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Der Liebe Gott Macht Blau

Titel: Der Liebe Gott Macht Blau
Autoren: Arto Paasilinna
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    Gott ist ein gutaussehender Mann. Er ist 178 Zentimeter groß, ein wenig stämmig, aber wohlproportioniert und von aufrechter Haltung. Seine Gesichtszüge sind ebenmäßig, mit gerader Nase und hoher Stirn, der Blick ist von sanfter Bestimmtheit, wenn auch recht müde. Gottes Ohren stehen nicht ab, und sie sind frei von Ohrenschmalz. Er hat weder Kinn- noch Oberlippenbart. Sein Haar ist brünett, er trägt es glatt und gescheitelt, auf der rechten Seite – von ihm aus betrachtet –, es ist kurz, und an den Schläfen schimmert es grau. Trotzdem wirkt Gott noch nicht sehr alt.
    Seine Finger sind lang, schmal und unberingt. Gott hat keinen Adamsapfel.
    Er trägt einen grauen, gut sitzenden Flanellanzug, dessen Schnitt verrät, dass er aus den 50er Jahren stammt. Das Jackett ist zweireihig und hat schwarze Knöpfe, die Hosen sind mit Aufschlägen gearbeitet. Dazu trägt er schwarze Halbschuhe zum Schnüren aus weichem Leder, Größe 42. Gott bevorzugt kurze Unterhosen. Unter dem Jackett trägt er eine Weste und unter der Weste Hosenträger. Sein Hemd ist aus Baumwolle von guter Qualität, und es hat kein Herstelleretikett, dasselbe gilt auch für seine übrige Kleidung.
    Gott benutzt kein Parfüm, und er riecht nicht nach Schweiß.Der Duft, der ihn umgibt, ist sanft männlich, seine Stimmlage ein klangvoller Bariton.
    Er strahlt ein selbstverständliches Charisma aus und wirkt sehr kultiviert. An seinen Augen sieht man, dass er außerordentlich intelligent ist. Auf seiner edlen Stirn haben sich Furchen gebildet, die von Anstrengung und Müdigkeit zeugen.
    Er ist der Gott der Christenheit, Schöpfer des Himmels und der Erde, der allmächtige Vater, unser Herr, der allerhöchste, gnädige Gott … unter vielen Namen bekannt. Er entspricht nicht ganz dem Bild, das sich die Menschheit von ihm gemacht hat – er ist kein graubärtiger Alter, trägt keinen Umhang und keinen Hirtenstab, und über seinem Kopf schwebt kein Heiligenschein. Er sieht wie ein Mensch und nicht wie der Gott in unserer Phantasie aus, was nicht verwundern darf, denn er hat ja den Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen.
    Zwischen Gott und seinem Sohn gibt es eine gewisse Ähnlichkeit – Jesus Christus kommt eindeutig nach seinem Vater, wenngleich er auch Züge seiner Mutter Maria trägt. Man kann sagen, dass er die Nase seiner Mutter, jedoch die Augen seines Vaters geerbt hat.
    Der Allmächtige wohnt sowohl im Himmel als auch auf Erden und ist durch seine Engel überall anwesend. Er besitzt die göttliche Gabe, sich durch die Kraft des bloßen Gedankens jederzeit überallhin begeben zu können, und wohin er auch geht, folgen ihm seine Gehilfen mit allem notwendigen Zubehör.
    So ist das Erscheinungsbild des lieben Gottes, Herrscher über Himmel und Erde.
    Gott saß in seinem geliebten ledernen Ohrensessel, und dieser stand in einem runden Turm, der zu einem alten Schloss in Bulgarien gehörte. Dieses Ungetüm von Schloss war vor langer Zeit im Sjutkja-Gebirge nahe der Stadt Dospati und des kleinen Dorfes Hjornakurdzali errichtet worden. Einst hatte es ein Nonnenkloster beherbergt, doch jetzt stand es leer. In Bulgarien gab es nicht mehr viele Nonnen, und die Adelsgeschlechter waren ausgestorben, die Revolution hatte die letzten Reste ausgetilgt. Das Schloss stand auf einem Berg, und Gott liebte den weiten Ausblick. Es war ein wolkiger Herbsttag. Ein paar Krähen flogen zwischen dem Schloss und dem nahen Berghang umher, sie kreischten laut, denn oben in den Wolken kreiste mit finsterem Blick ein hungriger Adler.

    Vor hunderten Millionen Jahren, in der Morgendämmerung der Zeiten, war es Gott in den Sinn gekommen, einen netten neuen Planeten zu schaffen, eine Art Versuchsballon, bestens geeignet, allerlei glückliches Leben darauf anzusiedeln. Gott war damals noch jung und experimentierfreudig gewesen. Das Material für den Erdball konnte er mühelos aus dem kosmischen Müll der Umgebung gewinnen, hauptsächlich von einem kleinen Stern namens Sonne. Nachdem Gott die Anziehungskraft und die Umlauf bahn und die übrigen Grundlagen des neuen Planeten geregelt hatte, konzentrierte er sich darauf, ihn mit Leben zu bevölkern.
    Die Aufgabe war anfangs äußerst interessant und dankbar. Gott schuf verschiedene Zellen und primitive Wesen, die munter zu leben begannen. Er bevölkerte den neuen Planeten mit allerlei Krebsen und Schnecken, ließ seiner Phantasie freien Lauf, während er die verschiedenstenKörperstrukturen, genetischen Zusammensetzungen,
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