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Der erste Tag

Der erste Tag

Titel: Der erste Tag
Autoren: Eden Bell
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mein Fleisch schlagen sollen. Ich wollte es so sehr und dachte nicht mehr an die Folgen. Er hob mich ein Stück hoch in die Luft und gab mir einen Vorgeschmack auf das Vampirdasein. Es war ein kurzes Glück, so wie ich es noch nie gekannt hatte. Adrian hatte Recht gehabt. Ich wollte mehr davon.
      Doch er ging. Er stellte mich sanft auf den Boden zurück und verschwand durch die Tür hinaus in die Finsternis. Mein letzter Tag als Mensch hatte begonnen.
     
    Doch wie hört man auf? Wie schließt man ab? Wie sagt man Auf Wiedersehen, wenn man zu viele Schuldgefühle hat? Ich hatte Angst, meinen Eltern in die Augen zu sehen. Für sie war es ein Tag wie jeder andere. Für mich war es die Hölle. Am Mittagstisch stand meine Lieblingsspeise, Lasagne. Ich brachte nur wenige Bissen runter. Ich war so nervös, dass ich erhöhte Temperatur hatte und tausend Gedanken mein Hirn fast zum Explodieren brachten. Ich wusste nicht wirklich, was mich erwartete, nur dass ich endlich jemanden hatte, der bereit war, eine große Leidenschaft mit mir zu teilen. Ich hatte Angst vor der Verwandlung, aber ich hatte das Gefühl, Adrian vertrauen zu können.
      Am Nachmittag rief ich meinen besten Freund Elias an und erkundigte mich nach seinem Befinden. Er berichtete davon, einen sehr netten jungen Mann türkischer Abstammung kennen gelernt zu haben.
      „Jakob, du wirst ihn mögen. Er sieht so unglaublich gut aus und im Bett macht er mir ganz schön Feuer unterm Hintern!“
      Mit Tränen in den Augen sprach ich, in der Hoffnung, er möge nichts von meinem inneren Konflikt merken. Es war eine Todsünde, das wusste ich. Nichts auf der Welt schmerzt mehr als einem Freund etwas Derartiges antun zu müssen. Beinahe so als würde ich eine Entschuldigung suchen redete ich mir ein, dass ich als Untoter wie ein Engel auf ihn aufpassen könnte. Wohl eher wie ein Todesengel. Adrian hatte mich mit seinen Worten vergiftet. Ich zählte die Minuten bis zur Mitte der Nacht.
     
    Adrian kam lautlos. Er schaute mich traurig an. „Wirst du mit mir gehen?“ Ich nickte. Er nahm mich bei der Hand und wir gingen zum alten Apfelbaum, der vor vielen Jahren einmal von einem Blitz getroffen worden war. Dort befand sich der Eingang zum Gemüsegarten. Von der Anhöhe aus hatte man einen schönen Ausblick auf die umliegenden Gemeinden und Dörfer. Auch die hohen Berge im Osten konnte man wunderbar sehen.
      „Ich werde dich im Schutz des Waldes beißen. Folge mir.“ Er erhob sich in die Lüfte, elegant und flink. Zu Fuß stieg ich den Hügel hinunter und ging über eine kleine Wiese zu den Kast anienbäumen. Mond und Sterne spendeten genug Licht, um die Umrisse aller Steine, Pflanzen und Pfade zu erkennen. Umgeben von haushohen Bäumen hielt ich Ausschau nach dem Vampir. Keine Spur von Adrian. Das Laub auf dem mit Moos bedeckten Boden raschelte. Es waren meine unsicheren Schritte, die mich tiefer in den Wald hinein führten. Ich hatte keine Angst, aber ich war neugierig. Ein gefährliches Gefühl. Ich glaubte zwischen den Ästen eine Gestalt zu sehen, aber es war nur eine Futterkrippe für die Rehe. Es vergingen Minuten, die mir wie Stunden vorkamen. Zweifel begannen an mir zu nagen. Ich verfluchte mich für meinen Leichtsinn und wollte schon kehrtmachen, als ich drei schwarze Gestalten auftauchen sah. Ich hielt die Luft an.
      „Keine Angst, das sind nur die Nachtelfen, sie wollen dein Blut genauso sehr wie ich. Entspann dich.“ Adrians Stimme erinnerte mich an die Märchen und Legenden aus meiner Kindheit. Mir war etwas kalt, aber bevor ich eine Gänsehaut bekommen konnte, attackierte Adrian mich von hinten. In seinen Händen war ich eine Beute, die sich nicht wehrte. Ich gab die wichtigste Stelle meines Halses frei. Adrian wollte viel Blut, das spürte ich. Die Nachtelfen kamen näher. Ihre Schritte lösten sich in Säuseln auf, obwohl der Waldboden trocken war und man jede Bewegung darauf hören hätte müssen. Adrian drückte mich zu Boden. Ich lag nun auf dem Rücken und lauschte dem schnellen Pochen meines Herzschlags.
      Zwei Nachtelfen nahmen neben meinen Füßen Platz. Sie besaßen Flügel, die leicht schimmerten und mit der Farbe der Nacht verschmolzen. Ihr Erscheinen war kalt und man konnte an ihren Gesichtern weder Neugier, noch Freude ablesen. Sie hatten dunkle Augen, die funkelten. Wenn man ihre Gegenwart fühlte, begriff man, warum sie Nachtelfen genannt wurden. Und auch wenn ich immer geglaubt hatte, Elfen seien gute Wesen, so lernte ich nun
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