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Das Katastrophenprinzip.

Das Katastrophenprinzip.

Titel: Das Katastrophenprinzip.
Autoren: Stanislaw Lem
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    Einleitung
    Bücher mit solchen oder ähnlichen Titeln erscheinen erstmals gegen Ende des 20. Jahrhunderts, doch das Weltbild, das sie vermitteln, verbreitet sich erst im folgenden Jahrhundert, als die Entdeckungen, die in weit voneinander entfernten Wissenschaftszweigen aufkeimen, sich zu einem Ganzen zusammenfügen. Aus diesem Ganzen ergibt sich, um es vorweg zu sagen, eine antikopernikanische Wende in der Astronomie, durch die unsere Vorstellungen über den Platz, den wir im Universum einnehmen, umgestoßen werden.
    Während die vorkopernikanische Astronomie die Erde in den Mittelpunkt der Welt gerückt hatte, stieß Kopernikus sie ausdieser bevorzugten Position, denn er entdeckte, daß die Erde einer von vielen Planeten ist, welche die Sonne umkreisen. Säkulare Fortschritte der Astronomie bekräftigten die kopernikanische Regel, nach der nicht nur die Erde kein zentraler Körper des Sonnensystems ist, sondern vielmehr dieses ganze System sich am Rande unserer Galaxie, der Milchstraße, befindet; es stellte sich heraus, daß wir innerhalb des Kosmos »irgendwo«, im Vorort eines x-beliebigen Sterns, wohnen.
    Während die Astronomie die Evolution der Sterne erforschte, erkundete die Biologie die Evolution des Lebens auf der Erde, bis die Entwicklungswege dieser Forschungen sich schließlich trafen oder vielmehr gleich den Zuflüssen eines Stroms vereinigten, denn die Astronomie machte sich die Frage nach der Verbreitung des Lebens im Kosmos zu eigen, während die theoretische Biologie sie darin unterstützte, und so entstand in der Mitte des 20. Jahrhunderts das erste Programm der Suche nach außerirdischen Zivilisationen unter der Bezeichnung CETI (Communication with Extraterrestrial Intelligence). Jahrzehntelang betrieb man dieseSuche mit immer besseren und immer mächtigeren Apparaturen, doch wurden weder fremde Zivilisationen entdeckt, noch fand man auch nur die geringste Spur von Radiosignalen von ihnen. Damit war das Rätsel des Silentium Universi aufgeworfen. In den siebziger Jahren gelangte das »Schweigen des Kosmos« in die breitere Öffentlichkeit und erregte einiges Aufsehen. Die Unentdeckbarkeit »anderer vernunftbegabter Wesen« wurde für die Wissenschaft zu einem unfaßbaren Problem. Die Biologen hatten bereits die physikalisch-chemischen Bedingungen festgelegt, unter denen aus unbelebter Materie Leben entstehen kann – und das waren durchaus keine ungewöhnlichen Bedingungen. Die Astronomen zeigten, daß es in der Umgebung der Sterne zahlreiche Planeten gibt. Beobachtungen bewiesen, daß ein erheblicher Teil der Sterne unserer Galaxie Planeten besaß. Damit drängte sich der Schluß auf, daß im Verlaufe typischer kosmischer Wandlungen relativ häufig Leben entsteht, daß seine Evolution eine natürliche Erscheinung im Kosmos sein muß und daß die Krönung des Entwicklungsbaumes derGattungen durch die Entstehung vernunftbegabter Wesen ebenfalls im Rahmen des Üblichen liegt. Diesem Bild eines bewohnten Kosmos widersprachen indessen die immer wieder vergeblichen Versuche, außerirdische Signale zu empfangen, obwohl eine wachsende Zahl von Observatorien jahrzehntelang nach ihnen suchte.
    Nach den Erkenntnissen der Astronomen, Biochemiker und Biologen war der Kosmos voll von Sternen, die der Sonne ähneln, und voll von Planeten, die der Erde gleichen, so daß sich dem Gesetz einer so großen Zahl gemäß das Leben auf unzähligen Globen hätte entwickeln müssen, aber das Abhorchen nach Radiosignalen zeigte überall eine leblose Öde.
    Die Wissenschaftler, die im Programm CETI und anschließend im Programm SETI (Search for Extraterrestrial Intelligence) zusammenarbeiteten, entwarfen verschiedene Ad-hoc-Hypothesen, um das kosmische Vorkommen von Leben mit dessen kosmischem Schweigen in Einklang zu bringen. Zunächst behaupteten sie, der durchschnittliche Abstand zwischen den Zivilisationenbelaufe sich auf fünfzig bis hundert Lichtjahre. Nach weiteren Überlegungen mußten sie diesen Abstand auf sechshundert und schließlich auf tausend Lichtjahre hinaufsetzen. Gleichzeitig entstanden Hypothesen über die Selbstzerstörung der Vernunft; so stellte von Hörner zwischen der »psychozoischen Dichte« und der Leblosigkeit des Kosmos einen Zusammenhang her durch die Behauptung, daß jede Zivilisation vom Selbstmord bedroht sei, wie er ähnlich der Menschheit in einem Atomkrieg drohe, so daß die organische Evolution
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