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Dem Killer auf der Fährte

Dem Killer auf der Fährte

Titel: Dem Killer auf der Fährte
Autoren: Susan Conant
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erinnert mich an ein Zitat von Gloria Steinern.« Rita streckte die Arme aus, legte den Kopf in den Nacken, rollte ihn ein wenig hin und her und fuhr dann fort: »Weißt du, was sie über Marilyn Monroe gesagt hat? Sie sagte, Marilyn Monroe wäre die Darstellung einer Frau gewesen. Wir sind doch alle Frauendarstellerinnen.«
    »Joel ist es nicht. Aber gut, ich weiß, worauf du hinaus willst. Du meinst, Kelly war sogar noch mehr eine Darstellerin als die anderen, richtig? Joel hat auch so etwas in der Art gesagt. Und dann natürlich auch Donna Zalewski. Diese Geschichte mit dem Mißbrauch war eine andere Art von Darstellung, und ihre Rolle war die des Opfers.«
    Rita schüttelte den Kopf.
    »Nein?«
    »Holly, frag dich doch mal selbst: Wie kommt jemand denn dazu, sich genau diese Rolle auszusuchen?«
    »Oh Gott.«
    »Es ist immer so, bei einer Patientin wie Donna, einer Frau mit diesen Symptomen. Weißt du Holly, Menschen lügen nie. Alles was sie tun, ist, Einzelheiten zu verändern.«
    »Du meinst, es war ihr Vater?«
    »Mein Verdacht ist, daß es ein Onkel war, der gelegentlich im Haus der Familie gewohnt hat. Wir haben nie direkt darüber gesprochen. Ich hatte damals keine Zeit, sie zu behandeln, und ich wollte das Thema nicht in einem begrenzten Kontakt angehen. Ich habe das Gefühl, bei Joel ist das Problem dann aufgekommen, aber zu einem Zeitpunkt, als ihre Beziehung noch nicht stabil genug war, das auszuhalten, und sie ist in Panik geraten.«
    »Sie hat dir also nicht davon erzählt?«
    »Wahrscheinlich konnte sie sich nicht mehr daran erinnern.«
    »Aber wie kann jemand so etwas vergessen...?«
    »Manchmal ist die einzige Möglichkeit, ein solches Trauma zu überleben, daß man so tut, als hätte es nie stattgefunden«, erklärte Rita. »Und eine Zeitlang funktioniert das auch mehr oder weniger. Schutzmechanismen sind immer das, was für die Menschen einmal lebensnotwendig war. Und wie sollten sie auch die Folgen vorhersehen können? Woher soll ein Kind wissen, daß diese Mechanismen im späteren Leben jede Beziehung zu sich selbst und zu anderen Menschen verzerren und verhindern? Du wolltest doch eine Antwort, nicht wahr? Das ist sie: Was zählt, ist nicht die Anatomie, sondern sind die Beziehungen. Die Qualität der Beziehungen ist das Wichtigste überhaupt.«
     

  Kevins Budweiser-Dosen standen ein paar Wochen lang unangetastet in meinem Kühlschrank, aber ich warf seine in Plastik verschweißten Hamburger weg, als sie begannen, eine schleimig braun-violette Färbung anzunehmen und zerbröselte seine steinhart gewordenen Brötchen für die Vögel und Eichhörnchen im Garten. Zweimal ließ er mich in seine Dienststelle am Central Square kommen, und als er sich endlich bei mir zu Hause blicken ließ, bestand er darauf, daß wir uns im Wohnzimmer unterhielten. Dabei schalte ich die Wohnzimmerheizung nur ein, wenn ich Besuch erwarte, und dann dauert es noch mindestens eine Stunde, bis es einigermaßen warm im Zimmer geworden ist.
    »Also, mal sehen, ob ich das richtig verstanden habe«, sagte Kevin zum wahrscheinlich zehnten Mal an diesem Abend. Wir saßen beide auf der Couch, der einzigen Sitzgelegenheit im Wohnzimmer, außer dem Fußboden, aber dort wäre es sogar noch kälter gewesen.
    »Mir ist kalt«, sagte ich.
    »Dann hol dir einen Pullover.«
    »Das ist doch albern. Können wir nicht einfach vergessen, daß du dienstlich hier bist und uns in die Küche setzen, wo es schön warm ist?«
    »Er ist also vor dir die Treppe raufgerannt?«
    »Ja.«
    »Und ist in die Küche gelaufen. Du hast versucht, ebenfalls einzutreten, aber der Hund hat dich angebellt. Du bist dann an der Tür stehengeblieben.«
    »Ja.«
    »Und seit wann hast du plötzlich solche Angst vor Hunden?«
    »Kevin, die Hündin hat es ernst gemeint. Sie hat auch nicht gebellt, sondern geknurrt, und ihre ganze Haltung war so, daß ich nichts riskieren wollte. Und außerdem denk dran, ich war bereits einmal gebissen worden und brauchte das nicht noch mal.« Ich zeigte ihm meine Hand. Der Verband war inzwischen entfernt und die Fäden gezogen, aber man konnte die Narben noch gut sehen.
    »Und wie ist das passiert?«
    »Kimi hat mich gebissen, das ist alles. Es war meine eigene Schuld. Sie ist überhaupt nicht bösartig, sondern ich war nachlässig.«
    »Okay. Also, er geht in die Küche. Wie weit entfernt von ihm bist du stehengeblieben?«
    »Nicht sehr weit.«
    »Und als du bei der Tür ankommst, ist sie da geöffnet?«
    »Sie ist angelehnt.
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