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Der erste Tag

Der erste Tag

Titel: Der erste Tag
Autoren: Eden Bell
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ein Gauner…“
      Ich lachte. „Ein gefährlicher Lump, ja.“
      Über Adrians Anwesenheit wunderte sich Bernhard gar nicht mehr, nur ein leises „Hey du da“ kam ihm über die Lippen. Auf der Hauptstraße fuhr gelegentlich ein Auto, aber die Bäume wurden dichter und wir näherten uns der Hütte.
      „Schau zu und lerne “, sagte Adrian zu mir. Ich nickte.
      „Oh, wir haben uns wohl verlaufen“, gackste der fesche Soldat.
      Wenn Blitze aufzuckten, konnte man sein wunderschönes Gesicht noch besser erkennen. Selbst der Alkohol und seine Tollpatschigkeit konnten seiner männlichen, coolen und geilen Ausstrahlung nichts anhaben.
      „Was, was wollen wir hier?“ Bernhard befand sich in der Mitte der Baracke. Wir bildeten einen Kreis um ihn.
      „Ich bin nicht schwul, also falls ihr…“
      Julian lächelte. „Es ist Zeit, deine Schulden zu bezahlen.“
      „Ich, ich hab Geld zuhause, ich…“ Bernhard entleerte seine Hosentaschen und außer einer Bierkapsel und einem Zettel fiel noch ein 50 Cent Stück auf den Boden.
      Robert zündete eine Kerze an. Mildes Mondlicht schien durch die Holzbretter an der Wand. Es begann zu regnen. Das gleichmäßige Prasseln erregte mich.
      Die Schatten der Vampire zeichneten sich auf Bernhards Profil ab. Er begann zu verstehen, dass hier etwas nicht stimmte.
      „Jakob, was…?“ Sein Rausch verhinderte, dass er ganze Sätze sprach.
      „Ganz ruhig, Bernhard“, flüsterte ich.
      „Sei still!“, herrschte Julian mich an.
      Adrian trat einen Schritt auf unser Opfer zu. Er riss ihm das rot/blau karierte Hemd auf. Knöpfe fielen zu Boden.
      „Was…?“, stammelte Bernhard.
      Ein Blitz, der taghell herniederfuhr, erbrach sich durch die Nacht und zog ein ohrenbetäubendes Schnalzen nach sich. Ich zuckte zusammen wie ein kleines Kind, das Angst vor lauten Gewittern hat.
      Das Opfer stand trotz seiner Betrunkenheit aufrecht da, sein schlanker, aber trainierter Obe rkörper erblühte wunderschön als Mittelpunkt seines jungen Leibes. Voller Mitleid, Ehrfurcht und auch Erregung starrte ich auf seine erzenen Brustwarzen, die sich altrosa und ästhetisch von der hellbraunen Haut abhoben. Bernhards Blick strahlte so viel Angst aus, dass es mich tief im Herzen berührte. Ich erinnerte mich an eine Begegnung mit ihm vor ein paar Jahren auf einem Dorffest. Ich hatte zu viel getrunken und war gerade auf dem Weg zu einer Wiese, um die drei Bier und vier Schnäpse wieder loszuwerden, als er plötzlich neben mir stand und mir ermutigend auf die Schultern klopfte. „Das wird schon wieder, Mann!“, hatte er mir versprochen, nicht wissend, dass ich in diesen Sekunden mein persönliches Armageddon erlebte. Hätte mir damals jemand gesagt, dass ich Jahre später mitverantwortlich sein würde, wenn es diesem gewitzten und hilfsbereiten jungen Mann an den Kragen geht, dann hätte ich wohl lauthals gelacht.
      Oh wie weit war ich nun von Dingen wie Lachen und Unbeschwertheit entfernt. In meinem Bauch machte sich ein grauenvolles Gefühl breit, das mich wie Blei nach unten zog, mich dem staubigen Bretterfußboden dieser gottverlassenen Hütte näher brachte. Die nun folgenden Erei gnisse zogen wie in Zeitlupe an mir vorbei und ich spielte keine unwesentliche Rolle dabei, obwohl ich Gott und alle Heiligen anrief, um mich von dieser Last, Schuld, Angst zu befreien.
      Julian trat einen Schritt vor. „Du bist ein wunderschöner Junge.“
      Ohrenbetäubender Donner erweckte diese Nacht zu zweifelhaftem Leben.
      Bernhard wankte, zitterte, suchte Gleichgewicht. Julian stützte ihn. „Ist dir klar, welch ehrenvo lle Aufgabe dir nun zufällt?“ Er schaute dem Opfer lange in die Augen. Bernhard blickte zur Tür, wollte laufen, aber er stolperte schon nach drei Schritten. Julian stellte ihn wieder aufrecht hin.
      „Jakob, hilf mir, bitte…“, flehte er mich eindringlich an.
      Ich roch die Mischung aus Schweiß und Blutdurst so intensiv, dass es in meinem Kopf schmerzte. Ich sah gestochen scharf, wie Bernhards Poren Flüssigkeit ausschieden, mir wurde schwindlig davon. 
      Ich hatte ihn noch nie weinen sehen. Nicht einmal als Kind, auf dem Schulhof oder wenn er seine Eltern beim Einkaufen begleitete und den Kaugummi nicht bekam, den er so gerne gehabt hätte. Jetzt glitzerten Tränen in seinen Augenwinkeln.
      Mein Herz verkrampfte sich. Ich formte lautlos mit meinen Lippen die Worte: „Beendet es!“
      Meine Vampirbrüder lächelten nur.
      „Wir
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