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Das Katastrophenprinzip.

Das Katastrophenprinzip.

Titel: Das Katastrophenprinzip.
Autoren: Stanislaw Lem
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beleuchten, dann betrüge die mittlere Entfernung zwischen zwei bewohnten Planeten fünf Lichtjahre. Das kann jedoch nicht sein, weil die Sterne in der Nähe des Korotationskreises nicht gleichmäßig im Raum verteilt sind; dabei muß man Sterne mit entstehenden Planeten eher innerhalb der Spiralarme erwarten, während man Sterne, in deren Planetenfamilie zumindest ein Planet ist, auf dem die Evolution von Leben ohne verheerende Störungen abläuft, eher im leeren Raum zwischen den Armen zu suchen hätte, weil sie dort langfristig gegen stellare Katastrophen abgeschirmt sind. Die meisten Sterne finden sich indessen in den Armen, wo sie am dichtesten konzentriert sind.
    Bei der Ausschau nach Signalen einer »außerirdischen Vernunft« müßte man sich also auf den Bogen des Korotationskreises vor und hinter der Sonne, innerhalb der galaktischen Ebene, konzentrieren, also zwischen den Sternbildern Perseus und Schütze, denn dort könnten sich Sterne befinden, die ähnlichwie unsere Sonne die Passage durch einen Spiralarm bereits hinter sich haben und sich nun – zusammen mit unserem System – in dem leeren Raum zwischen den Armen bewegen.
    Eine weitere Überlegung zeigt indessen, daß diese einfachen statistischen Erwägungen, die wir ausprobiert haben, nicht viel taugen.
    Kehren wir noch einmal zurück zur Rekonstruktion der Geschichte der Sonne und ihrer Planeten. An der Schnittstelle mit dem Korotationskreis haben die Spiralarme eine Dicke von rund 300 Parsek. Die protosolare Gaswolke, deren Umlaufbahn sieben bis acht Grad gegen die galaktische Ebene geneigt ist, drang zum ersten Mal vor rund 4,9 Milliarden Jahren in einen Spiralarm ein. Während dreihundert Millionen Jahren, in denen sie die ganze Dicke des Arms durchwanderte, war sie stürmischen Bedingungen ausgesetzt, doch seit sie den Arm verlassen hat, durchwandert sie eine stille Leere. Diese Wanderung dauert deshalb länger als der Durchgang durch den Arm, weil der Korotationskreis, in dessen Nähe die Sonneumläuft, die Spiralarme unter einem spitzen Winkel schneidet, so daß der Bogen der Umlaufbahn der Sonne zwischen den Armen länger ist als der Bogen innerhalb eines Arms.

    Die Zeichnung (nach L. S. Maročkin, Priroda Nr. 6, Moskau 1982) zeigt das Schema unserer Galaxie, den Radius des Korotationskreises sowie die Bahn, auf der das Sonnensystem den Kern der Galaxie umkreist. Die Geschwindigkeit, mit der die Sonne einschließlich ihrer Planeten sich relativ zu den Spiralarmen bewegt, ist Gegenstand einerKontroverse. In dem abgebildeten Schema hat unser System bereits beide Arme durchwandert. Wenn es so gewesen ist, dann hat es sich bei der ersten Passage um eine Gas- und Staubwolke gehandelt, die erst beim Durchwandern des zweiten Spiralarms endgültig zu kondensieren begann. Die Streitfrage – ob wir es mit einem oder mit zwei Durchgängen zu tun haben – ist für das uns interessierende Problem unerheblich, denn dabei geht es um das Alter der Wolke, also darum, wann sie sich zu bilden begann, und nicht darum, wann ihre Fragmentierung einsetzte und sie also in das Stadium der Astrogenese eintrat. In ähnlicher Weise bilden sich auch heute noch Sterne. Eine isolierte Wolke kann sich nicht durch Gravitation zu einem Stern zusammenziehen, denn da sich (nach den Gesetzen der Dynamik) der Drehimpuls erhält, würde sie mit schrumpfendem Radius immer schneller rotieren. Am Ende würde ein Stern entstehen, der am Äquator mit einer Geschwindigkeit rotiert, welche die Lichtgeschwindigkeit übertrifft, und das ist unmöglich. Längst ehe es dazu käme, würden die Zentrifugalkräfte ihn in Stücke reißen. Soentstehen denn auch die Sterne in Haufen aus einzelnen Fragmenten einer Wolke, in Prozessen, die zunächst langsam ablaufen und dann immer turbulenter werden. Die Fragmente der Wolke, die sich während der Kondensation zerstreuen, übernehmen einen Teil des Drehimpulses der jungen Sterne. Wollte man von der »Ergiebigkeit der Astrogenese« im Sinne des Verhältnisses zwischen der Masse der ursprünglichen Wolke und der Gesamtmasse der aus ihr entstandenen Sterne sprechen, so wäre diese Ergiebigkeit gering. Eine Galaxie ist somit ein »Produzent«, der mit dem Anfangskapital an Materie sehr verschwenderisch umgeht. Allerdings beginnen nach einer gewissen Zeit die zerstreuten Teile der Wolken, aus denen Sterne entstanden sind, sich erneut durch Schwerkraftwirkung zusammenzuziehen, und der Prozeß wiederholt sich.
    Die Fragmente der Wolke, die zur
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