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Möwenfluch (Vloek op Meeuwen) (Möwennest) (German Edition)

Möwenfluch (Vloek op Meeuwen) (Möwennest) (German Edition)

Titel: Möwenfluch (Vloek op Meeuwen) (Möwennest) (German Edition)
Autoren: Christian Biesenbach
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Prolog
     
    Herbst 1979, Schouwen-Duiveland
    „Ich habe Sie neulich in der Zeitung gesehen“, sagte die Frau und beäugte ihn misstrauisch, während sie einige Tulpen in einer großen Vase anordnete und diese neben dem Eingang platzierte. „Einen Stern hat Ihr Restaurant bekommen, wenn ich mich recht entsinne.“
    „Das ist wahr“, erwiderte Ari Sklaaten und fuhr sich mit der Hand durchs blonde Haar. Er war stolz auf diese Auszeichnung. „ De Zeester ist eines von nur zwei Restaurants in den Niederlanden, denen je ein solcher Stern verliehen worden ist.“
    „Schön für Sie“, grummelte die Frau, putzte sich die Finger an ihrer blumengemusterten Schürze ab, ging zu einer kleinen Schiefertafel neben der Tür und schrieb in großen Lettern BLOEMEN AFGEPRIJZD!
    Ari beobachtete sie. Ihre Schrift war ordentlich und sie ließ sich mit jedem Buchstaben mehr Zeit als nötig gewesen wäre.
    „Was sollen sie denn kosten, die Tulpen?“, fragte er, um das Gespräch in Gang zu halten. Sie hielt beim Schreiben inne und schaute ihm direkt in die Augen.
    „Hören Sie, Herr Sklaaten , Sie wollen doch nicht wirklich wissen, was die Blumen kosten.  Deswegen sind Sie doch wohl nicht gekommen. Warum sagen Sie mir nicht einfach, wieso  Sie wirklich hier sind und sparen uns beiden den unnötigen Small Talk.“
    Ari lächelte.
    „Bin ich so durchschaubar, Inga?“
    „Für Sie immer noch Frau Heemstedde “, erwiderte Inga Heemstedde trocken.
    Ari hob beschwichtigend die Hände. Ihm war nicht daran gelegen, die Frau zu verärgern.
    „Verzeihung vielmals, Frau Heemstedde .“
    „Schon gut. Schon gut. Um Ihre Frage zu beantworten. Es ist nicht schwer zu erraten, dass ein Sternekoch aus Rotterdam nicht nach Westenschouwen kommt, um eine alte Frau zu fragen, wie viel ihre Tulpen kosten. Und wenn man die Gerüchte glaubt, die sich hier langsam ausbreiten, planen Sie den Bau eines Restaurants. Ich vermute also, dass Ihre Anwesenheit eher damit zusammenhängt.“
    „Na, so alt sind Sie auch wieder nicht. Lassen Sie mich schätzen, hm, höchstens 39? Aber wegen der anderen Dinge haben Sie mich erwischt. Schuldig im Sinne der Anklage“, erwiderte Ari und hob beide Hände noch ein bisschen höher. Sein Lächeln zog sich jetzt über das gesamte Gesicht, aber der Blumenhändlerin war nicht nach Lachen zumute.
    „Lassen Sie den Blödsinn!“, raunzte Sie und stemmte die Hände in die Hüften. „Sie haben ja keine Ahnung, auf was Sie sich da einlassen.“
    Eine der lockigen graubraunen Strähnen fiel ihr ins Gesicht, das kümmerte sie jedoch in diesem Augenblick nicht.
    „Dieser Ort, den Sie sich ausgesucht haben, ist … schlecht. Zu viele Dinge sind dort passiert. Niemand sollte ihn jemals wieder betreten. Nicht jetzt und nicht in hundert Jahren. Auf jeden Fall oder vor allem kein einfältiger Koch aus der Großstadt!“
    Sie war gut zwei Köpfe kleiner als Ari und machte doch einen entschlossen Schritt auf ihn zu. 
    Das Lächeln verschwand vollends aus dem Gesicht des Sternekochs, als Sie ihm den Zeigefinger direkt unter die Nase hielt.
    „Die Bewohner hier sind einstimmig der Meinung, dass Sie sich einen anderen Platz suchen sollten.“
    „Diese Sandbank ist der perfekte Platz“, wehrte sich Sklaaten halbherzig. Er war nicht hergekommen um zu streiten und versuchte zu beschwichtigen. „Ich denke, ich weiß sehr genau was ich tue. Stellen Sie sich nur ein Restaurant dort draußen vor. Ich bin Geschäftsmann. Ich erkenne eine günstige Gelegenheit und diese hier ist absolut genial. Die Landschaft ist toll, die Leute nett und aufgeschlossen …“  
    Inga war offensichtlich nicht an einer Deeskalation interessiert.
    „Sie wissen gar nichts!“, blaffte sie. „Ich rate Ihnen, verschwinden Sie und nehmen Sie Ihre Schnapsidee mit!“
    Das war zu viel für Ari. Er ließ nicht zu, dass man seine Ideen verspottete. Er hatte Visionen und Träume, all das, was man in diesem hinterwäldlerischen Dorf offensichtlich nicht annähernd kannte.
    „Dann verraten Sie mir doch wenigstens den Grund!“, verlangte er und konnte sein aufkochendes Temperament plötzlich nur noch schwer zügeln.
    „Ich habe jeden in diesem Kaff gefragt. Keiner sagt mir irgendetwas. Andauernd werde ich nur mit irgendwelchen Phrasen abgespeist und angefeindet. Ich will verstehen. Also sagen Sie mir doch, um Himmels willen, was ist der Grund?“
    Inga schüttelte den Kopf. In ihr faltiges Gesicht trat ein Ausdruck der Resignation, der sie um Jahre älter
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