Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Den letzten beißt das Schwein

Den letzten beißt das Schwein

Titel: Den letzten beißt das Schwein
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
Vom Netzwerk:
diese Einkäufe kein Ruhmesblatt.«
    Nannen senior lachte amüsiert: »Sohn, einen Nannen zeichnet aus, dass er sich nichts schenken lässt. Wir erarbeiten uns alles von der Pike auf. Wenn ich dir einen Ferrari gekauft hätte, würdest du das nicht zu schätzen wissen. Wenn du aber mit einem Capri und einem alten Rechner zurechtkommst, steht dir die Welt offen. Das ist meine Philosophie, die sich seit Jahrzehnten bewährt hat. Gute Fahrt, ich wurde aufgerufen.« Er kappte die Verbindung.
    Mir hingen die Sprüche über das Wesen eines echten Nannen mittlerweile aus allen Körperöffnungen heraus. War ein Nannen ein schrottkistenfahrender Gesundheitsapostel oder ein geldgeiler Idiot, der sich von Papi verarschen ließ? Ich tendierte zu Letzterem, aber noch war die Höhe der Erbschaft Anreiz genug, das Schmierentheater mitzumachen.
    Mein Handy klingelte.
    »Papa? Gibt es was Neues von den Ärzten?« Ich konnte meine Überraschung kaum verbergen.
    »Danke der Nachfrage, aber ein Nannen klagt nicht. Mir ist da noch was eingefallen. Wie gut kennst du eigentlich diesen Chuck?«
    Was sollte denn diese Frage?
    »Flüchtig. Ihm gehört das Fitnessstudio, in dem ich trainiere. Wieso?«
    »Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Ich habe Nachforschungen angestellt. Meine Quelle berichtet, dass du noch keine Trainingsminute absolviert hast. Gleichzeitig treffen immer wieder deine Bescheinigungen bei mir ein. Als ich Chuck auf diese Diskrepanz aufmerksam gemacht und Konsequenzen angedroht habe, hat er euren Deal eingestanden. Schreib dir eines hinter die Lauscher: Wenn ein Nannen betrügt, lässt er sich nicht erwischen. Mit so einer schlecht inszenierten Show rückt das Erbe in weite Ferne. Entweder du reißt dich jetzt am Riemen und lebst wie ein richtiger Nannen, oder du gehst leer aus. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
    »Hast du«, murmelte ich kleinlaut. »Ein Ausrutscher, weil mich der neue Job so vereinnahmt.«
    »Ich verlange, dass du die besprochenen Veränderungen in deinem Leben ernsthaft durchführst. Meine Spione sitzen überall. Du kannst mich nicht über den Leisten ziehen. Das haben schon ganz andere versucht.«
    »Zu Befehl.« Einen ironischen Unterton konnte ich nicht vermeiden.
    »Denk dran, dies ist deine letzte Chance. Ich kann mein Vermögen auch Greenpeace vererben, auch wenn ich Unruhestifter genauso wenig mag wie meine Krebszellen. Immerhin haben die mich noch nicht angelogen. Zurück zum Thema: Mein Physiotherapeut hat ein Sportprogramm zusammengestellt und diesem Chuck zugefaxt. Ferner haben wir einen schriftlichen Vertrag abgeschlossen, in dem er deine sportlichen Fortschritte garantiert. Und glaube mir: Chuck steht das Wasser bis zum Hals. Er wird schon aus reinem Selbsterhaltungstrieb dafür sorgen, dass du deinen Körper wieder auf Vordermann bringst.«
    Das war ein nettes Schlusswort. Wir legten auf. Klaus Nannen mit dem Gefühl, der allmächtige Zampano zu sein, und ich in der Gewissheit, dass ich mit ihm in diesem Leben auf keinen grünen Zweig kommen würde. Aber es gab Schlimmeres, zum Beispiel die Pflichtbesuche in der Muckibude.
    Was nun? Warum nicht meine schlechte Laune mit Arbeit vertreiben?
    Und so verbuchte ich im Laufe des Vormittags zahlreiche Ausgangsrechnungen über Schweinehälften und Eingangsrechnungen über Futter, wobei das Pendel eindeutig Richtung Schweinehälften ausschlug. War schon lukrativ, was Günter da auf die Beine gestellt hatte.
    Die Schweinezucht war jedoch nicht die einzige Einnahmequelle: Günter Rexforth war alleiniger Eigentümer des Hagenhofs, eines Ferienbauernhofs im Merfelder Bruch, dem Dülmener Vorzeigeortsteil. Denn in Merfeld hausten die Wildpferde. Die Herzöge von Croy hatten vor hundertfünfzig Jahren für die rund dreihundert Tiere ein Reservat geschaffen. Als einziges Wildgestüt dieser Art in Europa wurde der 1975 Dülmen angeschlossene Ortsteil das Aushängeschild der Stadt. Marlboro Country mitten im Münsterland. Wer grenzenlose Weite, Freiheit und den Geruch der Wildnis erleben wollte, war hier genau richtig. Ich liebte diesen Flecken.
    Der Hagenhof war ursprünglich ein konventioneller Vieh- und Getreideanbaubetrieb gewesen mit Tausenden Schweinen, Ziegen, Kühen und anderem Getier. Vor drei Jahren hatte Günter genau an seinem fünfzigsten Geburtstag die Eingebung gehabt, die Schönheit der Kulisse für einen Ferienbauernhof zu nutzen, hatte alle Tiere bis auf die Schweine und ein paar Pferde verkauft und zehn Ferienwohnungen hochgezogen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher