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Töchter Der Finsternis

Töchter Der Finsternis

Titel: Töchter Der Finsternis
Autoren: Lisa J. Smith
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1. KAPITEL
    „Rowan, Kestrel und Jade", sagte Mary-Lynnette, während sie und Mark an dem alten, Viktorianischen Bauernhof vorbeifuhren.
    „Was ist?"
    „Rowan. Und Kestrel und Jade. Die Namen der Mädchen, die hier einziehen werden." Mary-Lynnette deutete mit dem Kopf auf den Bauernhof. „Die Nichten von Mrs. Burdock. Ich habe dir doch erzählt, dass sie bei ihr wohnen werden. Schon vergessen?"
    „Na ja. Wenn du es sagst." Mark verlagerte das Gewicht des Teleskops, das er den Hügel hinauftrug. Er sprach mit Pausen. Für Mary-Lynnette war das ein Zeichen, dass er verlegen war.
    „Das sind hübsche Namen", fuhr sie fort. „Und es müssen nette Mädchen sein. Mrs. Burdock hat es jedenfalls gesagt."
    „Mrs. Burdock ist verrückt."
    „Sie ist nur exzentrisch. Gestern hat sie mir noch vorgeschwärmt, dass ihre Nichten alle wunderschön sind. Klar, sie ist voreingenommen, aber sie war sehr überzeugend. Jede von ihnen sei einfach toll und jede ein anderer Typ."
    „Dann sollten sie nach Paris fliegen und Models werden", murmelte Mark kaum hörbar. „Wo soll ich das Ding hinstellen?" Sie hatten die Spitze des Hügels erreicht.
    „Genau hier." Sie setzte ihren Klappstuhl ab und glättete mit ihrem Schuh die Erde, damit das Teleskop einen sicheren Stand bekam. Dann sagte sie leichthin: „Ich dachte, wir könnten morgen mal rübergehen und uns vorstellen - sie sozusagen willkommen heißen und ..."
    „Würdest du bitte damit aufhören?" fuhr Mark sie an. „Ich komme allein zurecht. Wenn ich ein Mädchen kennen lernen will, dann lerne ich es kennen. Ich brauche keine Hilfe."
    „Okay, okay. Sei vorsichtig mit dieser Linse ..."
    „Und außerdem, was sollen wir denn sagen?" Mark war jetzt richtig in Fahrt. „Willkommen in Briar Creek, wo nie etwas passiert? Wo es mehr Kojoten als Menschen gibt? Wollt ihr dort was echt Spannendes erleben? Dann kommt zum Mäuserennen am Samstagabend in die Gold Creek Bar ..."
    „Schon gut." Mary-Lynnette seufzte. Sie sah ihren jüngeren Bruder an, der in diesem Moment von den letzten Strahlen der untergehenden Sonne beschienen wurde. Wenn man ihn jetzt so betrachtete, würde man denken, er sei noch nie in seinem Leben einen Tag krank gewesen.
    Sein Haar war schwarz und glänzte wie das von Mary-Lynnette. Seine Augen waren klar, blau und scharf. Er hatte denselben gesunden Teint wie sie, denselben rosigen Schimmer auf den Wangen.
    Aber als Baby war er dünn und mager gewesen. Jeder Atemzug hatte ihn in Gefahr gebracht.
    Sein Asthma war so schlimm gewesen, dass er fast sein ganzes zweites Lebensjahr in einem Sauerstoffzelt gelegen und um sein Leben gekämpft hatte. Mary-Lynnette, anderthalb Jahre älter, hatte sich gefragt, ob ihr kleiner Bruder jemals nach Hause kommen würde.
    Das Alleinsein in dem Zelt, wo seine Mutter ihn nicht berühren konnte, hatte ihn verändert.
    Als er herauskam, war er schüchtern gewesen und hatte sich die ganze Zeit an den Arm ihrer Mutter geklammert. Jahrelang hatte er keinen Sport treiben können wie die anderen Kids. Das alles war jetzt schon lange her - Mark würde in diesem Jahr in die High School kommen -, aber er war immer noch sehr schüchtern. Und wenn man ihn in die Defensive trieb, konnte er sehr wütend werden.
    Mary-Lynnette wünschte sich, dass eines der neuen Mädchen die Richtige für ihn wäre, die ihn ein wenig aus sich herauslocken und ihm Selbstvertrauen geben würde. Vielleicht konnte sie da doch etwas, einfädeln ...
    „Woran denkst du?" fragte Mark misstrauisch.

    Sie merkte, dass er sie anstarrte. „Daran, wie gut die Sicht heute Nacht sein wird", antwortete sie kühl. „Der August ist der beste Monat, um den Sternenhimmel zu betrachten. Die Luft ist so warm und ruhig. He, da ist die erste Sternschnuppe. Du darfst dir etwas wünschen."
    Sie zeigte auf den hellen Lichtpunkt am südlichen Horizont. Fs funktionierte. Mark war abgelenkt und schaute ebenfalls hin.
    Mary-Lynnette betrachtete ihn nachdenklich. Wenn es irgendetwas helfen würde, würde ich dir eine Romanze wünschen, dachte sie. Okay, ich wünsche mir eine Romanze für Mark.
    Das würde ich mir auch selbst wünschen, aber wozu? Es gibt niemanden hier in der Umgebung, der sich dazu eignen würde.
    Keiner der Jungs an ihrer Schule verstand, warum sie sich für Astronomie interessierte oder was sie beim Anblick der Sterne empfand. Keiner, außer Jeremy Lovett, vielleicht. Die meiste Zeit machte es ihr nichts aus. Nur manchmal spürte sie einen dumpfen Schmerz in ihrer
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