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Das Unsterblichkeitsprinzip

Titel: Das Unsterblichkeitsprinzip
Autoren: Jeffrey Lang
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dass er seinen Gefühlschip nicht deaktivierte. Es ist wie mit einem Spektrum, begriff er.
      Am einen Ende des Spektrums sah er die Androiden von Exo III: unverändert seit hunderttausenden von Jahren, gefangen in Zorn und Stagnation – eine endlose Existenz ohne Bedeutung.
      Am anderen Ende stand der unsterbliche Waslowick, der sein Schicksal völlig unter Kontrolle zu haben schien. Doch mit seinem ewigen Leben konnte er nur fertig werden, indem er die Illusion von Sterblichkeit schuf und sich neue Identitäten zulegte, wenn das Gewicht der Zeit zu schwer wurde.
      Irgendwo dazwischen befanden sich die Menschen, Betazoiden, Klingonen und ein halbes Dutzend weiterer Völker, deren Angehörige zu Datas Freunden zählten – Sterbliche, die entgegen aller Vernunft beide Extreme beneideten. Irgendwie ertrugen sie ihr kurzes, chaotisches Leben, indem sie sich an einer universellen Maxime festklammerten:
      Jeder Moment zählt.
      Data hielt diesen Gedanken fest und betrachtete ihn eingehend, bevor er ihn freigab.
      Dann verstrich die Zeit wieder und er spürte Rheas Hand in der eigenen.
      Einzelne Segmente der Raumstation trieben fort ins All, wie die Schichten einer Zwiebel. An einigen Stellen entwich Gas und bildete dunstige Schwaden, die sich in der Leere des Weltraums verflüchtigten. Es brannten keine Feuer mehr und offenbar gab es auch keine Plasmalecks. Data fragte sich, ob er die Situation falsch eingeschätzt hatte. Vielleicht waren die Reaktoren deaktiviert worden, bevor kritische Kettenreaktionen einsetzen konnten.
      Dann blitzte es weiß. Das Vakuum des Alls übertrug natürlich keine Geräusche, aber der Lichtblitz war so hell, dass es in Datas visuellen Rezeptoren zu einer Überladung kam. Es folgte eine energetische Druckwelle, die ihn vom Rumpf des Androidenschiffes fortriss, aber zum Glück gelang es ihm, Rheas Hand festzuhalten. Er bewegte Arme und Beine, bemühte sich auf diese Weise, geschmeidig zu bleiben. Sein internes Gyroskop suchte nach einem Orientierungspunkt, aber ohne visuelle Hinweise gab es weder oben und unten noch rechts und links. Etwas traf ihn am Fußknöchel – ein Trümmerstück? –, dann an der Taille. Rhea, dachte er. Das muss Rhea sein. Sie drückte seine Hand. Data rang sich ein beruhigendes Lächeln ab, ohne zu wissen, ob sie ihn ansah, ob sein Gesicht in die richtige Richtung zeigte und ob Rhea überhaupt sehen konnte.
      Konturloses Grau herrschte um ihn herum, während er einen Reset der visuellen Rezeptoren durchführte. Daraufhin offenbarten sich ihm wieder Einzelheiten seiner Umgebung.
      Vor Data im All schwebte ein Feuerball, dessen Gleißen allmählich verblasste – Waslowicks Station existierte nicht mehr. Aber ihre Zerstörung hatte auch das Androidenschiff vernichtet, von dem die fatale Energiewelle ausgegangen war.
      Unter Data – oder über ihm; hier verloren solche Richtungsangaben ihren Sinn – befand sich das Raumschiff, dessen Außenhülle Rhea und er beschädigt hatten. Die Explosion der Raumstation schien es in Mitleidenschaft gezogen zu haben, aber es war noch immer manövrierfähig und wandte sich nun der Enterprise zu. Starke Strahlung ließ die Schilde des Föderationsschiffes blau glühen, aber abgesehen davon wirkte es völlig unbeeinträchtigt.
      Data drehte den Kopf, sah über die Schulter und war nicht überrascht, als Odin die Hälfte seines Blickfelds ausfüllte. Sie befanden sich im Gravitationsschacht des Planeten und Data glaubte zu spüren, wie die Schwerkraft an ihm zerrte, ihn schneller werden ließ. Er wusste, dass ihnen ein rascher Tod bevorstand. Der atmosphärische Druck würde schnell zunehmen und ihre Körper zusammenpressen. Vielleicht blieben ihm während des Sturzes noch einige Sekunden Zeit, um die rätselhaften silbernen Bänder zu analysieren…
      Data sah wieder zur Enterprise und stellte erstaunt fest, dass er sie – sein Zuhause – nie zuvor auf diese Weise gesehen hatte: bewegungslos im All, vor dem Hintergrund der Sterne.
      Er kannte ihren Anblick im Raumdock, gehüllt ins Licht von Lampen. Aber jetzt sah er sie zum ersten Mal in ihrer »natürlichen« Umgebung und bemerkte ein verblüffendes ästhetisches Element. Mit ihrer stillen, eleganten Schönheit wirkte die Enterprise fast organisch.
      Rhea schloss ihre Finger fester um seine Hand und streckte den anderen Arm aus. Data war so sehr von der erhabenen Eleganz der Enterprise beeindruckt gewesen, dass er übersehen hatte, wie sich der
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