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Möwenfluch (Vloek op Meeuwen) (Möwennest) (German Edition)

Möwenfluch (Vloek op Meeuwen) (Möwennest) (German Edition)

Titel: Möwenfluch (Vloek op Meeuwen) (Möwennest) (German Edition)
Autoren: Christian Biesenbach
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stand, zerstört zu werden. Sie wusste, es war so weit, aber diesmal würden sie nicht zulassen, dass das Unheil erneut über die Bewohner Schouwen-Duivelands hereinbrach. Das hatte sie sich damals geschworen. Damals vor so vielen Jahren, als diese ganze Geschichte das erste Mal passiert war. Niemand im Dorf sprach darüber und doch wusste jeder davon. Zwar gab es nur noch Wenige, die gut sechzig Jahre zuvor zugegen gewesen waren und heute noch unter den Lebenden weilten und doch war das Grauen jener Tage bei den Bewohnern präsent geblieben.
    Inga war eine von den Wenigen. Damals war sie ein Mädchen gewesen, nicht älter als zehn. Sie hatte den Horror hautnah miterlebt und wie durch ein Wunder überlebt.
    Es schien kurz darauf besiegt worden zu sein. Wie genau das geschehen war, das war den meisten hier bis zum heutigen Tage nicht bekannt. Inga wusste es, hatte dieses Wissen aber nur mit weniger als einer handvoll Menschen geteilt. Fakt war, es war seitdem still geblieben. Trotzdem verging keine Woche, in der Inga nicht an diese fürchterliche Zeit erinnert wurde. Ihr Körper hatte seit einst feine Sinnesantennen entwickelt, die ihr bei der kleinsten Veränderung ihrer Umgebung signalisierten, dass etwas nicht stimmte. Sie selber hatte dies mit den Jahren als eine Gabe akzeptiert. Ihr Sohn und alle übrigen Verwandten hielten sie deswegen für eine durchgeknallte, alte Dreiundsiebzigjährige, aber sie wusste es besser und ließ sich auch durch dumme Kommentare nicht beirren. In der letzten Nacht hatten ihre Sinne sie wieder einmal gewarnt und es war zum Schlimmsten gekommen. Natürlich hatte niemand auf sie hören wollen. Ihr Sohn, tätig bei der örtlichen Küstenwache, hatte ihr gar mit Gefängnis gedroht, für den Fall, dass sie noch einmal eine Notrufleitung belegen würde. Nun war geschehen, was sie bereits vor Jahren befürchtet hatte. Die ganze Geschichte war dem eitlen Sternekoch Ari Sklaaten aus der Hand geglitten und im Chaos geendet. Het Meeuwennest war Geschichte. Im Fernsehen wurde die Zerstörung rauf und runter ausgestrahlt. Die Sensationsgier der Medien war wieder einmal beispiellos.  Was jedoch niemand, beziehungsweise nur ganz wenige wussten: Dies war erst der Anfang.
    Die betagte Frau stellte die leere Teetasse beiseite, griff sich eine große Tüte, schlüpfte in ihre Schuhe sowie eine bunt gemusterte Sommerjacke und ging hinaus. Das Schild an der Tür ließ sie mit dem Verweis Gesloten hängen, machte sich jedoch nicht die Mühe abzuschließen.  
    Sie hatte einen Plan gefasst und der sah nicht zwangsläufig vor, dass sie jemals zurückkehren würde. Die Zukunft war ungewiss. Ihr war jedoch klar: Alleine konnte sie die Dinge, die ins Rollen geraten waren, nicht aufhalten. Sie benötigte die Hilfe zweier bestimmter Individuen.  Zweier Menschen, die in Berührung mit dem gekommen waren, was Inga zu bekämpfen gedachte.  Aber das war noch nicht alles. Ihre feinen Antennen warnten sie noch vor etwas anderem. Eine tief sitzende Beunruhigung verriet ihr, dass jemand nach dem Leben ihrer wichtigsten Verbündeten trachtete. Eile war geboten, deshalb legte die kleine Blumenhändlerin trotz ihres fortgeschrittenen Alters ein gesundes Tempo vor, als sie die Kerkstraat hinunterstapfte. Bis zum Krankenhaus von Zierikzee war es eine ganze Ecke zu Fuß. Glücklicherweise gab es eine Busverbindung. Der Bus wiederum fuhr vom Ortsausgang und das in weniger als fünf Minuten.
     
    ***
     
    Das Erste, das Harry Romdahl nach langer Ohnmacht wahrnahm, war helles, in seinen Augen brennendes Licht.
    In seinem Unterbewusstsein kämpfte der dicke, glatzköpfige Touristenführer und Mafiahandlanger derweil noch immer - in einem kleinen Motorboot sitzend, von Dunkelheit und peitschenden Wellen umgeben - um einen Ausweg aus seinem nassen Gefängnis. Über ihm thronte das zusammenbrechende Restaurant Het Meeuwennest auf ächzenden Stützpfeilern. Eine Stimme rief permanent seinen Namen. Der Tonfall war anklagend und jammernd. Alle Schuld schien auf Harrys Schultern zulasten, einschließlich der für die verkappte und aussichtslose Situation, in der er mit dem Wassergefährt umherirrte.
    Herrje, worauf hast du dich da nur eingelassen , dachte er, während er das Boot eine enge Rechtskurve fahren ließ, um einem herunterstürzenden Balken auszuweichen. In einiger Entfernung erspähte er eine Lücke zwischen den Trümmern. Es raste auf den vermeintlichen Ausgang zu, doch der wurde plötzlich von einer sich vor ihm
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