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Der erste Tag

Der erste Tag

Titel: Der erste Tag
Autoren: Eden Bell
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möchten vorher noch etwas Spaß haben“, zischte Robert. „Es kommt nicht alle Nächte vor, dass uns ein so hübscher Bursche unterkommt. Wäre hier noch Leben drin“ – er deutete dabei provokant auf seinen Schritt – „müsstest du dich ganz schön festhalten, Kleiner.“
      Bernhard taumelte zu Boden.
      „Was soll das?“, fuhr Adrian ihn unwirsch an, wohl wissend, dass die Wirkung von Alkohol und Furcht diese Reaktion ausgelöst hatten. „Schau dem Tod wie ein Mann ins Auge und bleib standhaft!“
      Der verzweifelte junge Mann ergab sich seinem Schicksal. Man konnte es an seinen Augen e rkennen. Er richtete den Blick starr zur Decke. In der nächsten Sekunde schreckte er hoch, wollte abermals fliehen. Wie eine Mauer stellten sich die Vampire auf, ein Durchkommen war für Bernhard nicht möglich.
      Robert kniete sich hin und nahm Bernhards linken Arm. Er biss ihm ins Handgelenk. Der Me nschenjunge verzog das Gesicht und schrie laut auf. Julian beugte sich ebenso über ihn und vergrub seine Zähne in seinem Hals.
      „Ladies, lasst es euch schmecken“, flötete Adrian. Er setzte sich zum Festmahl nieder und hüllte das Opfer mit seinem schwarzen Mantel ein. Ich hörte, wie der Vampir seine Zähne ins Brus tfleisch des Opfers hineintrieb. Bernhard verkrampfte sich, wimmerte. Speichel lief aus seinem Schmerz verzerrten Mund.
      Ich war durstig. Der menschliche Teil in mir schämte sich für das was ich nun tun wollte, aber mein Überlebensinstinkt war stärker. Adrian hob mit einer einladenden Geste seinen Arm und ich schlüpfte unter seinen Umhang, suchte Bernhards Bauch und gab mich dem Trieb hin, der mich steuerte.
      Der wunderschöne Bursche wand sich unter den Bissen von uns Monstern. Ich versuchte mir vorzustellen, was gerade in ihm vorging. Ich erinnerte mich daran, wie oft ich mir gewünscht hatte, mit Bernhard im Bett zu landen, seinen Körper zu spüren. Nun, jetzt hatte ich die Gelegenheit dazu, seinen jungen, kräftigen Leib ein letztes Mal in Action zu erleben, anders als bei einem Liebesspiel, aber doch sehr intim und bestimmt unvergesslich. Ich biss in seinen Bauchnabel und trank. Alles in mir wollte sein Blut. Es schmeckte wundervoll, hundertmal besser als das von Adrian. Es barg eine süße Energie, die jede meiner Zellen frohlocken ließ. Sein Fleisch war weich. Das warme Blut rann meine Kehle hinunter, es war die perfekte Symbiose zu den Regentropfen, die aufs Dach der Hütte trommelten.
      Das Schlucken und Saugen der Vampire erregte mich zutiefst. Ich fühlte Trauer, weil Bernhard sein Leben geben musste, um unseren Durst zu stillen. Er bewegte sich mit jeder Sekunde wen iger. Die Worte, die er stammelte, verloren sich in seinem Schluchzen.
      Ekstatisch. Ich war von einem Wahn ergriffen, der Raum und Zeit aufhob. Ich sah wieder die Farben, die ich auch während meiner Verwandlung gesehen hatte. Mein geistiges Auge malte mir Dinge aus, die ich als Mensch vermutlich nie gesehen hätte. Ich spürte die Verbundenheit zw ischen den anderen Vampiren und mir. Und genau in diesem Moment dachte ich an meinen besten Freund Elias, der jetzt in diesem Moment voller Sorge war. Angst um mich. Ungewissheit, womöglich schon größter Kummer. Ich musste zu ihm.
      Bernhard starb. Wir tranken, bis wir befriedigt waren. Ich hockte mich in eine Ecke und zitterte. Als würde ich im Kino sitze n und die Charaktere eines Filmes beobachten, verfolgte ich das Geschehen. Julian und Robert holten einen Kanister mit Benzin und schafften Bernhards leblosen Körper nach draußen.
      „Wir lassen seine Seele nachhause gehen. In Frieden“, flüsterte Adrian, der nun neben mir saß. Seine Stimme klang dabei so bedeutungsschwanger wie die eines Propheten aus Zeiten des ersten Testamentes.
      „Ich muss zu Elias“, sagte ich.
      Der Regen hatte aufgehört.
      „Sei vorsichtig“, wisperte der schöne Vampir.
      Hinter mir brach ein Feuer mit unheimlichem Knistern in die endlose Weite der Nacht ein. Das Zucken der Flammen begleitete mich auf meinem Weg. Elias‘ Elternhaus stand in der Nähe eines Baches und war umgeben von zwei angrenzenden Bauernhöfen. Ich erreichte die Nachbarg emeinde schon nach wenigen Minuten. Das Fortbewegen als Mensch war mir weitaus mühsamer vorgekommen. Ich sah Licht in der Küche und in fast allen anderen Räumen des Hauses. Ich beobachtete durch die Fenster und hörte jedes Wort, das gesprochen wurde. Elias warf seine Sommerjacke auf die Couch. Seine Augen waren
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