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Das Grauen in den Bergen

Das Grauen in den Bergen

Titel: Das Grauen in den Bergen
Autoren: Fred Ink
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Knall. Gleißendes Licht erfüllte für einen Wimpernschlag den Gang. Henrys Gesicht war verzerrt; der Wahnsinn hatte kräftige Finger in das Fleisch gepresst und schob es an die falschen Stellen.
    »Sie haben es gewusst! Sie haben sie umgebracht!«
    Erneut feuerte er eine Kugel ab, um sich zu orientieren. Er war nun ganz nah; ich konnte den Speichel sehen, der von seinen Lippen flog.
    Das Tor! Rasch warf ich mich nach hinten. Noch ein, zwei Bewegungen und es konnte sich hinter mir schließen. Gleich …
    Ein schwerer Stiefel traf meine Brust und presste mich auf den Boden. Henrys fleischige Hand tastete nach meinen Haaren und grub sich hinein. Einmal mehr wurde Metall auf meine Stirn gepresst, nur war es diesmal brennend heiß. Ich schrie auf.
    »Ich hätte Sie schon in der Hütte erschießen sollen«, flüsterte Henry mir ins Ohr. »Sie verdammtes Schwein!«
    »Sie sind ein Idiot«, keuchte ich. »Ich habe Sie mehrmals gewarnt, aber Sie wollten nicht auf mich hören. Nun sind wir beide verloren.«
    »Oh nein.« Er holte tief Luft. »Ich werde hier herausfinden. Aber Sie, Sie werden dieses Ding nicht mehr lebend verlassen, dafür sorge ich.«
    Ich fühlte, wie sein Körper sich anspannte.
    Ehe er abdrücken konnte, fuhr ein Beben durch die Wände. Über uns dröhnte es, eine gewaltige Luftbewegung blies mir Staub ins Gesicht. Ein furchtbares Geräusch erklang, wie von einem riesigen Löffel, der auf ein überdimensionales Frühstücksei schlug. Henry grunzte. Seine Hand ließ meine Haare los, der Stahl verschwand von meiner verbrannten Stirn. Ich schob mich mit einem Satz nach hinten, während direkt vor mir noch immer diese grässlichen, zermalmenden Töne zu hören waren. Sie näherten sich dem Boden, senkten sich herab. Meine rechte Hand fasste in etwas Warmes, Flüssiges. Ich riss sie hoch, griff blindlings um mich … und ertastete eine solide Wand, wo eigentlich Henry hätte stehen sollen. Von unten erklang ein Wort, gehaucht mit dem letzten Atemzug: »Steiiin …«  
    Die Mauer unter meiner Hand erbebte und glitt noch ein Stück tiefer. Unter ihr knirschten Dinge. Henrys Lungen wurden leer gepresst, fauchten wie ein Blasebalg. Eine letzte Erschütterung, dann war es vollkommen still.
    Das war es beinahe. Der Rest ist ein Tasten und Stolpern durch kühle, finstere Gewölbe, mal treppauf, meist jedoch treppab. Ich wurde tief in die innersten Zirkel geleitet, konnte hören und fühlen, wie das Konstrukt sich um mich bewegte, um mir die Passage zu ermöglichen.
    Ich hatte wie gesagt keine Angst mehr. Staunen und Ehrfurcht erfüllten mich auf meiner blinden Reise in das Herz des Scheusals.
    Nach unbestimmter Zeit erreichte ich ihn schließlich, jenen Punkt unter dem Gipfel, an dem sich sämtliche Leitungen vereinigten; den Ort, an dem alles endete. Ein Kessel, geschlagen in den rohen Fels des Berges. Wie genau ich dorthin gelangte, kann und will ich dir nicht erzählen, meine Liebste. Kein Mensch soll mir jemals an diese Stelle folgen. Ich werde die Sache beenden und dann soll sie vergessen sein.
    Dort unten war Licht. Es entstammte dem roten Stein, daher wirkte alles, als wäre es mit Blut übergossen. Ein gläubigerer Mensch wäre angesichts der flackernden Schatten vielleicht zu dem Schluss gelangt, in der Hölle gelandet zu sein.
    Der Stein saß auf dem Wesen, jenem Ding, das zu mir gesprochen hatte. Er umspannte seinen Schädel wie ein kristallines Netzwerk, hatte ihn im Laufe der Zeit umwachsen und durchdrungen. Während ich den unförmigen Körper betrachtete, der plump und schwammig inmitten seines eigenen Unrats saß, die Haut überzogen von Geschwüren und dunklen Flecken, warf das Wesen den Kopf in den Nacken und sperrte seinen zahnlosen Rachen auf. Über ihm mündeten zahlreiche metallene Röhren, liefen sternförmig auf die Stelle über dem Maul zu. Aus einer der Leitungen troff nun Flüssigkeit. Sie schwappte zwischen die fleischigen Lippen, zähflüssig, durchsetzt mit größeren Brocken. Das Wesen schlürfte lautstark, der rote Stein begann heller zu leuchten. Es trank, glucksend, stöhnend, nahm alles in sich auf, bis sich der furchtbare Strom schließlich erschöpfte.
    Dann sah es mich an und sprach:
     
    FGT UVGKP JCV OKEJ UQ YGTFGP NCUUGP. PKOO FW KJP. UCIG KJPGP, UKG UQNNGP KJP BWTWGEMPGJOGP. GT YGKUU PWP IGPWI.
     
    Nachdem es mir meine Aufgabe anvertraut hatte, ließ es mich ein letztes Mal gehen. Es wusste, ich würde nicht mehr zu fliehen versuchen. Ich hatte begriffen, verstand die
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