißt ganz genau, dass der Junge ein Schwindler ist, Effrim. Von Levitation kann hier keine Rede sein. Und bilde dir nur ja nicht ein, du könntest Mallory als Bundesgenossin gewinnen, sie findet nämlich kleine Kinder, alte Damen und Hunde überhaupt nicht rührend. Und dass unbelebte Gegenstände ohne menschliche Nachhilfe fliegen können, dürfte sie dir auch nicht abnehmen. Übrigens nennt man das in Fachkreisen Psychokinese .«
    Effrim machte eine großzügige Handbewegung. »Da spricht der Fachmann! Ich bin dir sehr verbunden für die Richtigstellung.«
    »Und wenn er Kuchen durch die Luft fliegen lässt, nennt man das Tortenschlacht.«
    »Tausend Dank, Charles.«
    Effrim lächelte milde, senkte die Augen und seufzte voll Weltschmerz. Dann nahm er einen erneuten Anlauf.
    »Dieses Kind hat seelische Torturen hinter sich.« Seine Stimme troff vor Salbung wie die des Pfarrers bei der Sonntagspredigt. »Als er neun war, starb seine Mutter. Und vierzehn Monate später verlor er auch noch seine erste Stiefmutter durch den Tod.«
    »Lass gut sein, Effrim. Psychokinese fällt nicht in mein Fach.«
    Effrim schlug die Augen gen Himmel wie die statuenhaften Heiligen auf mittelalterlichen Gemälden. »Dein Fach ist die Entdeckung neuer Talente und der Nachweis entsprechender Einsatzgebiete. Der Junge ist auch in anderen Bereichen überdurchschnittlich begabt. Sein Intelligenzquotient liegt irgendwo zwischen deinem und meinem. Und die Zeit drängt. Seine neue Stiefmutter ist nur noch ein Nervenbündel. Er hat offenbar sein Talent auf recht beängstigende Weise demonstriert.«
    Mallory erwachte aus ihrer Lethargie und reckte sich. »Demnach ist die neue Stiefmutter die Zielperson?«
    Charles sah, wie Effrim in Gedanken einen Schritt zurücktrat, um zu prüfen, inwieweit sich Mallory als Verbündete einspannen ließ. Bei seinen Mitmenschen die Schwachstellen zu finden, über die man sie manipulieren konnte – das war sein besonderes Talent.
    »Das wollen wir doch nicht hoffen«, sagte er beherzt, aber wenig überzeugend. »Er hat spitze Gegenstände durch die Luft fliegen lassen.«
    Charles schenkte Mallory trockenen Sherry nach und beschwor sie stumm, Effrim nicht zu ermutigen.
    Dann gab er die Karaffe an Effrim weiter, seinen langjährigen Freund, dem er nicht von hier bis zur nächsten Ecke traute. »Wenn du meinst, dass der Junge ein Trauma hat, Effrim, wäre wohl ein Psychiater die richtige Adresse.«
    Mallory nahm Effrim die Antwort ab. »Das möchte ich bezweifeln. Unter diesen Seelenheinis sind Genies relativ dünn gesät. Wenn der Junge angeblich so hochintelligent ist, wie allgemein behauptet wird, zieht er den durchschnittlichen Wald-und-Wiesen-Doktor doch glatt über den Tisch.«
    Charles lächelte leicht gequält. Seine stumme Bitte war offenbar nicht erhört worden.
    Mallory entzog sich weiteren diskreten Winken, indem sie Charles einfach nicht mehr ansah. Interessant, dachte er, dass sie sich trotz ihrer spürbaren Skepsis auf Effrims Seite schlägt. Auf ihren Instinkt ist in den meisten Fällen Verlass.
    »Wie sind die Mutter und die erste Stiefmutter zu Tode gekommen?«, fragte sie.
    Kaum ist von Leichen die Rede, überlegte Charles, ist Mallory sofort hellwach. Die Zusammenarbeit mit mir befriedigt sie nicht. Wenn ihre Suspendierung abläuft, geht sie bestimmt zur Polizei zurück. Ich habe ihr nichts zu bieten – keine Toten, keine Mordermittlungen.
    Effrim starrte in sein Sherryglas, als stünde dort die Antwort geschrieben. »Eine tragische Geschichte. Wirklich tragisch. Die leibliche Mutter ist mit achtundzwanzig Jahren an einem Herzinfarkt gestorben.« Er blickte auf, weil er sehen wollte, ob Mallory angebissen hatte, aber ihr Gesicht war wie ein zugeklapptes Buch. Er hatte sich wohl eine Sekunde zu lange in ihren Augen verloren, denn als er sich wieder seinem Sherry zuwandte, war er merklich verunsichert. »Seine erste Stiefmutter beging Selbstmord. Ein Abschiedsbrief wurde nicht gefunden.«
    Mallorys Kinn hob sich ein wenig, die Augen waren jetzt weit
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