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Das Unsterblichkeitsprinzip

Titel: Das Unsterblichkeitsprinzip
Autoren: Jeffrey Lang
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sich zu konzentrieren.
      Erneut überprüfte er das Seil und sah dann auf die Anzeigen der Antigravmodule. Beim rechten leuchtete die Ladeanzeige in einem satten Grün, doch beim linken blinkte sie gelb. Um die Geräte zu testen, stieß sich Soong kurz von der Felswand ab und spürte dabei ein Zittern. Das gefällt mir nicht, dachte er. Eigentlich sollten sich die Batterien gleichmäßig entladen und dadurch Stabilität gewährleisten. Wahrscheinlich ist die Kälte dafür verantwortlich, überlegte er. Die Antigravmodule waren nicht für den Einsatz bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt vorgesehen.
      Aber derzeit ist noch alles in Ordnung, dachte Soong. Ein Grund mehr, diese Sache schnell zu beenden. Er justierte die Antigravmodule auf volle Leistung, löste dann die Sperre am Seil und reduzierte anschließend das energetische Niveau der Agravs. Er sank sechs Meter weit in die Tiefe, fand dort einen Halt für die Füße und schaltete die Antigravmodule erneut auf volle Leistung. Verdammt, diese Handschuhe taugen nichts! Er sah nach unten und versuchte, irgendetwas zu erkennen, während der Lichtkegel der baumelnden Lampe über den Felsen strich. Der Sims sollte sich sechs Meter unter ihm befinden. Moment mal. Was ist das? Er bemerkte etwas Sonderbares, das er nicht einordnen konnte.
      Soong versuchte, ein Stück seitwärts zu klettern, um das Etwas aus einem anderen Blickwinkel zu sehen, aber die Felswand war zu glatt. Es würde mir sehr helfen, wenn ich wüsste, wonach es Ausschau zu halten gilt, dachte er verärgert, aber in dieser Hinsicht war Waslowick verschlossen gewesen.
      »Sie wissen es, wenn Sie es sehen«, hatte er gesagt. »Falls Sie es sehen. Konzentrieren Sie sich zunächst darauf, den Boden der Schlucht zu erreichen, sodass wir dort Strukturverstärker aufstellen können. Sobald das geschehen ist, beamen wir die Computer hinunter, errichten eine Unterkunft, bereiten die Sensoren vor und machen uns ernsthaft an die Arbeit. Ich wäre recht überrascht, wenn Ihnen auf dem Weg nach unten etwas auffällt.« Es war der bis dahin längste Kommentar Waslowicks Soong gegenüber gewesen, und etwas an der Ausdrucksweise des ernsten, grauhaarigen Mannes bewirkte, dass man alles, was er sagte, sehr, sehr persönlich nahm. Er wandte nie den Blick von seinem Gesprächspartner ab, der seinerseits schon nach wenigen Sekunden den Wunsch verspürte, woanders hinzusehen. Es erforderte Willenskraft, Waslowick zuzuhören.
      »Warum beamen wir uns nicht direkt auf den Boden der Schlucht?« Soong hatte in Erwägung gezogen, diese Frage zu stellen, sich dann aber dagegen entschieden. Wenn eine solche Möglichkeit existiert hätte, wäre Waslowick bestimmt bereit gewesen, sie zu nutzen. Die Sensoren des Schiffes bestätigten Soongs Verdacht: Jener Ort zeichnete sich durch einen sonderbaren Aspekt aus. Die Sensoren – und es waren gute Sensoren – konnten die Interferenzen des betreffenden Bereichs nicht durchdringen. Vielleicht lag es an Ablagerungen von Mineralien oder niederenergetischer Strahlung… Irgendetwas schirmte die Sensorsignale ab. Soong versuchte, nicht zu sehr darüber nachzudenken. Was auch immer der Fall sein mochte: Ein Transfer ohne Strukturverstärker war sehr riskant. »Als ob dies nicht riskant wäre«, murmelte er.
      »Was haben Sie gesagt, Soong?«, fragte Graves.
      »Nichts, Ira. Ich habe nur Luft geholt.«
      Er ließ erneut die Gedanken treiben. Na schön, Noonien, konzentrier dich. Geh so vor, wie es dich dein Vater lehrte.
      Orientiere dich, justiere die Antigravmodule auf volle Leistung, löse die Sperre des Seils… Er stieß sich vorsichtig von der Felswand ab und musste plötzlich feststellen, dass ihn auf der linken Seite nichts mehr hielt – das Antigravmodul versagte. Er hoffte, dass die Sperre automatisch reagierte und das Seil festhielt, aber er hatte bereits begonnen, in die Tiefe zu sinken.
      Soong griff nach dem Seil, streckte sich und versuchte, irgendwo an der Felswand mit den Füßen Halt zu finden. Er war schon ein-oder zweimal in eine solche Situation geraten, wie jeder, der regelmäßig kletterte. Es ließ sich nicht vermeiden – irgendwann versagte die Ausrüstung. Doch bei den anderen Gelegenheiten hatte Soong einen erfahrenen Bergsteiger über sich gewusst, den er kannte und dem er vertraute – für gewöhnlich sein Vater –, der das Seil überwachte und sicherte.
      »Soong! Soong«, rief Graves so laut, dass er fast das Seil losgelassen hätte, um
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