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Den letzten beißt das Schwein

Den letzten beißt das Schwein

Titel: Den letzten beißt das Schwein
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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Als wir um die Ecke bogen, fielen mir fast die Augen aus dem Kopf.
    »Was ist das denn?« Meine Stimmung sank in Lichtgeschwindigkeit.
    »Dein neuer Capri. Ein echtes Sammlerstück. Die Sekretärin deines Vaters fragte nach einem besonderen Auto, und da haben wir sofort an den Ford gedacht. Ein echtes Schmuckstück von 1971.«
    »Da war ich noch nicht mal geboren«, stöhnte ich verzweifelt.
    »Zugegeben, einige Macken hat er schon. Manchmal läuft er in den Kurven nicht rund. Aber hundertachtzig Pferdchen unter der Haube plus Sportauspuff. Mann, das war damals ein echter Hingucker.«
    »Ich mag es nicht so protzig. Können wir den Wagen nicht tauschen, zum Beispiel gegen den Eos?« Ich sah mich im Geiste an jeder Kreuzung mit dem ADAC telefonieren.
    »Ausgeschlossen. Du solltest stolz sein, solch einen Oldtimer fahren zu dürfen. Die Sekretärin deines Vaters hat mir unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass der Deal nur für den Capri gilt. Der ist schließlich auch deutlich günstiger. Zumindest in der Anschaffung. Wegen der Tankkosten musst du dir natürlich was einfallen lassen, aber das machst du schon.« Er händigte mir Papiere und Schlüssel aus. »Viel Spaß damit!«
    Einen gewissen Schick hatte die Karre ja, das musste ich eingestehen. Hoffentlich fuhr sie auch.
    Als Freddy von dannen brauste, kam ein Lieferwagen der örtlichen Computerbude »Dütech« auf den Hof. Allesamt Studienabbrecher, die aber einen Superjob machten und daher für die Wartung sämtlicher Server von Billerbeck bis Nottuln zuständig waren.
    Ein hochgewachsener Endzwanziger mit Stoppelfrisur und Nickelbrille entstieg dem verbeulten Kleinlaster. Igor.
    »Alter, was geht ab?«, begrüßte er mich gewollt jugendlich, als hätte er just ein Praktikum an der Rütlischule absolviert.
    »Und selbst?«, erwiderte ich gekonnt, wobei ich nicht ernsthaft eine Antwort erwartete.
    »>Nannen International< hat heute einen Call zu >Dütech< abgesetzt. Voll die Checker, sag ich dir. Finde ich megageil, dass du auch auf Hightech umsattelst. Via Internet bist du worldwide connected. Giga«, kauderwelschte er.
    »Leg die Drähte und ab die Post«, versuchte ich mich auf seinem Sprachlevel auszudrücken.
    »Digga. Hätte nie gedacht, dass du den musealen Trip fährst.« Er schaute mich fragend an. Anscheinend stand mir die nächste Überraschung ins Haus.
    »Wie bitte?«
    »Na, heute kannst du für tausend Steine ein Multimedia-Notebook mit allem Zipp und Zapp schießen. Die Sekretärin von deinem Alten meinte aber, dass du auf historische Modelle stehst. Na ja, über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten.«
    »Was bekomme ich?« Ich konnte es mir fast denken.
    »Einen 486er mit Modem und Nadeldrucker wie in der >Geschichte der Informationstechnologie<. Die erste Lok, die von Nürnberg nach Fürth juckelte, ist schließlich auch heiß. Aber damit in Urlaub fahren? Nee, das muss selbst bei meinem Geschichtsfaible nicht sein«, grinste Igor.
    »Besteht die Chance, den Rechner gegen ein zeitgenössischeres Modell umzutauschen?«
    »Klar, aber das komplette Paket kostet fünfzig Euro inklusive Anfahrt. Wenn du die Differenz bezahlst...«, überlegte der Techniker laut.
    Das gab mein Geldbeutel nicht her.
    »Installier den Oldie«, antwortete ich daher gefrustet.
    Igor baute den Turm in meinem Büro auf und verlegte die zwanzig Meter lange Modemleitung zur Telefonbuchse. Besser als nichts, versuchte ich mich zu trösten.
    Nach getaner Arbeit fuhr der Computerfreak zum nächsten Kunden und ich zum Hagenhof. Als ich dem Capri die Sporen gab, röhrte er wie ein getunter GTI. Mit Tempo siebzig düste ich vom Hof, allerdings stotterte der Motor bereits an der nächsten Kurve. Also langsamer. Auf der Fahrt nach Merfeld testete ich sämtliche Geschwindigkeiten und stellte fest, dass der Wagen bei fünfzig am reibungslosesten lief. Leider musste ich bereits jetzt tanken, obwohl der Tank vor Fahrtbeginn halb voll gewesen war. Ein Wahnsinnsgeschenk.
    Auf dem Hagenhof angekommen, wählte ich die bekannte mallorquinische Nummer.
    »Dieter, ich muss gleich zum Arzt. Mach schnell.«
    »Danke für deine rasche Hilfe.« Meine Stimme troff vor Sarkasmus. »Es hätte aber durchaus ein zeitgenössisches Auto sein können, das nicht bei jeder Beschleunigung kurz vor der Explosion steht. Auch der Rechner hätte gern aus diesem Jahrtausend stammen können. Ich will nicht undankbar erscheinen, aber für jemanden, der sich seiner klugen Investitionen brüstet, sind
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