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Hotel in Flammen

Hotel in Flammen

Titel: Hotel in Flammen
Autoren: Stefan Wolf
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1. Hilferuf aus Neuzell
     
    „Wahnsinn — wie mich das in den
Zwiespalt stürzt“, sagte Gaby drei Tage vor den Osterferien. „Einerseits gibt’s
da Jörg, diesen Kotzbrocken. Das ist Grund genug, sich Bad Neuzell nie zu
nähern. Andererseits fleht Tante Isa um Hilfe.“
    Verblüfft sahen ihre drei Freunde — Tim,
Karl und Klößchen - sie an.
    „Du hast dich schon mal deutlicher
ausgedrückt“, sagte Tim, der früher Tarzan genannt wurde.
    Klößchen nickte. „Im Januar war das. So
um den 20. herum. Ich erinnere mich.“
    Gaby funkelte ihn an. „Hahahah!“
    „Ssssst!“ Karl rief die Jungs zur
Ordnung. „Keine Witze! Merkt ihr denn nicht? Unsere Pfote steckt noch bis zum
Hals im Zwiespalt.“
    Er meinte das ganz spottfrei. Aber Gaby
empfand es als spöttisch und bohrte ihm den Ellbogen in die mageren Rippen.
    Karl japste wie Oskar, wenn der ein
gebratenes Huhn riecht, und seine Brillengläser beschlugen.
    „So kommen wir nicht weiter“, feixte
Tim. Besänftigend legte er beide Arme um Gaby. „Nun erzähl doch mal der Reihe
nach. Wer sind Jörg und Tante Isa? Bad Neuzell kenne ich — jedenfalls aus der
Zeitung. Steht immer unter REISE UND ERHOLUNG. Ein Kurort, nicht wahr?“
    Gaby schüttelte seine Arme ab.
    Ihr Gemütszustand war ‚zwiebelig’, wie
Klößchen schon in der ersten Pause festgestellt hatte.
    Jetzt befand man sich in der letzten,
und die Frühlingssonne tauchte den Pausenhof in ein Grellicht — vergleichbar
nur mit der Mittagsbeleuchtung zur Sommerzeit am Mittelmeer. Kurzum, es war
sonnig und hell.
    „Jaja, Bad Neuzell ist ein Kurort“,
fauchte Gaby. Aber dann lachte sie über sich selbst. „Tante Isa ist meine Tante
Isabel. Eine pfundige Person. Und natürlich habe ich euch längst von ihr
erzählt, aber eure Gedächtnisse werden ja von Tag zu Tag schlechter.“
    „Hm!“ Karl, bekannt für sein
Computer-Gehirn, räusperte sich. „Ich erinnere mich wirklich nicht. Ist ja auch
egal. Also: Die pfundige Tante Isabel, Isa geheißen, ist in Bad Neuzell und
ruft um Hilfe.“
    „Wird sie bedroht?“ erkundigte sich
Klößchen.
    „Nicht direkt. Jedenfalls nicht an Leib
und Leben“, antwortete Gaby. „Aber ihre Existenz ( Lebensgrundlage ) wird
unterhöhlt.“
    „Verstehe!“ nickte Tim. „Sie übt einen
aussterbenden Beruf aus.“
    „Das würde ich nicht sagen. Sie besitzt
ein Hotel.“
    „Jetzt weiß ich’s“, rief Tim. „Davon
hast du wirklich erzählt. Warst mit deinen Eltern mal dort - vor drei Jahren,
nicht wahr? Aber bei dir hieß es immer: Onkel und Tante. Gibt’s den Onkel nicht
mehr?“
    „Tante Isa hat sich scheiden lassen.
Mußte sein. Valentin Köschen sei der Irrtum ihres Lebens, sagt sie. Er sah
phantastisch gut aus — noch besser als der neue Zeichenlehrer. Aber er war und
ist ein Nichtstuer, der andere für sich arbeiten läßt, das Geld verschwendet
und zuviel Alkohol trinkt. Jörg ist sein Sohn. Valentin Köschen war schon mal
verheiratet. Aus der Ehe stammt der Typ. Also ist Tante Isa nur die
Stiefmutter.“
    Tim und Karl nickten. Sie hatten vollen
Durchblick. Nicht so Klößchen.
    „Komplizierte Verwandtschaft“, meinte
er. „Kaum zu begreifen.“
    „Ich erinnere mich“, sagte Gaby, „daß
du mal was kapiert Last, das fast genauso schwierig war. Im Januar muß das
gewesen sein. So um den 20. herum.“
    Die Jungs grinsten.
    Besorgt sah Tim zur Uhr. „Gleich
klingelt’s, und den Knackpunkt hast du noch immer nicht rausgelassen. Von wegen
Kotzbrocken und Hilferuf.“
    Gaby nickte. „Ich mache es kurz. Zum
Kotzbrocken: Jörg ist ekelhaft, faul und hinterhältig. Er wurde im Januar 18.
Bei der Scheidung vor zwei Jahren hat man ihn Tante Isa zugesprochen. Weil sie
in geordneten Verhältnissen lebt, hingegen Valentin Köschen in eine
Trinkerheilanstalt eingewiesen wurde. Aber genutzt hat das offenbar nichts.
Jörg wohnt noch immer bei Tante Isa. Sie fühlt sich verantwortlich für dieses
Ungeheuer - und wie ich sie kenne, ist sie riesig nett zu ihm. Er dankt es ihr,
indem er keinen Finger krumm macht, sondern nur rumgammelt. So ein Typ ist das
also, so ein mieser.“
    „Und“, fragte Tim, „der Hilferuf?“
    „Bad Neuzell erlebt zur Zeit einen
Super-Boom (Aufschwung). Weil dort eine Heilquelle entdeckt wurde, die
so ungefähr alles heilt. Von Fettsucht“, sie sah Klößchen an, „bis zum
Warzenbefall.“
    „Aber das untermauert die
Daseinsgrundlage für ein Hotel“, sagte Tim. „Du sprachst vom Unterhöhlen.“
    „Leider wird unterhöhlt,
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