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Der erste Tag

Der erste Tag

Titel: Der erste Tag
Autoren: Eden Bell
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Nachtelfen sagten, nur mehr wenige Stunden zu leben. Gab es Hoffnung? Ja, die gibt es immer, oder? Ich brauchte einen Plan.
      „Bitte, helft mir.“ Ich saß auf dem kalten Boden und weinte. Ich spürte die Anwesenheit der drei Seelenräuber. Holbe legte mir seine Hände auf die Schultern. „Was können wir für dich tun?“
      Was er sagte, klang nicht sarkastisch, sondern aufrichtig.
      „Ich möchte einen Brief schreiben.“
      Eskar und Romo stützten mich beim Gehen. Sie brachten mich in eine Kammer, vermutlich war es der Schlafplatz der Elfen. Kerzen leuchteten einen niedrigen, mit wenig Mobiliar ausgestatteten Raum aus. Ich setzte mich auf ein Stück Holz, das wie ein Baumstumpf geformt war.
      „Ich möchte alleine sein.“
      Romo brachte mir Papier und Bleistift. Mir war kalt. Ich konnte mich nicht beruhigen. Tausend Bilder und Gedanken jagten einander in meinem Kopf. Mir wurde bewusst, dass ich mich durch meine Nacktheit extrem schutzlos fühlte. Ich musste Elias schreiben, alles weitere würde ich danach überdenken und entscheiden. Zuerst wollte ich aber lernen, meine Hand still zu halten, um den Bleistift zu halten. Das alleine dauerte einige Minuten. Die ersten Worte kamen schleppend und unter größter Mühe.
     
      Lieber Elias,
    ich hoffe, dass dir dieser Brief Zuversicht schenkt, aus keinem anderen Grund schreibe ich ihn. So vieles ist in kurzer Zeit passiert. Wenn man das mit den Jahren unserer Freundschaft vergleicht, drängt sich die Frage auf, ob Zeit nicht doch relativ ist und vielleicht all das was wir tun, egal ob gestern, heute oder morgen gleichzeitig geschieht. Ich will dich aber nicht mit Philosophie langweilen und auch nicht zu sehr in Erinnerungen schwelgen, denn du möchtest wissen, was passiert ist. Um das zu erklären, müsste ich jetzt bei dir sein, dir in die Augen schauen können und wir bräuchten ein paar gute Musikalben, die unser Gespräch untermalen. Aber während du das liest, bin ich zwar in deinem Herzen, körperlich aber sehr weit weg. Was dir aber nicht Angst machen soll. Ich verspr eche dir jetzt schon, dass wir uns, wie auch immer, wiedersehen werden, ich finde dich und es wird alles gut. Aber ich habe keine Ahnung, ob es hier auf Erden sein wird. Halt, nicht weinen. Big Boys don’t cry, weißt du noch? Ja, wir haben die Spielregeln der harten Jungs nie ganz verstanden, aber ich habe ein Rätsel gelöst. Wir haben den Sinn unseres Lebens besser erfasst und gelebt als wir geglaubt haben. Wir haben so viel gesucht, nachgedacht, diskutiert, waren unsicher – und dabei haben wir das Glück in jeder Sekunde in uns getragen.
      Ich musste mein Zuhause verlassen, weil ich jemandem gefolgt bin, der mir die Welt versprochen hat. Verdammt, das klingt ja kitschiger als ich dachte. Elias, ich bitte dich von ganzem Herzen, befolge meinen nun folgenden Rat. Geh weg von hier. Du hast immer davon geträumt, Neues zu sehen, die Welt zu entdecken, tu es jetzt. Verlass diesen Ort, denn es ist gefährlich hier und ich würde dir gerne sagen, dass das ein Scherz ist, aber es ist mein Ernst. Mir ist klar, dass es schwer ist, von heute auf morgen einfach alles hinter sich zu lassen, aber wenn du mir noch vertraust und mich nicht aufgrund meiner Taten verurteilst, so fasse Mut und wähle einen neuen Platz zum Leben. Selbst wenn es nur für eine kurze Zeit ist, so wirst du an einem anderen Ort sicherer sein als an diesem verlorenen Winkel der Erde. Ich werde alles, absolut alles tun, um dich zu beschützen, nur musst du mir diesen einen Gefallen tun und mir glauben.
      Ich habe einen Fehler gemacht, daran besteht kein Zweifel, aber vielleicht war er notwendig, um eine wichtige Lektion zu lernen. Es gibt so vieles, das wir nicht begreifen und wovon wir dachten, dass es etwas Derartiges nicht geben kann, aber ich versichere dir, vieles davon ist sehr wahr und real.
      Du erinnerst dich doch an den Platz im Wald, wo wir heimlich unsere erste Zigarette geraucht haben, oder? Elias, bitte geh dorthin, ich habe unter der Eiche meine Ersparnisse vergraben, die ich für einen Notfall vorbereitet habe. Sie werden dir nützlicher sein als mir. Es ist kein Vermögen, aber ich möchte dir dieses Geld schenken.
      Wie gerne würde ich dich jetzt umarmen und dir die ganze Geschichte erzählen. Ich verspreche dir aber, dass ich sie aufschreibe und kein Detail auslasse. Ich glaube an dich, bester Freund, nutze die Chance eines jeden neuen Tages und mach das Beste aus deinem Leben. Das hier
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