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Den letzten beißt das Schwein

Den letzten beißt das Schwein

Titel: Den letzten beißt das Schwein
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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Geld spielt keine Rolex

    Blut, Blut, nichts als Blut. Ich hätte nie gedacht, dass ein solch kleiner Körper so viel roten Saft produzieren könnte. Dazu ein gammeliger Zettel, auf den »DU BIST DER NÄCHSTE, REXFORTH!« geschmiert war.
    Ratlos standen Bauer Günter Rexforth, mein Kumpel Stefan Jahnknecht und ich, Dieter R. Nannen, am Tatort.
    »Wer macht so was?«, fragte Günter angeekelt.
    »Keine Ahnung«, gab ich zu.
    »Das war George, der kommende Star am Kaninchenfirmament. Ein Musterexemplar. Dazu ein einwandfreier Charakter und pflegeleicht, wie ein Karnickel nur sein kann. Aber das dürfte dem Mörder egal gewesen sein. Für mich ist das kein Mensch«, schnaubte der Landwirt.
    »Hast du Feinde, Günter?«
    Achselzucken.
    »Bauer Rexforth sein super Chef«, übersetzte Stefan die nonverbale Kommunikation des Landwirts. Der Knecht war ein Freund von mir, liebte mich wie seinen großen Bruder, war aber mental äußerst übersichtlich strukturiert.
    »Dieter, ich erteile dir den Auftrag, den Mörder zu fangen.«
    »Ich darf nicht, Günter. Mir sind die Hände gebunden. Leider«, wehrte ich halbherzig ab.
    »Hab dich nicht so. Geld spielt keine Rolex. Das Schwein muss gefasst werden.«
    »Na gut. Ich schaue mich um. Aber nur inoffiziell.«

    Und das hatte folgenden Grund: Es war ein regnerischer Samstag vor zwei Wochen gewesen. Der Himmel spie Strickwolle über das südliche Münsterland aus und verwandelte die Äcker rund um meinen alten Kotten in morastige Tümpel. Da die Auftragsbücher der Ein-Mann-Detektei Nannen leerer als die Staatskasse waren, wälzte ich mich länger als üblich im Bett und träumte von sonnigen Gefilden, wo strahlende Schönheiten kühle Getränke am Pool servierten. Hmm. Just als der dritte Cuba Libre meine Lippen befeuchtete, klingelte es an der Tür. Missmutig zog ich die Decke über den Kopf, was die Schelle jedoch nicht zum Verstummen brachte. Wütend sprang ich aus der Kiste, hüllte meinen Edelkörper in einen Bademantel und öffnete.
    »Guten Morgen, mein Sohn. Wir waren gerade in der Gegend und dachten, schauen wir mal bei Dieter vorbei.«
    Bevor ich etwas erwidern konnte, preschte mein alter Herr an mir vorüber, schnieke wie eh und je im dunkelblauen Zweireiher. Mitte sechzig, militärisch gestutztes Haar und unifarbene Armani-Krawatte. Nicht, dass ich einen Binder vom anderen unterscheiden konnte, doch vertrat Vater die These, dass teure Kleidung unterm Strich Geld sparen würde. Deshalb nur Armani.
    Im Schlepptau meine Mutter, drei Jahre jünger als er und mit ihrem weißen Ballkleid zwar passend gekleidet für den Wiener Opernball, jedoch nicht für die raue westfälische Luft. Sie zitterte vor Kälte und spurtete sofort zur Heizung. Für eine erlesene Optik hatte Mama schon immer gern gelitten.
    Meine Eltern waren mir seit einer knappen Dekade nicht unter die Augen getreten. Vermisst hatte ich sie nicht. Mutter konzentrierte sich seit Menschengedenken ausschließlich auf Männerbekanntschaften und den Lebensstil der Hautevolee. Dieter war ihr wumpe, ich hatte die diversen Kindermädchen Mama genannt. Während meiner ersten Schultage war ich überrascht, dass andere Kinder nur eine Mutter hatten.
    Angesichts der Kontaktanzeige meines Vaters war das Drama vorgezeichnet. Eine halbe Seite in der FAZ mit folgendem Text, der alles über meine Familie aussagt:
    »Vorstandsvorsitzender einer börsennotierten Bank, Mitte 30, 1,80 m, mit herrlichem Anwesen am Meer und einer Farm in Kanada, sucht Frau fürs Leben. Planen Sie die Zukunft mit diesem interessanten, attraktiven und charmanten Gentleman, der auf der Sonnenseite des Lebens steht. Geschäftstüchtig, innovativ, klar in Lösungen denkend, blickt er auf eine einzigartige Karriere, pflegt allerbeste Beziehungen zu den Großen der Wirtschaft und fuhrt privat ein Leben auf hohem Niveau. Er ist Liebhaber edler Dinge, exzellenter Hobbykoch, Pianist, Kunstsammler, Sportler und Familienmensch. Er sucht eine anspruchsvolle, selbstbewusste Frau, die an die Liebe glaubt, für spätere Familiengründung.«
    Der Inhalt der Annonce mochte im Großen und Ganzen stimmen, aber welche vernünftige Frau meldete sich auf derartige Angebereien? Korrekt, keine. Jedenfalls keine, mit der ein Mann Pferde stehlen kann und noch bei der Baumwollhochzeit im Honeymoon schwebt.
    Letztendlich war das meinem Dad auch egal, denn er war mit seiner Bank verheiratet. Die Farm in Kanada haben weder Mutter noch ich jemals gesehen.
    Als der Alte herausbekam,
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