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Der fuenfte Berg

Der fuenfte Berg

Titel: Der fuenfte Berg
Autoren: Coelho
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Wüste wird dich austrocknen«, würde ein Gott des Wassers gesagt haben, sofern es ihn gab. »Raben, es gibt mehr Nahrung in den Wäldern als zwischen den Felsen und dem Sand«, würde der Gott der Vögel gesagt haben. Und der der Blumen: »Pflanzen, werft euere Samen fern von hier ab, denn die Welt ist voller fruchtbarer, feuchter Erde und ihr würdet schöner wachsen.«
    Doch weder der Krith noch die Pflanzen oder die Raben - einer hatte sich in der Nähe niedergelassen - hatten den Mut zu tun, was die anderen Flüsse, Vögel oder Blumen für unmöglich gehalten hatten.
    »Ich lerne«, sagte er zum Vogel, »auch wenn ich ein unwürdiger, unnützer Schüler bin, denn ich bin zum Sterben verurteilt.«
    »Du hast entdeckt, wie einfach alles ist«, schien der Rabe zu antworten. »Man muß nur Mut haben.«
    Elia lachte, denn er hatte einem Vogel die Worte in den Mund gelegt. Das war ein vergnügliches Spiel. Er hatte es bei der Frau gelernt, die Brot backte. Und er beschloß fortzufahren. Er würde Fragen stellen und sich so selbst eine Antwort geben können, als wäre er ein wahrer Weiser.
    Der Rabe flog auf. Elia wartete weiter auf Isebels Soldaten, denn einmal sterben genügte.
    Der Tag verging, ohne daß etwas geschah. Sollten sie vergessen haben, daß der größte Feind ihres Baal noch am Leben war? Warum verfolgte ihn Isebel nicht, obwohl sie doch wissen mußte, wo er sich befand?
    »Weil ich es in ihren Augen gelesen habe, und sie ist eine kluge Frau«, sagte er sich. »Mein Tod würde mich zu einem Märtyrer des Herrn machen. Als Flüchtling bin ich nur ein Feigling, der selbst nicht glaubt, was er sagt.«
    Ja, genau das war die Strategie der Prinzessin.
    Kurz vor Einbruch der Nacht ließ sich ein Rabe - derselbe? - auf dem Ast nieder, auf dem er ihn schon am Morgen gesehen hatte. In seinem Schnabel hielt er ein kleines Stück Fleisch, das er plötzlich fallen ließ.
    Für Elia war es ein Wunder. Er lief zum Baum, griff sich das Stückchen und aß es. Er wußte nicht, woher es kam, und wollte es auch nicht wissen. Hauptsache, er konnte seinen Hunger ein wenig stillen.
    Seine jähe Bewegung hatte den Vogel nicht verscheucht.
    >Dieser Vogel weiß, daß ich hier Hungers sterben werde<, dachte Elia. >Er ernährt seine Beute, um später ein üppigeres Mahl zu haben.<
    Isebel gab mit Elias Flucht auch dem Glauben an Baal neue Nahrung.
    Geraume Zeit beäugten der Mensch und der Vogel einander.
    »Ich würde mich gern mit dir unterhalten, Rabe. Heute morgen dachte ich, daß die Seelen Nahrung brauchen. Wenn meine Seele noch nicht Hungers gestorben ist, dann nur, weil sie noch etwas zu sagen hat.«
    Der Rabe regte sich noch immer nicht.
    »Und wenn sie etwas zu sagen hat, dann muß ich ihr stumm zuhören, weil ich sonst niemanden habe, mit dem ich sprechen kann«, fuhr Elia fort.
    Elia verwandelte sich in Gedanken in den Raben.
    »Was erwartet Gott von dir«, fragte er sich, als wäre er der Rabe.
    »Er erwartet von mir, daß ich Prophet bin.«
    »Das haben die Priester gesagt. Doch vielleicht ist es überhaupt nicht das, was Gott will.«
    »Doch, genau das will Er. Denn ein Engel ist in der Tischlerwerkstatt erschienen und hat mich gebeten, daß ich mit Ahab rede. Die Stimmen, die ich in meiner Jugend hörte...«
    »... die alle Menschen in ihrer Jugend hören«, unterbrach ihn der Rabe.
    »Doch nicht alle sehen einen Engel«, sagte Elia.
    Darauf sagte der Rabe nichts. Nach einer Weile brach der Vogel das Schweigen - oder vielmehr Elias eigene Seele, die wegen der Sonne und der Einsamkeit der Wüste delirierte.
    »Erinnerst du dich an die Frau, die Brot backte?« fragte er sich.
    Elia erinnerte sich wohl. Sie war zu ihm gekommen, um ihn zu bitten, ein paar Tabletts zu machen. Während Elia tat, worum sie ihn gebeten hatte, hörte er, wie sie sagte, daß die Art, wie er seine Arbeit machte, irgendwie Gottes Gegenwart ausdrückte.
    »Wenn ich sehe, wie du die Tabletts machst, ist mir klar, daß du es auch so siehst«, fuhr sie fort. »Denn du lächelst bei der Arbeit.«
    Die Frau teilte die Menschen in zwei Gruppen. Die, die sich an dem freuten, was sie taten, und die, die sich darüber beklagten. Letztere bewiesen, daß für sie der Fluch Gottes über Adam die einzige Wahrheit war: »Verflucht sei der Acker um deinetwillen! Mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang.« Sie hatten keine Freude an der Arbeit, und langweilten sich an den heiligen Tagen, weil sie ausruhen mußten. Sie benutzten die Worte
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