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Das Grauen in den Bergen

Das Grauen in den Bergen

Titel: Das Grauen in den Bergen
Autoren: Fred Ink
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nur ein Brief. Eine simple Nachricht. Verglichen mit dem Rest des Erbes nahezu wertlos.«
    »Tut mir leid, Mr. Usher, aber …«
    »Auf welche Summe beläuft sich das Erbe?«
    Unfassbar, dass mir diese Frage erst jetzt in den Sinn kam, was? Aber wie ich inzwischen weiß, verkommt Geld angesichts privater Verluste und eines Mahlstroms unterschiedlichster Gefühle endgültig zur Nebensache.
    Ohne mit der Wimper zu zucken, entgegnete Vanderbilt: »Rund zehn Millionen Dollar.«
    Ich schluckte. »Na schön. Wenn Sie mir den Brief jetzt sofort aushändigen, können Sie zehn Prozent der Summe zu Ihrem Honorar addieren. Wie klingt das für Sie?«
    Der Notar sagte lange nichts. Seinem Pergamentgesicht war keinerlei Emotion zu entnehmen. Schließlich griff er abermals in einige Schubladen und setzte ein neues Schriftstück auf. Ich unterzeichnete an der Stelle, die er mir zeigte, worauf er lächelnd verkündete: »Es ist eine Freude, mit Ihnen Geschäfte zu machen, Mr. Usher.«
    Und so bekam ich den Brief.

- Ein Brief und ein Geständnis -
     
    Mein Sohn,
     
    da du dies liest, hast du meinem letzten Wunsch entsprochen und getan, was ich nie konnte. Vielen Dank! Ich bin mir sicher, dass Unmengen von Fragen dein Herz belasten. Mit etwas Glück vermag dieses Schreiben die drängendsten davon zu beantworten.
    Zunächst möchte ich dir eines versichern: Deine Mutter und ich haben dich stets geliebt. Vermutlich wirst du dies angesichts deines schwierigen Lebensweges kaum glauben, doch wir konnten unserer Zuneigung am ehesten Ausdruck verleihen, indem wir dir fernblieben. Du musst wissen, dass wir uns mit einer recht seltsamen und gefährlichen Angelegenheit befasst haben. Diese Angelegenheit war es, derentwegen wir dich der Obhut eines Heims überließen. Und sie ist der Grund für das verfrühte Ableben deiner Mutter. Was mich angeht, so plane ich zwar, meinem Leben selbst ein Ende zu setzen, doch wird dafür letztendlich auch die erwähnte Angelegenheit verantwortlich sein.
    Wovon ich spreche, brauchst du nicht zu wissen. Die Sache könnte dich genauso vereinnahmen, wie sie es mit uns getan hat, und das möchte ich mit aller Macht verhindern. Du hast unser Haus vernichtet, was hoffentlich bedeutet, dass du niemals erfahren wirst, was wir in jenem gottverlassenen Dorf gesucht haben. Gräme dich jetzt nicht, denn es war das einzig Richtige, alles zu verbrennen. Ich weiß das seit langer Zeit, doch war die Obsession stets stärker als mein Wille, das Rechte zu tun.
    Lass mich dir sagen, dass du von edlem Geblüt bist, Junge. Dein Ur-Ur-Urgroßvater war der Graf von Coldlowe, damals, in der alten Heimat. Der Titel ist inzwischen freilich bedeutungslos geworden, allerdings sorgte der Reichtum der Coldlowes dafür, dass die Nachkommen des Grafen stets in Wohlstand leben und zahlreiche Annehmlichkeiten genießen konnten. Ich hoffe, dass du trotz deiner Krankheit und den damit verbundenen Strapazen deine edle Abstammung spüren konntest. Die Coldlowes sind ein nobles Geschlecht, voller Würde, Kraft und Hartnäckigkeit; und es würde mich mit Stolz erfüllen, in dir diese Eigenschaften fortbestehen zu sehen. Allerdings solltest du die Coldlowe’schen Tugenden auf andere Ziele als die Enträtselung unserer Geheimnisse richten. Es ist nun alles Asche, und so soll es auf ewig bleiben.
    Leider war es notwendig, dass der Waisenknabe, zu dem wir dich machten, namenlos war. Ansonsten wärest du uns mit Sicherheit auf die Schliche gekommen. Eine Spende an das Heim sorgte dafür, dass dein neuer Name einigermaßen wohlklingend war. Und was das Vermögen der Coldlowes angeht … ich fürchte, meine verbissene Suche hat einen großen Teil davon verschlungen, doch es sollte genug übrig sein, um den Rest deines Lebens weniger strapaziös und unangenehm werden zu lassen als die vergangenen Jahre.
    Ich möchte es noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Lass unsere Suche ruhen! Sie hat deinen Großvater in den Wahnsinn getrieben, deine Mutter aufgefressen und mich die Pistole laden lassen, die während des Schreibens neben mir liegt. Ich bekomme es nicht aus meinem Kopf, verstehst du? Es hat von mir Besitz ergriffen, darum war es mir unmöglich, die Früchte meiner Arbeit selbst zu vernichten und ich musste dich damit belasten.
    Deine Mutter und ich fühlten uns wie Schatzjäger, doch war der Pfad zu tückisch für uns. Was wir gesucht haben, ist nicht für eines normalen Menschen Hand bestimmt. Es schadet dem Geist. Deine Krankheit wurde von dem
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