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Der Liebe Gott Macht Blau

Titel: Der Liebe Gott Macht Blau
Autoren: Arto Paasilinna
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überdenken.
    Die Japaner flogen nach Hause, Rahikainen blieb auf Rarotonga. Die Insel war klein, ihr Umfang betrug nur drei Meilen. Wellenumtoste Korallenriffe umgaben sie, und dahinter erstreckte sich ein türkisfarbener Lagunenring mit ruhigem Wasser, in dem man angenehm baden und sich sonnen konnte. Es herrschte warmes Wetter, nachmittags stieg das Thermometer bis auf dreißig Grad. Der kühle Südseewind erfrischte, die Bedingungen waren paradiesisch. Entlang des Ufers verlief eine schmale Straße, die mit Ölsplitt gedeckt war und an der die Hütten der Polynesier, ein paar Kioske und Geschäfte sowie dutzende prächtiger Missionsstationen standen. Die Insel hatte nur etwa zehntausend Einwohner, jeder zehnte von ihnen war Angestellter einer europäischen Mission. In der Mitte der Insel ragten bedrohlich dunkle vulkanische Berge auf. An ihren Hängen wuchs dichter Urwald, und am Strand wiegten sich herrliche Palmenhaine.
    Rarotonga wurde Rahikainen bald vertraut, denn er mietete sich ein Fahrrad und fuhr viele Male rings um die Insel auf der Suche nach seiner verschwundenen Herde. Er fragte die Leute, ob ihnen Schafe begegnet waren, bekam aber ausweichende Antworten. Niemand hatte neuseeländische Rasseschaf böcke gesehen. Rahikainen unternahm ein paar Erkundungsfahrten ins Gebirge, rief nach seinen Tieren, aber der Urwald blieb stumm. Nicht alle Schaf böcke waren aufgegessen worden, fünf Stück hielten sich wohlweislich im Dickicht verborgen. Sie machten sich auf die Suche nach passender weiblicher Gesellschaft durch Mutterschafe der Eingeborenen, und so entstand eine neue Rasse von Urwaldschafen.Nach einer Woche fühlte sich Rahikainen bereits so heimisch auf Rarotonga, dass er überlegte, ob er für den Rest seines Lebens dort bleiben sollte. Die Menschen waren freundlich und lachten gern, die Lebenskosten waren erstaunlich niedrig. Niemand arbeitete, denn dazu bestand keine zwingende Notwendigkeit. Rarotonga gehörte zum James-Cook-Inselstaat, für dessen Wirtschaft, Außenpolitik und Verteidigung Neuseeland verantwortlich war. In der Praxis bedeutete das massive Entwicklungshilfe. Den Inselbewohnern wurden von Neuseeland aus Lebensmittel, Brennstoff, Kleidung, einfach alles geschickt. Die örtliche Verwaltung nutzte das freigiebige Mutterland weidlich aus. Denn sollten die geforderten Summen an Entwicklungshilfe nicht gezahlt werden, würde Rarotonga seine Unabhängigkeit erklären und Russland, die USA , zumindest aber Frankreich, oder wen auch immer, um militärischen Beistand bitten, und dieser Beistand war immer zu haben. Neuseeland blieb nichts anderes übrig, als zu zahlen. Andererseits verbot Rarotongas eigenes strenges Grundgesetz den Neuseeländern und besonders den Europäern und Amerikanern, sich auf der Insel niederzulassen. Grund und Boden wurde nur unter gebürtigen Insulanern weitervererbt, man konnte kein Land kaufen oder verkaufen. Dank eines entsprechenden Schutzgesetzes hatte Rarotonga seinen ursprünglichen Charakter bewahrt, es gab nur Geschäftsunternehmen Einheimischer, ein Hotel, einen Flugplatz, einen Hafen, zwanzig ausländische Missionen und ein Freudenhaus, allerdings arg in Mitleidenschaft gezogen durch einen der Stürme in jüngster Vergangenheit. Die paradiesischen Bedingungen gipfelten in maßloser Faulheit und fleißigem Saufen. Alkohol wurdeaus Neuseeland geliefert, und er war billig. Die Insulaner machten sich nicht einmal die Mühe zu fischen, denn aus Neuseeland kamen Fischkonserven, die es praktisch umsonst gab und die in Japan hergestellt worden waren.
    Die Einheimischen fuhren zum Vergnügen mit ihren knatternden Schrottautos über die Insel. Nachts dröhnten die Trommeln, und Rockmusik dudelte. Die Leute badeten im Mondschein in der warmen Lagune oder widmeten sich der Fortpflanzung ihres Inselvolkes. Spätestens mit fünfzehn waren die Mädchen in anderen Umständen. Um die Väter der Kinder sorgte sich niemand, am allerwenigsten die Väter selbst. Einen Fernsehsender gab es nicht, aber die Leute schauten sich auf Video »Dallas« und die seltsamen Geräte des Motorsägenmörders an, alles bemerkenswerte Früchte des Fortschritts.
    Diese freien und glücklichen Bedingungen gefielen Torsti Rahikainen immer mehr. Er überlegte, wie er auf Pump oder durch Spekulation an ein nettes Grundstück unter Palmen am Meer kommen könnte. Vielleicht kaufte er es über einen Strohmann und baute dort ein prächtiges Hotel? Abends in der klimatisierten Kühle seines Zimmers
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