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Das Millionen-Bewußtsein

Das Millionen-Bewußtsein

Titel: Das Millionen-Bewußtsein
Autoren: Gordon R. Dickson
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1.
     
    Am Abend des dritten Tages, als wir bei Sonnenuntergang durch eine Herde Nilpferde hindurchfuhren, stand urplötzlich, von mir nicht geahnt und nicht gesucht, das Wort »Ehrfurcht vor dem Leben« vor mir. Nun war ich zu der Idee vorgedrungen, in der Welt- und Lebensbejahung und Ethik miteinander enthalten sind! Nun wußte ich, daß die Weltanschauung ethischer Welt- und Lebensbejahung samt ihren Kulturidealen im Denken begründet ist.
    AUS MEINEM LEBEN UND DENKEN
    Albert Schweitzer
     
    Chaz Sant kämpfte gegen den Ärger an, der in ihm tobte. Er wußte genau, daß er die besonderen Fähigkeiten besaß, die paranormalen Tests zu bestehen. Und doch war es ihm wieder nicht geglückt. Er hatte während des letzten Teils der Prüfung das Gefühl gehabt, etwas, jemand, habe ihn mit voller Absicht blockiert.
    Ein plötzliches Kreischen der Waggonbremsen und der heftige Druck, während der Zug langsamer wurde, rissen ihn aus seinen Gedanken. Er hob den Kopf und blickte sich um. Auch alle anderen in dem zum Bersten gefüllten Wagen starrten erschrocken um sich. Immer noch schrillten die Bremsen. Der Druck nahm zu und preßte ihre aufrechtstehenden Körper fest gegen die Schutzgurte.
    Mit einem atemraubenden Ruck hielt der Zug. Einen Herzschlag lang herrschte absolute Stille, dann hörte man deutlich, wenn auch schwach, zwei entfernte Explosionen, die zweifellos außerhalb ihres sterilversiegelten Waggons – dem mittleren des 18 Uhr 15 Berufsverkehrsonderzugs von Chicago nach Wisconsin Dells – stattgefunden hatten.
    Eine Sturmflut von durcheinanderbrüllenden Stimmen brach die unnormale Stille. Jeder in den zweihundertvierzig Schutzgurten des Waggons schien gleichzeitig den Mund geöffnet zu haben und sich laut Gedanken zu machen, was geschehen sein mochte. Chaz war in einer der Halterungen direkt am Fenster angegurtet, das die ganze rechte obere Seite des Wagens ausmachte, aber er konnte durch die Doppellage des Sicherheitsglases nichts Ungewöhnliches sehen. Im Dämmerlicht des nahenden Abends lag lediglich die unkrautüberwucherte unsterile Herbstlandschaft vor ihm. Vielleicht war es früher einmal fruchtbares Farmland gewesen, aber nun wiegten sich nur ein paar Espenschößlinge im Wind, und vereinzelte Sträucher der tödlichen goldenen Jobsbeere verliehen dem krankhaften Braun ein wenig Farbe.
    »Sabotage«, murmelte eine hagere Frau in den Schutzgurten links neben Chaz. »Sie suchen sich immer den Heimkehrerzug dafür aus. Sicher sind die Gleise aufgerissen, und irgendwie wird die Versiegelung brechen und man wird uns nie mehr in die Dells zurücklassen.«
    Rote Flecken glühten auf ihren Wangen. Sie schloß die Augen, und ihre Lippen bewegten sich stumm in irgendeinem Gebet oder Beruhigungsritual. Sie war vermutlich Anfang Vierzig und früher einmal zweifellos attraktiv gewesen.
    Nach einer Minute kaum erträglichen Stimmengewirrs ruckte der Zug, fuhr an und nahm langsam wieder Geschwindigkeit auf. Als der mittlere Waggon um eine Kurve bog, sah Chaz den Grund ihres Anhaltens.
    Rechts böschungabwärts von den Gleisen lag umgekippt einer der alten Eisenbahnreparaturkarren. Vermutlich stammte er aus einem der unsterilen Museen. Er war mit einer Anzahl von Pappschachteln beladen gewesen, die nun um ihn herum verstreut lagen und höchstwahrscheinlich Sprengstoff enthielten. Aller Wahrscheinlichkeit nach hatte der Saboteur – ein dürrer Mittvierziger –, der daneben lag, versucht, den Zug zu rammen. Die Explosionen, die sie im Waggon gehört hatten, mußten durch das computergelenkte 75-mm-Geschütz ausgelöst worden sein. Einer der beiden Schüsse hatte lediglich ein tiefes Loch rechts neben den Gleisen gebohrt, der andere jedoch die Räder auf einer Seite der Draisine abgemäht und sie mitsamt Fahrer und Ladung über die Böschung geschleudert. Der Sprengstoff in den Kartons hatte nicht gezündet, vielleicht war er schon zu alt gewesen. Möglicherweise hatte ein Schädelbruch den Saboteur getötet, denn eine äußere Verwundung war nicht zu erkennen. Jedenfalls lag er reglos mit offenen Augen auf dem Rücken in der Nähe der Draisine. Er hatte sonnengebräunte, von Wind und Wetter ausgedörrte Haut, mit den roten Flecken am Hals, die ein sicheres Zeichen dafür waren, daß er sich bereits im letzten Stadium der Jobsbeerseuche befand.
    Die Frau links von Chaz schüttelte sich. Ihr Gesicht hatte nun jede Farbe verloren. Die wieder geöffneten Augen starrten auf den Toten.
    »Ganz sicher hat er weiter vorn
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