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Dem Killer auf der Fährte

Dem Killer auf der Fährte

Titel: Dem Killer auf der Fährte
Autoren: Susan Conant
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präsentiert habe, und Tuck wedelte freundlich lächelnd mit dem Schwanz. Aber Nip verlor bald das Interesse, fing an, am Deckel des Milchbehälters zu schnuppern und öffnete ihn schließlich mit der Schnauze. Ich sagte ja schon, daß ich die Hundesprache spreche, und so verstand ich auch jetzt, was der Rüde sagte. Daß nämlich an dem Tag, als Kelly vor Elaines Tür stand und den Milchbehälter von Pleasant Valley öffnete, er, Nip, die Ausrede war, für den Fall, daß irgendjemand gefragt hätte, was sie da machte. Dann hätte sie geantwortet, sie würde nur den Hund zurückholen. Joel dagegen führte beide Hunde an der Leine, und nur Kelly hatte Nip frei herumlaufen lassen. Indem er nun den Milchbehälter öffnete, zeigte mir Nip, was Kelly getan hatte. »Kelly«, erklärte mir Nip laut und deutlich, »Kelly und nicht Joel.«
     
    Später erzählte mir Rita, daß die von Sheila Moss verbreiteten Gerüchte über Joel Baker verstummt seien, und daß er mehr Klienten habe als je zuvor. Und besonders die Frauen fänden ihn wunderbar, weil er so verständnisvoll und einfühlsam sei. Auch mit Paaren leiste er wundervolle Arbeit, wobei man es für seine besondere Stärke hielt, auf beinahe unheimliche Weise die Wahrnehmung sowohl des Mannes als auch die der Frau nachvollziehen zu können. Eines Tages traf ich Sheila Moss beim Fischhändler, und sie erzählte mir, daß sie nun kein Prozac mehr einnehme, sich aber phantastisch fühle, seit sie und Ben zusammen eine Therapie bei Joel angefangen hätten. Rita regte sich furchtbar auf, als ich ihr das erzählte. Sie fand es viel verwerflicher, daß Joel die Grenzen zwischen Klienten und Freunden verwischt hatte als die zwischen Mann und Frau.
    Rita erzählte außerdem, die Leute würden verstehen, daß Joel seit Kellys Selbstmord Angst davor habe, sich wieder zu binden, aber alle würden hoffen, daß er bald wieder eine neue Beziehung eingehen könne. Rita sagte, ein paar Leute hätten schon gemutmaßt, wann er wohl mit der Wahrheit über seine Homosexualität herausrücken würde.
    Und ich selbst war mir völlig sicher. Rita hat alles in die richtige Perspektive gerückt. Sie sagte, Freud hätte behauptet, Anatomie sei Bestimmung, aber das sei falsch. Und dann verstand ich es: Die Rasse eines Hundes ist nicht das Entscheidende. Die meisten Golden Retriever apportieren und gehorchen. Malamutes ziehen und gehorchen sich selbst. Aber was, wenn ich an den einen Malamute gerate, der sich wie ein Retriever verhält. An einen, der überhaupt nicht daran interessiert ist, einen Schlitten zu ziehen, sondern der
    Stöckchen fängt und sie mir vor die Füße legt. Würde ich darauf bestehen, ihm ein Geschirr anzulegen und ihn einen Schlitten ziehen lassen, weil ich mich dafür schäme, wie er wirklich ist, würde ich nur unsere Beziehung zerstören. Und wenn ich sein Fell goldgelb färben und versuchen würde, aus ihm einen Golden Retriever zu machen, würde er merken, daß ich mich für ihn schäme, und ich würde zulassen, daß diese Lüge die Beziehung zwischen uns und zu allen anderen zerstört.
    Aber angenommen, ich würde zu ihm sagen: »Na, du bist schon ein merkwürdiger Malamute. Aber, was soll's?« Seine Andersartigkeit wäre ganz in Ordnung, wenn ich sie nicht bekämpfen oder so tun würde, als gäbe es sie nicht. Er würde mit Leichtigkeit seinen C.D.X.-Titel machen, dann den U.D., den »Gebrauchshund« und schließlich, als Widerspruch in sich selbst, würde aus ihm der erste Alaskan Malamute mit einem Championtitel im Gehorsamkeitsturnier. Wir wären beide stolz auf uns, und jeder würde uns nach dem Geheimnis unseres Erfolges fragen. Und dieses Geheimnis wäre, daß wir kein Geheimnis haben.
    Als ich das Steve erklärt hatte, fragte er: »Hat Rita das wirklich so gesagt?«
    »Nein, aber sie hat es so gemeint«, antwortete ich, obwohl sie in Wahrheit immer findet, daß ich mit meinen Gleichnissen aus der Hundewelt die Dinge etwas trivialisiere. Aber das stimmt nicht. Hunde sind der fortdauernden Täuschung einfach nicht fähig, und diese übermenschliche Unfähigkeit ist alles andere als trivial.
    »Natürlich«, fuhr ich fort, »können sich die Hunde ihre Rasse nicht aussuchen, aber was, wenn sie es könnten? Wenn sich Joel wie ein Mann fühlt, wie ein Mann verhält und bloß körperlich kein Mann ist, warum sollte er dann vorgeben, eine Frau zu sein? Das wäre eine Täuschung gewesen. Und hätte er zulassen sollen, daß seine Frau wegen Mordes verhaftet wird? Hätte
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