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Das Ende eines Dämons

Das Ende eines Dämons

Titel: Das Ende eines Dämons
Autoren: Hugh Walker
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1.
    Die Auseinandersetzung mit Ottan war ein deutliches Zeichen, daß viele in der Großen Horde andere Vorstellungen über Weg und Ziel und Führung hatten.
    Nottr sah nur einen Gegner: die Priester der Caer und ihre dunklen Kräfte. Er suchte Verbündete für diesen großen Kampf.
    Die Lorvaner kümmerten diese Pläne ihres Anführers wenig. Sie zogen in den Westen, um zu kämpfen, zu plündern und mit Beute in die Wildländer zurückzukehren.
    Sie wollten auch keine Verbündeten, weil zum einen sich verbünden soviel bedeutete wie seine Beute teilen zu müssen, und zum anderen man leicht die Übersicht verlor, wen man eigentlich zu guter Letzt noch plündern durfte.
    Ein weiterer Grund der wachsenden Unzufriedenheit: mit Ausnahme der Kundschaftertrupps und der Vorhut waren viele der Stämme im Hauptteil der Horde seit vielen Wochen unterwegs und hatten mit ihren Waffen kaum mehr getan, als sie in Abständen mit ranzigem Fett einzuschmieren, damit sie nicht rosteten.
    Ottans gewaltiger Sieg über Maer O’Braenns Heer am Broudan-See war mit Begeisterung aufgenommen worden. Die, die fluchten, taten es nur, weil sie nicht dabei gewesen waren.
    Nottr wußte, sie wollten nun eine ähnliche Chance. Und wenn er sie ihnen nicht gab, mochte es geschehen, daß die Große Horde zerfiel, bevor sie ihren ersten wirklichen Schlag tun konnte.
    Daß die Alten und Kinder, die schwangeren Frauen und Verwundeten die Horde verließen, erfüllte viele mit Erwartung, denn es konnte nur bedeuten, daß Kämpfe bevorstanden.
    In Begleitung von dreihundert Jägern und Kriegern zogen die fast tausend kampfunfähigen Lorvaner nordwärts zum Berg der Gesichter, den Nottr als eine sichere Bastion ausgekundschaftet hatte.
    Dem Rat der Häuptlinge und Schamanen, den Nottr einberief, sahen alle mit Spannung entgegen.
    Sie standen endlich, nach diesem langen Marsch, an den Grenzen Dandamars und Ugaliens. Die Caer hatten eine empfindliche Schlappe erlitten und waren auf der Flucht. Es würde nicht viel Widerstand geben. Sie würden viel Beute machen.
*
    Aber als der Rat zusammentrat, fehlten Ottan und sechsunddreißig Häuptlinge. Urgats Späher berichteten Nottr, daß Ottans Lager verlassen lag. Eine breite Fährte führte zur Silda. Sie mußten sie bei Sonnenaufgang bereits überquert haben - wenigstens dreitausend Krieger; alle, die Ottan in die Schlacht gefolgt waren und einige kleinere Stämme aus der Hauptmacht der Horde.
    Nottr ballte die Fäuste. Er hatte befürchtet, daß Ottan diesen Schritt wagen könnte, aber er hatte es nicht so bald erwartet.
    Bevor er die Sache noch überdenken und eine Entscheidung treffen konnte, kam Grogg, der Schamane der Kirguisi, in Begleitung dreier Viererschaften ins Versammlungslager geritten.
    Nottr nahm ihn zur Seite.
    »Ich hatte dich gestern erwartet, Grogg.«
    »Du sagtest, wenn mein Stamm mich entbehren kann, Hordenführer«, erwiderte Grogg, und es klang entschuldigend.
    Nottr nickte. »Was ist geschehen, Grogg?«
    »Ottan hat die Horde wieder verlassen…«
    »Weshalb?«
    »Er hat nie gelernt, sich jemandem zu beugen. Der einzige, der ihn je ein wenig gelenkt hat, war ich… weil er meine überlegene Kraft anerkennt…«
    »Und die anderen?«
    Grogg zuckte die Schultern. »Sie sind mit ihm gegangen.«
    »Was hat er ihnen versprochen?«
    »Nichts. Er hat lediglich gesagt, daß er Ugalien plündern wollte, weil er es satt hätte, daß man ihm das Recht des Jägers streitig machte.«
    Nottr nickte grimmig. »Er war sich ihrer sehr sicher.«
    »Das mag sein«, erwiderte Grogg gleichmütig. »Der Sieg hat ihn zu einem wichtigen Mann gemacht - und er ist einer, der mit dem Schwert denkt, wie die meisten der Horde.«
    Nottr nickte erneut. Er wußte, daß Grogg recht hatte. »Und du?«
    »Ich bin hier, weil du nach meinem Rat verlangt hast, Hordenführer. Aber ich glaube nicht, daß ich dir einen Rat geben kann. Ich bin kein Schamane, auch wenn sie es von mir sagen. Vielleicht war ich es… eine Weile. Ich bin nur Grogg, und mein Platz ist an Ottans Seite.«
    Nottr sah ihn enttäuscht an.
    »Sag mir, was mit Corenne geschehen ist.«
    »Sie starb«, erklärte Grogg.
    »Und Dilvoog?«
    Grogg zögerte. Dann gab er sich einen Ruck. »Ich war Dilvoog. Ich… glaube… daß ich es war…«
    »Ja, du warst es«, stimmte Nottr zu. »Calutt erkannte es.«
    »Es muß wohl so sein. Ohne ihn wäre ich tot. Er heilte meine Pfeilwunde, von der kein Sterblicher genesen wäre. Ohne ihn hätten wir diese Schlacht nicht
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