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Bankster

Bankster

Titel: Bankster
Autoren: Gudmundson
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20:47 Uhr Donnerstag 2. Oktober 2008
    – Hi!
    – Grüß dich, mein Lieber.
    – Hi hi.
    – Wo bist du?
    – Bin mit ein paar anderen nach der Arbeit noch was trinken gegangen.
    – Und, viel los bei euch?
    – Schon.
    – Ist in der Hauptstadt nicht Donnerstag, wie anderswo auch?
    – …
    – Markús?
    – Ja, dochdoch. Ist ja auch kein Besäufnis im Gange.
    – Jæja. Und hast du gesehen …
    – Was?!
    – Hast du Geir vorhin gesehen?
    – Nein.
    – Das …
    – Ich höre dich so schlecht!
    – …
    – Warte!
    – …
    – Papa, ich bin auf dem Weg nach draußen, warte mal!
    – …
    – Wurde plötzlich so laut – was hast du gesagt?
    – Ich wollte sagen, dass unser Ministerpräsident da wohl kaum eine Regierungserklärung abgegeben hat.
    – Was dann?
    – Viel eher eine Grabrede.
    – Eine Grabrede!
    – Nach was Besserem hat es sich nicht angehört.
    – Was hat er gesagt?
    – Es war eigentlich mehr der Ton als das, was er gesagt hat.
    – Und wie war der Ton?
    – Trauervoll.
    – Trauervoll?
    – Trauervoll, mein Markús.
    – Hast du dir denn schon ein Schlückchen genehmigt, Papa?
    – Nein, aber das ist eine teuflisch gute Idee.
    – Spricht nichts dagegen, sich vorm Schlafen einen zu genehmigen.
    – Spricht nichts dagegen.
    – …
    – Und geradezu notwendig, nachdem man sich das angehört hat.
    – War sonst noch was Besonderes?
    – Nein, wollte nur wegen der Rede mit dir sprechen. Ihr seid da ja mittendrin in diesem Wahnsinnsboom, der anscheinend gerade zusammenbricht.
    – Kein Grund, so pessimistisch zu sein. Schon seit Juli letzten Jahres gibt es einen Abwärtstrend und …
    – Trend?
    – Ja, und wir müssten bald unten angekommen sein. Dann kann es wieder aufwärtsgehen …
    – Die Glitnir-Bank ist schon unten angekommen. Macht ihr euch deswegen keine Sorgen?
    – Sie müssen das vorher alles gut durchdacht haben.
    – …
    – Die Notenbank müsste einspringen.
    – Und du?
    – Was?
    – Machst du dir Sorgen?
    – Ich lasse mich von ihnen jedenfalls nicht unterkriegen. Die Landsbanki und Glitnir sind so unterschiedliche Unternehmen, beides Banken, aber so unglaublich unterschiedliche Unternehmen.
    – Das wollen wir hoffen.
    – Glauben wir es. So ist es halt.
    – Jæja.
    – …
    – …
    – Schneit es bei euch?
    – Ab und zu, im Augenblick aber nicht.
    – Hier ist es richtig stürmisch, furchtbar winterlich.
    – Nur ein kurzer Herbst dieses Jahr?
    – Gemessen am Zähneklappern.
    – Geh wieder rein, wenn dir kalt ist.
    – Werde ich tun, wir hören uns bald wieder.
    – Ja, und ich gönne mir noch einen aus der guten Flasche.
    – Hast du den Whisky nicht schon ausgetrunken?
    – Gerade bei den Flaschenschultern angelangt.
    – Na dann hau mal rein, aber lass es nicht die Runde machen. Ich schicke eine neue, sobald du mit der alten fertig bist.
    – …
    – Wie bitte?
    – Ja, würde ich wohl nehmen, noch so eine Flasche. Das Zeug ist wirklich gut.
    – Super.
    – Grüße von deiner Mutter.
    – Okay, danke. Küss sie von mir auf die Wange.
    – Mache ich.
    – Und nicht heimlich auf den Mund, alter Mann.
    – Nein, zuerst auf die Wange.
    – Genau.
    – So machen wir es.
    – Ja, bye.
    – Tschüss, mein Lieber.

Am Tag danach

    – Hi.
    – Grüß dich, mein Lieber.
    – Was gibt’s?
    – Zunächst einmal, dass das Gleichgewicht, das mal im Telefonieren steckte, verlorengegangen ist, seit man immer gleich sieht, wer anruft.
    – Welches …
    – Lach nicht. Sieh mal, ich habe angerufen, und du hast »Hi« gesagt anstelle des gewöhnlichen »Hallo« oder »Hier ist Markús«, und ich habe »Grüß dich, mein Lieber« statt »Grüß dich, mein Lieber, hier ist dein Vater« gesagt, bevor ich dann eigentlich fragen wollte, wie es dir geht, anstatt mich darüber auszulassen, wie sich die Technik verändert hat …
    – Es hätte aber auch Mama sein können, da steht nur »Eltern« auf der Anzeige.
    – Ist ja auch egal.
    – Jæja.
    – Ja.
    – …
    – Und, hast du die Mittagsnachrichten gehört?
    – Meinst du das, was der Ökonomie-Professor gesagt hat?
    – Ja.
    – Nein, aber ich habe im Internet darüber gelesen.
    – Was meint ihr?
    – Wir Bankleute?
    – Ja.
    – Es ist gelogen, einfach unglaublich, dass es sich jemand mit einer Stelle an der Universität Islands erlauben kann, zu behaupten, dass die Banken im Land faktisch bankrott seien.
    – Aber wenn es wahr ist?
    – Ist egal. Es wird wahr, sobald die Leute es ernst nehmen.
    – Vielleicht gibt es keinen
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