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Operation Macho

Operation Macho

Titel: Operation Macho
Autoren: V Thompson
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1. KAPITEL
    „N ach fünfunddreißig Ehejahren sollte dein Vater mich oben liegen lassen!“
    Lynn Morgan klemmte sich den Telefonhörer zwischen Schulter und Wange und fing an, die Nachrichten auf ihrem Schreibtisch zu sortieren. „Ich begreife nicht, wieso es so wichtig ist, wer oben liegt, Mom.“ Sie blickte hoch und sah Tony Russo an der Tür zu ihrem Büro stehen. „Schließlich reden wir hier von Leichen“, fügte sie hinzu, damit Tony keinen falschen Eindruck bekam.
    Verwundert hob er die Augenbrauen.
    „Das spielt keine Rolle“, verkündete ihre Mutter. „Es geht ums Prinzip.“
    Solche Unterhaltungen kannte Lynn bereits. Sie hatte schon zahlreiche Gefechte ihrer Eltern schlichten müssen, und ihre Freunde behaupteten, nur deswegen sei sie Anwältin geworden. Bei ihrer Mutter versuchte sie es jetzt mit Logik. „Sollte es nicht davon abhängen, wer von euch zuerst dahinscheidet?“
    „Das behauptet er auch, aber das könnte ihm so passen! Nur aus Trotz würde er mich überleben, damit er auf mir liegen kann. Ich verlange eine Garantie, in welcher Position ich meine letzte Ruhe finde.“
    Lynn sah zu Tony und verdrehte die Augen. „Nehmen wir an, du gehst als Erste. Willst du etwa wieder ausgegraben werden, damit jemand Dad unter dich schieben kann?“
    „Wieso denn nicht?“
    „Weil wir hier nicht darüber reden, dass man Lebensmittel im Kühlschrank umstellt! Also wirklich, Mom, das ist …“
    „Mir wird klar, dass du mich nicht verstehst, und ich werde nicht die ganze Ewigkeit unter deinem Vater verbringen. Ich will die Scheidung. Kannst du mich vertreten?“
    Fassungslos ließ Lynn die Mitteilungen wieder auf den Schreibtisch fallen. „Wie bitte?“
    „Du bist doch Scheidungsanwältin, oder? Schicke deinem Vater die nötigen Unterlagen. Das wird ihm zeigen, was es ihm einbringt, wenn er bei Begräbnisangelegenheiten keinerlei Anstand zeigt.“
    Konzentriert beugte Lynn sich vor. „Ich kann nicht glauben, dass du dich ernsthaft scheiden lassen willst.“
    „Und ob.“
    „Das ist nicht komisch.“
    „Doch, das ist es.“
    Lynn hätte nicht damit gerechnet, dass ihr Herz wie wild schlug, als sei sie ein kleines Kind, dessen Familie zerbricht. Sie war neunundzwanzig, und ein angesehenes Mitglied der Anwaltschaft von Illinois. „Hör doch zu, ihr kauft euch einfach zwei Grabstellen nebeneinander auf irgendeinem anderen Friedhof.“
    „Nie im Leben! Das ist das Grab meiner Familie, und genau dort will ich beerdigt werden. Soll dein Vater sich doch ein eigenes Plätzchen suchen.“
    „Sieh mal, Mom …“ Lynn unterbrach sich, als es am Telefon blinkte. „Ich bekomme gerade einen anderen Anruf. Bleib dran, ich bin gleich wieder bei dir.“ Lynn schaltete das Gespräch mit ihrer Mutter in die Warteschleife und sah zu Tony.
    Er stieß sich vom Türrahmen ab. Lynns Stimmung konnte er immer genau erkennen, und deswegen schätzte sie ihn als Freund. „Anscheinend hast du einiges zu erledigen“, sagte er freundlich. „Ich komme lieber später wieder.“
    „Bitte bleib. Ich habe den Eindruck, dass ich einen Gesprächspartner brauchen kann, wenn ich hiermit fertig bin.“
    „Mehr wollte ich nicht hören.“ Tony kam herüber und setzte sich auf einen der Stühle vor ihrem Schreibtisch.
    „Danke, ich mache es so kurz wie möglich.“ Sie lächelte ihn an, während sie das zweite Gespräch entgegennahm. „Lynn Morgan.“
    „Deine Mutter ist komplett übergeschnappt“, polterte ihr Vater los.
    „Und das sagst gerade du? Was ist denn das für ein Lärm im Hintergrund, Dad?“
    „Mach dir um den Lärm keine Gedanken. Diesmal ist es endgültig soweit, Spätzchen. Wir lassen uns scheiden. Und ich will, dass du mich vertrittst.“
    Lynn rieb sich die Stirn. „Du auch?“
    „Was soll das heißen? Ich auch? Hat sie sich wieder vorgedrängelt?“
    „Nein, denn ich werde keinen von euch vertreten. Ehrlich gesagt, ihr seid wie zwei Kinder, die sich darüber streiten, wer im Etagenbett oben schlafen darf.“
    „Es geht nicht nur um die Grabstelle“, wandte ihr Vater ein. „Sie ist zu diesem Seminar gegangen. ‚Entdecke deine Kräfte‘. Seitdem ist sie wirklich unausstehlich, Spätzchen.“
    „Aufbrausend war sie doch schon immer, Dad.“ Lynn erkannte, dass dieses Problem sich nicht so leicht würde lösen lassen. „Hör mir zu, wir werden uns in aller Ruhe unterhalten. Mach bloß nichts Unüberlegtes.“
    „Wenn du damit meinst, ich soll nicht ausziehen, dann lass dir sagen, dass ich
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