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Den letzten beißt das Schwein

Den letzten beißt das Schwein

Titel: Den letzten beißt das Schwein
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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Zwei Monteure schleppten ein Himmelbett ins Haus, gefolgt von zwanzig Kisten mit Porzellanhunden, chinesischen Vasen und Modemagazinen. Ohne den Kram fühlte Mama sich einfach nicht wohl. Aschenbecher und Kippen wurden entsorgt, dann durfte ich mich auf Jobsuche begeben.
    Von meinem Kumpel Stefan Jahnknecht wusste ich, dass Bauer Rexforth in Merfeld einen Buchhalter suchte. Das akzeptierte Vater als Stelle mit Aussicht auf Aufstieg ins Management. Mit Mama und Papa im Rücken vereinbarte ich einen Vorstellungstermin, dann ließ sich Klaus vom Taxi-Express Dülmen zum Düsseldorfer Flughafen chauffieren.
    Am nächsten Tag erhielt ich den Job bei Günter Rexforth. Noch stand ich zwar nicht auf der Sonnenseite des Lebens, aber zumindest hatte ich zum ersten Mal eine Ahnung, wo die liegen konnte. Das wollte ich zumindest glauben. Naiver Nannen.

Ein echter Nannen

    »Deine Arme und Beine werden schwerer und schwerer.«
    Ja.
    »Ein wohlig-warmes Gefühl umhüllt deinen Körper, der sich immer tiefer entspannt.«
    Yep.
    »Du wirst von nun an nicht mehr rauchen. Zigaretten sind ungesund und verursachen schwere Krankheiten. Du ziehst Sport und Frischluft dem ungesunden Rauch einer Zigarette vor.«
    Nein. Ich stand kerzengerade auf Mutters rotem Ledersofa. Was wollte Gisela Cane mir da erzählen?
    Karin Schumann, meine heiß und innig geliebte Nachbarin, hatte meine Wandlung insbesondere im Hinblick aufs Rauchen sehr wohlwollend aufgenommen, um es mal vorsichtig auszudrücken. Spätestens Silvester hätte sie mir sowieso das Versprechen auf den Stäbchenverzicht abgenommen, behauptete sie. Meine Lunge würde schräger pfeifen als der Blasebalg der Bulderner Domorgel, behauptete sie. Alles Lüge.
    Fortan wurden mir in regelmäßigen Abständen Carrs »Endlich Nichtraucher« und diverse Hypnose-Scheiben zugesteckt. Carr hatte ich nach drei Kapiteln dem Altpapier anvertraut. Ab und an, wie zum Beispiel an diesem wunderschönen Aprilmorgen, haute ich mich mit Hypnotiseur Ramses, Peter Black oder Tante Elsbeth aufs Sofa und hielt ein Nickerchen unter Laberberieselung. War zwar ganz nett, die Füße hochzulegen und die Augen zu schließen, aber das eigentliche Ziel, mir die Wandlung zum überzeugten Nichtraucher zu erleichtern, wurde verfehlt. Karin sollte besser die eBay-Gebühren sparen und der Kraft meines Willens vertrauen.
    Kaum zu glauben, aber ich hatte seit dem erfrischenden Familientreffen tatsächlich keine Kippe mehr angerührt, auch wenn der Verzicht alles andere als einfach war. Das auferlegte Fitnessprogramm lief dagegen wie geschmiert: Ich hatte einen Halbjahresvertrag bei der Dülmener Muckibude »MusclExplosion« abgeschlossen. Dem Inhaber, Chuck Kaschnitzki, hatte ich in meinem Schnüfflerleben das gestohlene Motorrad wiederbeschafft. Marvin Bunge, ein Dülmener Gymnasiast, hatte sich das Teil geborgt, um zu einem Casting für »Deutschland sucht den Superdeppen« nach Köln zu brettern. Ich hatte ihn in einer Kneipe in Domnähe erwischt, wo er mit Hilfe von Tequila den Frust runtergespült hatte. Die Jury habe ihm das Talent einer Amöbe attestiert, dabei habe er in Dülmener Kneipen drei Karaoke-Wettbewerbe gewonnen. Sein Traum sei zerstört, hatte er mir die Ohren vollgeheult. Marvin musste den Hobel wieder zurückbringen, mit der Zahnbürste säubern und fünf Tankfüllungen berappen. Dafür verzichtete Chuck auf eine Anzeige.
    Ebendieser Typ stellte mir pro Woche drei Scheine aus, auf denen bestätigt wurde, dass ich zwei Stunden trainiert hätte, als wollte ich an der Mister-Universum-Kür teilnehmen. Den Vertrag und die ersten fünf Anwesenheitsurkunden hatte ich bereits meinem Vater zugemailt. Meiner Mutter traute ich nämlich keinen Millimeter über den Weg.
    Jetzt fehlte eigentlich nur noch die Frau an meiner Seite, aber man sollte nichts überstürzen.
    Ich wechselte von der Couch an den Küchentisch und frühstückte ausgiebig. Eines musste man meiner Mitbewohnerin lassen: Seitdem Isolde die Nannen-Villa bezogen hatte, war der Kühlschrank prall gefüllt, und zwar nicht mit irgendwelchem Lidl-Mist, sondern mit extra aus Münster eingeflogener Feinkost. Und tatsächlich: Mortadella für fünf Euro die Scheibe schmeckte besser als die Discounter-Variante.
    Nachdem ich die letzte mit Trüffelleberwurst bestrichene Brötchenhälfte verdrückt hatte, leierte ich dem Kaffeevollautomaten einen Cappuccino aus dem Kreuz, zückte mein Handy und drückte eine mallorquinische Nummer in die Tasten.
    »Sohn, ich
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