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Den letzten beißt das Schwein

Den letzten beißt das Schwein

Titel: Den letzten beißt das Schwein
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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angebeteten Nachbarin Karin Schumann stark ähnelte. Der verlängerte Rücken, der aus dem Kofferraum herausguckte, beseitigte die letzten Zweifel. Es war tatsächlich Karin.
    Also nichts wie hin. Als ich den Wagen erreichte, hatte Schumann sich gerade aus dem Heck befreit und wischte sich die Hände mit einem Lappen ab.
    »Du hast Vogelscheiße auf dem Kopf«, begrüßte sie mich.
    »Hast du heute in der Witzkiste gepennt?«, parierte ich gekonnt. Ich zeigte auf das grüne Etwas hinter ihr. »Und, Ärger mit den Franzosen?«
    »Nur ein platter Reifen; ist aber schon gewechselt. Was macht die Qualmerei?«
    »Immer noch clean, ich wundere mich selbst.«
    »Aha.« Karin sah mich mit forderndem Blick an.
    »Danke für deine Hilfe bei der Entwöhnung. Ohne dich hätte ich es nicht gepackt.«
    Das ging der hübschen Bäuerin sichtbar runter wie Öl.
    »Lust und Zeit, mit mir unseren Italiener zu besuchen? Die sollen neuerdings eine Sardellen-Peperoni-Pizza im Angebot haben, die einem die Schuhe auszieht.« Was auch nicht verkehrt war, wenn man sich Schumanns Palästinenser-Rennsandalen anschaute.
    »Lust schon, aber leider hat der Plattfuß meinen Zeitplan gehörig durcheinandergebracht. Ich schaue morgen bei dir vorbei.«
    »Super. Hast du zufällig einen Ersatzkanister? Mir ist nämlich der Sprit ausgegangen.«
    Schumann grinste übers ganze Gesicht: »Da legt sich der Nannen so einen Angeberschlitten zu und vergisst zu tanken.«
    »Ist ein Geschenk«, sagte ich und erzählte ihr kurz die Geschichte des Wagens.
    »Armer Dieter«, seufzte Schumann. »Wenn ich Zeit habe, bedauere ich dich. Aber du hast Glück: Der Kanister im Kofferraum ist voll. Hoffentlich reicht das bis zur nächsten Tankstelle.«
    Rasch füllte ich den Sprit ein, dann musste Karin auch schon weiter.
    Als ich während der Weiterfahrt mein Konterfei im Rückspiegel betrachtete, wurde mir klar, warum Karin auf den obligatorischen Abschiedskuss verzichtet hatte: Mein Haar war wirklich mit Vogelscheiße verklebt.
    Bei der nächsten Tanke füllte ich nicht nur den Benzinkessel bis zum Rand voll, sondern auch noch drei Reservekanister, um für die Zukunft gerüstet zu sein.

    Zu Hause wusch ich mir die Haare und fütterte meine Tiere, da Mutter sich beharrlich weigerte, einen Fuß in die Stallungen zu setzen. Die Kaninchen hatte ich wie meinen Kotten geerbt. Aufgrund einiger privater Probleme in meiner Heimatstadt Essen hatte ich die Erbschaft angenommen und war ins westfälische Dorf umgesiedelt. Leider hatte sich kein Fernsehsender für mein Schicksal interessiert und eine finanziell lukrative Home-Story der Reihe »Wir wandern aus« gedreht. Dabei fand ich Buldern ebenso exotisch wie die kanadischen Holzfällersiedlungen in den Pseudodokumentationen der Privaten.
    Neben den Kaninchen hatte ich auch noch das Schwein Wilpert geerbt, das sich aber zügig in den Schweinehimmel aufgemacht hatte, natürlich ohne mein Zutun. Ersatz war jedoch schnell gefunden, und zwar in Form von Pedder, einem Geschenk von Stefan Jahnknecht.
    Nach einer gewissen Eingewöhnungszeit waren mir die Viecher tatsächlich ans Herz gewachsen. Meine Familie. Hoffentlich fielen die Karnickel nicht dem Killer in die Hände.
    Pedder grunzte ekstatisch über den Steakresten der letzten Woche, und den Langohren wurde der Löwenzahn auch nicht langweilig. Genügsam, solche Mitbewohner liebte ich.
    Isolde hatte mir eine Nachricht hinterlassen, dass sie frühestens zur »Tagesschau« zu Hause sein würde. Sie wäre mit dem Taxi ins hundert Kilometer entfernte Düsseldorf gefahren, um sich ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte zu genehmigen. Wenn es sie glücklich machte. Damit hatte ich genug Zeit, ungestört meinen Hochleistungsrechner zu starten. Es dauerte geschlagene zehn Minuten, bis das Windows-Logo auf dem Monitor erstrahlte. Ich drückte das Icon für die Internetverbindung, und das Modem wählte mich in die weite virtuelle Welt. Leider dauerte der Aufbau der Google-Seite weitere zehn Minuten. Dieser Rechner von anno Tuck taugte nur noch für die Tonne. Frustriert schwang ich mich aufs Fahrrad — ich wollte den nächsten Tankstellenbesuch hinausschieben — und gurkte zum altbekannten Dülmener Internetcafé. Dort hievte ich mich dank zeitgenössischer DSL-Technologie auf den Daten-Highway. Na endlich.
    Da ich bei meinem Essener Controllerjob bei der August Klimke KG mehr Zeit im Internet verbracht als gearbeitet hatte, war es ein Klacks, im World Wide Web die Fährte des
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