Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der erste Tag

Der erste Tag

Titel: Der erste Tag
Autoren: Eden Bell
Vom Netzwerk:
inklusive anschließendem „Und sie lebten glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage“ erwarteten.
      Sie spielten Poker. Es ging um Geld.
      „Das sind Robert und Julian. Sie sind heute fürs Abendessen zuständig.“ Adrians Stimme war kaum lauter als der Hauch des Windes.
      Ihnen gegenüber saßen drei Burschen, zwei davon kannte ich. Der dritte war allem Anschein nach nicht von hier, aber ein Freund von Christian.
      Christian kannte ich seit meiner Schulzeit. Wir hatten uns nie sonderlich gut vertragen, aber auch keine gröberen Auseinandersetzungen gehabt. Er arbeitete im Lager eines großen Supermarktes in der nächsten Stadt. Aus ihm war ein stattlicher junger Mann geworden, der dunkelblonde Bartansatz unterstrich sein volles, rundes Gesicht. Er war muskulös und wäre ich noch menschlich gewesen, hätte ich jetzt wohl ein Spannen und Drücken in meinem Schritt gespürt, doch so blieb es bei einem Ziehen, das bis zur Eichel und wieder zurück in den Bauch rauschte.
      Neben ihm hockte Bernhard und schaute betreten in sein Blatt. Bernhard trug in beiden Ohren Piercings, die allgemeinhin als Tunnel bezeichnet wurden. Dieser Körperschmuck war die ideale Ergänzung zu seinem sehr kurzen Bürstenhaarschnitt. Er war Zeitsoldat beim Bundesheer, heute in seiner Freizeit in zivil unterwegs. Seine Miene wechselte von frech über siegessicher bis zu übermütig und dann wieder zu betrübt. Er konnte nicht bluffen, so viel war klar. Er war der hü bscheste von allen hier am Tisch, auch das stand außer Frage. Die Kinnspitze seines Dreitagebarts erzählte von einem durchtriebenen, neugierigen Charakter. In seinen blauen Augen loderte eine Flamme, die mich in ihren Bann zog. Wenn er lachte, spielten seine Mundwinkel mit seinen Ohren. Und man hatte Einblick auf seine Zunge, die auch gepierct war. Eine metallene Kugel warf das schwache Licht zurück, wenn er einen Schluck Bier nahm und seinen Freunden zuprostete.
      Ich verstand sofort, dass zumindest einer von ihnen in dieser Schenke dem Tod geweiht war. Unsicherheit zwang mich zu einem großen Zweifel. „Gibt es keinen anderen Weg, Adrian, um…?“ Ich konnte den Satz nicht vollenden.
      Adrian schüttelte langsam den Kopf. In der Ferne rollten dumpfe Donnerschläge über den Himmel. Ein kühler Wind zog auf.
      Ich beobachtete den Ortsfremden, der auf den Namen Max hörte. Er war ein dunkelhaariger, etwas übergewichtiger Bursche mit roten Wangen und einem guten Gespür für Poker. Der Glückliche, dachte ich mir flüchtig.
      Robert stieg aus. Ich begann die Strategie der Vampire zu verstehen. Julian erhöhte den Einsatz, die drei Männer zogen mit. Christian, Bernhard und Max belächelten Robert. Die Minuten vergingen, der Haufen Geld vor Julian vergrößerte sich. Der Vampir bestellte die nächste Runde Bier.
      Vielleicht war es natürlicher Überlebensinstinkt, vielleicht auch nur Glück, aber Christian und Max gaben auf. Aus der geselligen Pokerrunde war nun ein Duell zwischen Julian und Bernhard geworden.
      Mein Herz schlug schneller. Ihn wollte ich, aber konnte ich ihn auch töten, oder auch nur mitschuldig sein an seinem Ableben? Alles in mir wünschte sich, dass Julian gewinnt. Adrian wusste bereits wie das Spiel ausgehen würde.
      „Ich hab noch etwas Geld zuhause, ich werde meine Schulden zahlen“, lallte Bernhard. Julian hatte mit einem souveränen Full House gewonnen. Die Pokerspieler waren die letzten Gäste. Der Wirt sperrte zu und die Freunde verabschiedeten sich voneinander. Bernhard reichte Christian die Hand. „Bis Freitag, und denk an die Turnschuhe!“
      Robert schlich sich zu Adrian und mir. Wir begrüßten einander, er hatte wunderschöne dunkle Augen. Er schwieg, doch man sah ihm die Freude über einen Neuzugang wie mich an.
      „Ich wohn nicht weit von hier, ich bin gleich wieder da“, sagte Bernhard langsam und stotternd. Das letzte Bier war wohl eines zu viel gewesen.
      Julian legte ihm die rechte Hand auf die Schulter. „Ich lass dich nicht aus den Augen!“ Er zwinkerte ihm zu.
      Wir schauten zu wie die beiden einen Weg einschlugen, der garantiert nicht zu Bernhards Z uhause führte. Dieser kriegte das aber nur mehr halbherzig mit, sein Rausch entfaltete sich und war der Schlüssel zu seinem baldigen Tod. Wir gingen zu fünft in den Wald. Als Bernhard mich erblickte, grinste er breit. „Hey Jakob, was machst du denn hier? Ich hab so was von verloren grad eben, aber der Julian is‘ glaub ich sowieso
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher