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Die Legende von Shannara 02: Die Herrschaft der Elfen

Die Legende von Shannara 02: Die Herrschaft der Elfen

Titel: Die Legende von Shannara 02: Die Herrschaft der Elfen
Autoren: Terry Brooks
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KAPITEL 1
    Reichlich unmelodisch vor sich hin summend schlenderte der Lumpensammler nach einem Regensturm durch die unfruchtbare, leere Ödnis. Dunkle Wolken zogen noch über den Himmel, und die Erde war aufgeweicht und von Pfützen durchsetzt, doch das störte ihn nicht. Andere mochten Sonne und blauen Himmel bevorzugen, das Gefühl von harter, trockener Erde unter ihren Füßen, und aalten sich lieber in Helligkeit und Wärme. Das Leben aber entstand in der Dunkelheit und der feuchten Wärme des Mutterleibes, und das Wissen, dass Zeugung instinktiv funktionierte und diese natürliche Veranlagung keine Äußerlichkeiten benötigte, befriedigte den Lumpensammler sehr.
    Er war ein seltsamer Bursche, nicht gerade einnehmend, sondern eine fast schon groteske Gestalt. Er war groß und dürr und ging staksig wie ein langbeiniger Wasservogel. Seine dunkle Kleidung hatte bessere Tage gesehen, aber wenigstens passte er sich auf diese Weise ausgezeichnet der tristen und farblosen Landschaft an, die er durchquerte. Seine Lumpen und Kleiderfetzen trug er in einem Beutel aus zusammengeflickten Lappen, den er über eine Schulter geschlungen hatte. Dieser Beutel sah aus, als würde er beim nächsten Schritt seines Trägers auseinanderfallen. Abgeschabte und verschrammte Lederstiefel vervollständigten seine Garderobe: Er hatte sie bereits vor etlichen Jahren einem Toten abgenommen, aber sie erfüllten immer noch ihren Zweck.
    Alles an dem Lumpensammler wirkte harmlos. Er schien eine leichte Beute zu sein in einer Welt, in der Raubtiere die Überlebenden einer stark dezimierten Bevölkerung beherrschten. Er wusste, wie er auf diese Kreaturen wirkte, die stets auf der Jagd waren; er wusste, was sie dachten, wenn sie ihn kommen sahen. Aber das war nicht schlimm. Er hatte so lange überlebt, weil er stets unauffällig geblieben und allem Ärger aus dem Weg gegangen war. Leute wie er wurden einfach nicht bemerkt. Der Trick bestand darin, nichts zu tun, was die Aufmerksamkeit auf einen lenkte.
    Also versuchte er möglichst den Eindruck zu vermitteln, er wäre lediglich ein armer Wanderer, der seine Ruhe haben wollte. Leider aber bekam man in dieser Welt nicht immer, was man wollte. Selbst in diesem Moment wurde er prüfend beobachtet. Er spürte die Blicke unterschiedlicher Augenpaare von verschiedenen Stellen. Die Blicke der Tiere, Kreaturen, die Gift und Chemikalien in Mutanten verwandelt hatten, wandten sich bereits von ihm ab. Ihre Instinkte waren schärfer und nahmen weit feiner wahr. Sie witterten es, wenn irgendetwas nicht stimmte. Solange sie eine Wahl hatten, würden sie ihm ausweichen.
    Es waren die Blicke der menschlichen Raubtiere, die an ihm zu kleben schienen. Augen, deren Besitzer nicht über genügend Wachsamkeit verfügten, um ihn genau einordnen zu können. Gerade im Moment betrachteten ihn zum Beispiel zwei Männer, die überlegten, ob sie ihn stellen sollten oder nicht. Selbstverständlich würde er versuchen, ihnen aus dem Weg zu gehen. Er würde versuchen den Eindruck zu erwecken, er wäre die Mühe nicht wert. Doch, wie gesagt, man bekam nicht immer, was man wollte.
    Er sog die kühle, feuchte Luft ein, genoss ihren frischen Geschmack nach dem starken Regen, den Duft nach Stagnation und Siechtum, der von dem prasselnden Wolkenbruch freigesetzt worden war, den Geruch von Erde und Verfall … all das war ihm wundersam willkommen. Manchmal, wenn er allein war, tat er so, als wäre er der einzige Überlebende auf der Welt. Er stellte sich dann vor, dies alles wäre sein privates Reich, ein besonderer Ort nur für ihn.
    Dann konnte er so tun, als würde ihn niemals wieder irgendetwas behelligen.
    Sein Summen veränderte sich, wurde zu einem kleinen Lied:
    Lumpensammler, Lumpensammler, bleib einfach stehen,
    wenn die Jäger auf die Jagd nach dir gehen.
    Lumpensammler, Lumpensammler, sei ruhig und still,
    wenn der Jäger dich jagen will.
    Er summte noch ein paar Takte, während er überlegte, ob er den Räubern bereits entkommen war. Eigentlich war es an der Zeit, Pause zu machen und etwas zu trinken und zu essen. Doch das musste jetzt warten. Er seufzte, und sein hageres, scharf gezeichnetes Gesicht verzog sich zu einem verkniffenen Lächeln, bei dem seine Kiefermuskeln wie Taustränge hervortraten.
    Lumpensammler, einsamer Lumpensammler, nicht verzagen,
    die Jäger, die jagen, wollen an deinen Knochen nagen.
    Lumpensammler, Lumpensammler, geh einfach weiter,
    die Jäger verschwinden, alles wird heiter.
    Er überquerte
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