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Den letzten beißt das Schwein

Den letzten beißt das Schwein

Titel: Den letzten beißt das Schwein
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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dass Mutter sich durch diverse Frankfurter Betten schlief, reichte er die Scheidung ein. Konnte ich nachvollziehen. Nicht jedoch, dass Sohnemann ihm genauso schnuppe war. Wäre ich nicht dank einer glücklichen Fügung des Himmels psychisch stabil gewesen, hätte ich von diesem herzallerliebsten Familienleben bleibende Schäden davongetragen.
    Nach seiner Pensionierung war Vater auf die schöne Insel Mallorca gezogen, die abgeschmackten Weihnachtskarten — das einzige jährliche Lebenszeichen — hatte ich nie beantwortet. Von Mum hörte ich noch weniger, sie war für derartige Zuneigungsbekundungen zu beschäftigt.
    »Didi, was bist du groß geworden!« Sie hauchte mir zwei Küsschen auf die Wange. »Ich kann nicht sagen, wie sehr ich dich vermisst habe.«
    Wer sollte das denn glauben?
    »So wohnst du also«, stellte mein Vater mit missbilligendem Unterton fest.
    »Und zwar überaus gut«, plusterte ich mich auf. Wenn es einen Vorteil hatte, dass sich die Eltern einen Dreck um einen scherten, war es der, dem obligatorischen Generationskonflikt zu entgehen. Schien aber, als stünde mir dieses Erlebnis heute bevor.
    »Darüber sprechen wir noch.« Paps lockerte seine Krawatte.
    »Klaus, du mutest mir zu viel zu. Das Haus ist absolut primitiv eingerichtet. Hier werde ich niemals wohnen«, keifte meine Mutter urplötzlich los.
    »Sei still, Isolde, das klären wir gleich«, zischte er, dann drehte sich sein Kopf wieder in meine Richtung: »Willst du deinen Eltern nichts zu trinken anbieten?«
    »Darf es Kaffee sein, oder ist das nicht fein genug? Wie war das mit dem Wohnen?«
    »Kaffee ist gut. Mit Milch und Zucker. Isolde, für dich mit zwei Süßstofftabletten, richtig?«
    Meine Mutter nickte geistesabwesend.
    Während ich dem unerwünschten Besuch zähneknirschend die Brühe zubereitete, studierte Klaus Nannen meine Bücherregale. »Du liebst immer noch die Literatur, wie ich sehe. Sehr löblich. Was treibst du sonst? Bist du noch Prokurist bei dieser Essener Firma?«
    Ich hasste Verhöre, es sei denn, ich stellte die Fragen.
    »Nein. Das war mir zu langweilig. Ich arbeite als Privatdetektiv, und das überaus erfolgreich. Ich habe schon mehrere Morde aufgeklärt und bin mittlerweile die Nummer eins im Münsterland.«
    »Das ist kein Job für dich, Junge. Nein, nicht für Klaus Nan-nens Sohn. Immer im Abfall der Gesellschaft herumzuschnüffeln. Inakzeptabel, oder was meinst du, Isolde?«
    »Du sagst es, inakzeptabel.« Meine Mutter nippte angeekelt am Kaffee, als hätte ich Jauche serviert. Mir wurde wieder bewusst, warum ich den familiären Kontakt unter Sparflammenniveau gehalten hatte.
    »Ich verstehe nicht, wie Dieter uns so was antun kann.« Sie stellte die Tasse ab.
    »Zischt ab! Ich habe euch zehn Jahre nicht gesehen und freue mich schon auf die nächsten zehn.«
    »Piano, piano, mein Sohn. Wenn ich den Zustand deiner Wohnung betrachte, scheinst du nicht in festen Händen zu sein. Deine Umgebung ist alles andere als ordentlich.« Klaus hielt mit spitzen Fingern eine Musikzeitschrift in die Höhe.
    »Bin zurzeit solo.« Ich war selbst überrascht, dass ich dieses Gespräch fortsetzte. Schien ein kindlicher Reflex zu sein. »Ich habe jedoch ein Auge auf eine attraktive Geschäftsfrau geworfen, also macht euch keine Sorgen.«
    »Machen wir aber, nicht wahr, Isolde?«
    »Der Junge ist über dreißig, da muss eine Frau ins Haus.« Sie dozierte über mein Leben, als wäre ich nicht anwesend.
    »Ernährst du dich gesund? Und wie sieht es mit Alkohol und Drogen aus? Müssen wir uns darum auch kümmern, oder denkst du wenigstens in diesem Bereich an deine Eltern?«
    »Das reicht. Dürfte ich euch bitten, meine Wohnung zu verlassen? Ihr seid hier nicht willkommen.«
    »Die Alkohol Vorräte sind im Rahmen.« Meine Mutter hatte ohne Erlaubnis die Küche inspiziert. »Aber er raucht! Überall stehen Aschenbecher.«
    »Mein Gott!« Klaus schlug die Hände über dem Kopf zusammen. »Wie kann jemand nur so dumm sein, sich freiwillig die Gesundheit zu ruinieren?«
    »Raus! Aber zügig!« Wütend stand ich auf und öffnete die Haustür.
    »Piano, piano, mein Sohn. Setz dich und spitz die Ohren.«
    Auf elterliche Anweisungen konditioniert wie ein pawlowscher Köter, ließ ich mich wieder auf dem Sofa nieder.
    »Du ebenfalls, Isolde. Ich habe schlechte Nachrichten«, wurde Klaus plötzlich ernst, während seine Exfrau ein seidenes Taschentuch hervorholte. »Ich bin todkrank, Bauchspeicheldrüsenkrebs.«
    »Das tut mir leid, ich
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