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Der erste Tag

Der erste Tag

Titel: Der erste Tag
Autoren: Eden Bell
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rot vom Weinen. Seine Schwester Hannah saß am Küchentisch und trank Tee. Sie war fünf Jahre jünger und gemeinsam waren sie das wohl unzertrennlichste Geschwisterpaar auf der Welt.
      „Ich versteh es nicht. Ich weiß, dass wenn er vorgehabt hätte, abzuhauen, er mir von seinen Plänen erzählt hätte.“ Die Möglichkeitsform. Alles an diesen beiden Sätzen schmerzte. Der Klang von Elias‘ trauriger Stimme bohrte sich in mein Herz wie ein spitzer Pfeil.
      Adrian war mir gefolgt, ohne dass ich es bemerkt hatte. „Geh nicht hinein.“ Er schaute mich durchdringend an. „Er würde es nicht verstehen.“
      Als hätte er meine Gedanken gelesen. Mein erster Impuls war, hineinzugehen und meinen be sten Freund und seine Schwester in den Arm zu nehmen.
      Ich spürte wie meine Augen feucht wurden. Drinnen ging das Gespräch weiter.
      „Niemand weiß etwas. Mir ist auch bei unserem letzten Telefongespräch nichts aufgefallen.“ Elias rang um Fassung. Er trank ein paar Schluck Tee.
      „Vielleicht hatte er auch einfach nur genug von der Arbeit auf dem Hof und hat sich mal eine kleine Auszeit genommen!?“ Hannahs Versuch zu trösten scheiterte kläglich. Sie glaubte diesen Satz nicht einmal selbst.
      Ich entfernte mich ein paar Meter vom Haus. „Ich könnte ihm einen Brief schreiben.“
      Adrian legte seine Hände auf meine Schultern. „Und was schreibst du hinein? Dass du jetzt ein Fürst der Dunkelheit bist, der immer ein Auge auf ihn haben wird?“
      Ich gab auf. „Lass mich die Nacht hier verbringen. Ich möchte wenigstens in seiner Nähe sein.“
      „Solche Fehler können tödlich sein. Für alle Beteiligten.“
      Adrians Stimme klang hart. Ich verstand nicht ganz, was er meinte.
      Wäre ich nicht vor lauter Gedanken und Sorgen so abgelenkt gewesen, hätte ich die schnellen Bewegungen von den beiden Kreaturen hinter uns früher bemerkt.
      „Wir sind hier, um unseren Lohn abzuholen“, sagte einer der Nachtelfen. Er war größer als Adrian, wirkte noch kräftiger, hatte kurz geschnittenes schwarzes Haar, spitze Ohren und weiße, beinah leuchtende Haut.
      Ich schaute fragend in ihre erwartungsvollen Gesichter. Ich erkannte sie, weil sie Stunden zuvor bereits mein Blut getrunken hatten.
      „Oh, hat er dir nichts davon erzählt?“, hauchte der andere Elf mir ins Ohr. Er war kleiner, doch war sein Auftreten nicht minder majestätisch. Diese Wesen trugen etwas Erhabenes in sich, was sich im Äußerlichen wie auch in ihrer Ausstrahlung widerspiegelte. Das Geschlechtslose in ihrem Antlitz war ein starker Kontrast zum männlichen Gebaren.
      Adrian räusperte sich und nahm mich zur Seite. „Es tut mir leid, Jakob, aber ich hatte noch ke ine Gelegenheit dazu. In deiner ersten Nacht als Vampir darfst du nicht nur das erste Mal vom köstlichen Lebenssaft der Menschen kosten, du musst auch einen Sold leisten. Wir Vampire verdanken den Nachtelfen unser Dasein. Sie beschützen unser Geheimnis, sei es das Fliegen oder unsere Schnelligkeit oder unsere Jagd vor den neugierigen Augen der Menschen. Die Elfen entstammen einem Geschlecht, das weit älter ist als das der Blutsauger. Sie haben die Macht, Dinge zu verändern, Spuren zu verwischen, die sterblichen Erdenbewohner mit einem Zauber zu belegen, der uns Sicherheit gewährt. Nur so ist es uns möglich, zu existieren. Wenn ein neuer Vampir geboren wird, schenken wir den Nachtelfen den Frischling und sie dürfen sich an ihm erfreuen.“
      Ich spürte Panik in mir hoch kriechen und bekam Atemnot. „Was soll das heißen? Was werden sie mit mir tun?“
  „Hab keine Angst.“ Mit diesen Worten wandte sich Adrian von mir ab und verschwand.
      Ich wurde von den beiden Elfen in Richtung Wald eskortiert. Sie stellten sich mir als Eskar und Holbe vor, Eskar war der Bullige, Holbe der Untersetzte. Sie gingen links und rechts von mir, wobei es mehr ein Dahingleiten als Gehen war. Wir näherten uns einer Felswand, die von Nade lbäumen und Sträuchern bewachsen war.
      „Wovor fürchtest du dich?“, fragte Eskar. Mein Zittern und Schlottern war wohl doch nicht unbemerkt geblieben. Ich hätte aber nicht sagen können ob es von den niedrigen Temperaturen kam oder von meiner Nervosität. Vermutlich war es eine Mischung aus beidem.
      „Ich weiß nicht, was mich erwartet“, entgegnete ich mit leicht bebender Stimme.
      „Ist das nicht schön?“, fragte Holbe.
      Er ging ein paar Schritte hinter mir und ließ mich die Beule in seiner schwarzen
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