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Der Kommandant und das Mädchen

Der Kommandant und das Mädchen

Titel: Der Kommandant und das Mädchen
Autoren: Pam Jenoff
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Strudel der Ereignisse war keine Zeit geblieben, unsere Ehe offiziell bei den Behörden eintragen zu lassen.
    Ich schob das Papier zu ihm zurück. “Niemals.”
    “Du musst deinen Ring ablegen und so tun, als hätten wir niemals geheiratet. Sag deiner Familie, sie soll mit niemandem darüber reden”, fuhr er fort. “Du schwebst in Gefahr, wenn ich weg bin und jemand erfährt, dass du meine Frau bist.”
    “In Gefahr
?
Jakub, ich bin eine Jüdin in einem von den Nazis besetzten Land. Könnte ich in einer größeren Gefahr als dieser schweben?”
    “Tu es einfach”, beharrte er.
    “Also gut”, log ich, nahm ihm das Dokument aus der Hand und schob es unter die Matratze. Niemals würde ich die eine Sache verbrennen, die mich für alle Zeit mit ihm verband.
    Ich lag noch immer wach, als Jakub längst eingeschlafen war, was ich an seinem ruhigen, gleichmäßigen Atmen erkannte. Vorsichtig strich ich an der Stelle über seine Haare, an der sie den Kragen berührten, vergrub meine Nase in der Mulde und atmete tief den vertrauten Geruch ein. Mit einem Finger zeichnete ich die Konturen seiner Hand nach und versuchte, mir die Form einzuprägen. Plötzlich bewegte er sich und gab leise Stöhnlaute von sich, als kämpfe er im Schlaf bereits gegen den Feind. Schließlich wurden meine Augenlider immer schwerer, und es kostete mich ungeheure Kraft, gegen die Müdigkeit anzukämpfen. Doch ich würde noch genug Zeit zum Schlafen haben …
    Irgendwann verlor ich den Kampf gegen meine Erschöpfung. Erst Stunden später wurde ich vom Geräusch der Straßenfeger geweckt, die die Fußwege kehrten. Vielleicht war es auch das rhythmische Hufgetrappel der Pferde, die die Wagen der Lieferanten über das Kopfsteinpflaster zogen. Draußen war es noch dunkel. Als ich mit einer Hand über die andere Hälfte des Bettes strich, war sie leer, aber das Laken fühlte sich noch warm an, und in der Luft lag der wundervolle Geruch meines Ehemanns. Ich musste nicht erst die Augen öffnen; ich wusste auch so, dass sein Rucksack und einige andere seiner Habseligkeiten nicht mehr da waren.
    Jakub hatte mich verlassen.
    “… hungrig?”, durchdringt Krysias Stimme meine Erinnerungen. Mir wird bewusst, dass sie den Salon betreten hat und mit mir redet, doch ich habe kein Wort mitbekommen. Widerstrebend drehe ich mich zu ihr um, als wäre ich aus einem schönen Traum gerissen worden. Sie hält mir einen Teller mit Brot und Käse hin.
    “Nein, danke.” Ich schüttele den Kopf, mit meinen Gedanken noch halb in der Vergangenheit.
    Krysia stellt den Teller auf dem Wohnzimmertisch ab und kommt zu mir. “Das ist ein schönes Motiv”, sagt sie und zeigt dabei auf das Foto von meiner Hochzeit. Ich antworte nicht, worauf sie die Aufnahme in die Hand nimmt, die Jakub als Kind zeigt. “Wir sollten sie weglegen, damit niemand sie sehen kann.”
    “Wer sollte sie denn sehen?”, frage ich. “Hier gibt es doch nur uns drei.” Krysia hatte das Dienstmädchen und den Gärtner entlassen, bevor Łukasz und ich herkamen. Und in den drei Wochen, die wir nun bei ihr leben, hat niemand sonst das Haus betreten.
    “Man kann nie wissen”, erwidert sie. Ihre Stimme klingt eigenartig. “Besser, wir gehen kein Risiko ein.” Sie streckt ihre Hand aus und ich zögere, da ich nicht eines der letzten Dinge aufgeben möchte, das mich an meinen Mann erinnert. Aber mir wird klar, dass sie recht hat. Uns bleibt einfach keine andere Wahl. Seufzend reiche ich Krysia das Hochzeitsfoto und sehe ihr wie benommen nach, als sie es aus dem Zimmer bringt.

2. KAPITEL
    A n dem Morgen, an dem Jakub verschwand und nicht wagte, mir eine Nachricht zu hinterlassen, saß ich nach dem Aufwachen minutenlang im Bett und sah mich im Schlafzimmer um. “Er kommt nicht zurück”, sagte ich zu mir selbst. Ich war so perplex, ich konnte nicht einmal weinen. Als wäre ich diesen Moment gedanklich schon tausendmal durchgegangen, stand ich auf und zog mich an. So schnell ich konnte, packte ich meinen kleinen Koffer. Es kostete mich Überwindung, den Verlobungs- und den Ehering abzustreifen, beide legte ich zusammen mit unserem Trauschein zuunterst in den Koffer.
    An der Schlafzimmertür blieb ich kurz stehen. Im überladenen Regal gleich neben der Tür lag unter Jakubs Physikbüchern und politischen Abhandlungen begraben ein kleiner Stapel Romane –
Ivanhoe
,
Stolz und Vorurteil
und einige mehr, die meisten davon von ausländischen Autoren. Ich streckte die Hand aus, um über die Buchrücken zu
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