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Der Liebe Gott Macht Blau

Titel: Der Liebe Gott Macht Blau
Autoren: Arto Paasilinna
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gab dem Wurm anstelle der bisherigen glitschigen Haut einen Panzer aus Chitin. Nun hob er die anderen Würmer auf und behandelte sie in gleicher Weise. Schließlich machte er sie allesamt ein bisschen größer, bis sie ungefähr dreißig Zentimeter lang waren. Neue Geschöpfe waren entstanden, eine neue Tierart. Der finnische Gott hatte seinen ersten Schöpfungsakt vollbracht.
    Das Gefühl war göttlich. Pirjeri Ryynänen, ehemaliger Kranfahrer auf der Baustelle von Haka, hatte der Erde eine neue Tierart geschenkt! Das Wunder der Entstehung neuen Lebens ließ den Schöpfer den Atem anhalten. Selbst das Gewirr der exotischen Klänge des Dschungels verstummte vor diesem Wunder, der Wind legte sich, die Vögel schwiegen, und die Affen blickten mit offenen Mündern von ihren Ästen herab.
    Eine Woche später kam Pirjeri erneut zu einer Stippvisite nach Südamerika und suchte jene Stelle, an der er aus drei Würmern neuartige Kriechtiere geschaffen hatte. Die Tiere lebten ortsfest, waren also leicht zu finden. Innerhalb der Woche hatten sie sich weiterentwickelt und waren jetzt vierzig Zentimeter lang. Die Fühler waren gewachsen, ebenso der Bauchumfang. Sie hatten Pflanzenblätter gefressen und schienen sich sehr wohl zu fühlen. Pirjeri griff sich eines nach dem anderen und fuhr mit seiner Schöpfungsarbeit fort.
    Er machte aus den Netzaugen gewöhnliche Augen – er beschloss, die Kriechtiere zu Säugetieren umzuformen, auszweien machte er Weibchen, aus dem dritten ein Männchen. Er verstärkte den Chitinpanzer und entwarf dafür gürtelähnliche Muster, die Oberfläche nahm auf seine Veranlassung hin ein schönes Grün an. Anschließend setzte er die Tiere auf die Erde und beobachtete, wie sie sich bewegten. Er war wie ein kleiner Junge, der ausprobiert, ob sein neues Spielzeugauto funktioniert. Dummerweise kamen die Tiere nicht vorwärts, da sie keine Beine hatten. Pirjeri schuf ihnen kleine O-Beine, erst vorne, dann hinten, und verkürzte den Körper im Verhältnis zum Umfang. Es knackte leise, als die Tiere zunahmen, der Chitinpanzer machte leise Geräusche. Es tat den Tieren weh, doch Pirjeri tröstete sie mit den Worten, dass sich gewisse Qualen beim Schöpfungsakt nicht ganz vermeiden ließen.
    Als er die neuen Vierbeiner auf die Erde setzte, merkte er, dass sie zu dick waren, um auf ihren Beinen zu laufen. Ihr Bauch schleifte scheußlich über den Boden, während sie vorwärtsrobbten. Pirjeri drehte sie auf den Rücken und sah, dass zwischen den Gürtelschichten des Panzers faulende Blätter steckengeblieben waren. Das durfte nicht sein, Pirjeri wollte keine unsauberen Wesen erschaffen. Er löste das Problem auf ungewöhnliche Weise, indem er nämlich jedem Tier ein neues Beinpaar mitten unter dem Bauch verpasste, so etwas wie Zwischenbeine. Als er erneut ihre Bewegungseigenschaften prüfte, konnte er zu seiner Freude feststellen, dass sie jetzt auch in dichtem Gras vorwärtskamen, ohne dass ihr Bauch durch den Morast schleifte.
    Die Tiere spielten unter einem Mangrovenbaum herum, fraßen Lianenblätter und schienen sich ausgezeichnet zu fühlen.
    Nun kam Pirjeri auf die Idee, die Fühler gegen beinerne verzweigte Geweihe auszutauschen, wie sie die Rentiere in Lappland haben. Das allerdings war ein Fehler. Die Geweihe verfingen sich im Unterholz. Die lebhaften Tiere litten enorm, während sie versuchten, ihre Freiheit wiederzuerlangen. Pirjeri entfernte die Geweihe und warf sie in den Gipfel eines Mangrovenbaums. Die Tiere bezeugten ihm ihre Dankbarkeit, indem sie ihm die Wange leckten. Zwischendurch musste Pirjeri in Kerimäki nach dem Rechten sehen, aber eine Woche später kehrte er zu seinem Hobby zurück. Er rief die Tiere zu sich – sie kannten inzwischen ihren Schöpfer und kamen flugs angelaufen. Wieder waren sie gewachsen. Sie waren jetzt einen halben Meter lang und wogen mindestens sechs Kilo. Ihre Beine hatten sich gekräftigt, und ihre lebhaften Augen blickten unbefangen.
    Pirjeri begann mit dem Feinschliff. Er ließ die Tiere durch den Dschungel laufen, um herauszufinden, was an ihrem Bewegungsapparat zu tun war; dann nahm er die notwendigen Veränderungen vor. Er brachte ihnen bei, auf einen Baum zu klettern. Als das nicht gleich klappte, machte er ihnen einen elastischen Schwanz, mit dem sie sich an den Zweigen festhalten konnten. Außerdem musste er ihre Füße noch mit Zehen versehen. Jetzt flitzten sie hinauf in die Bäume, dass der Dschungel nur so rauschte, schwangen sich mutig von Baum zu
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