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Das Grab des Tauren

Das Grab des Tauren

Titel: Das Grab des Tauren
Autoren: Hugh Walker
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suchen wir noch nach einem der Unseren, nach Nottr, unserem…«
    »Nottr?« entfuhr es dem Grauhaarigen. Im harten Karsh-Dialekt fuhr er fort: »Der mit Sadagar in den Götterbergen ritt?«
    »Ja«, sagte Lella. »Er erzählte davon. Er und Olinga…«
    »Auch ich weiß von einem Nordländer mit Namen Nottr«, erklärte Nospero. »Da war er in der Gesellschaft eines, den sie den Sohn des Kometen nannten und der König Lerreigen…«
    »Es ist derselbe…«
    »Jetzt ist keine Zeit für alte Erinnerungen«, drängte der Schwarzhaarige.
    Sie fanden Nottr kurze Zeit später auf der anderen Seite des mächtigen Turmes. Er war schwach, aber bei Verstand. Die unerwartete Aussicht auf Flucht ließ seine Lebensgeister rasch erwachen. Er sagte nur: »Wenn ich Seelenwind jetzt zurücklasse, werde ich wiederkommen müssen.«
    Sie eilten durch die großen Korridore, begleitet vom fernen Hämmern der Schmieden und von Geräuschen, die dem Heulen der ewig Verdammten ähnlich sein mußten. Seine Viererschaft hatte sich um Nottr gruppiert. Es war ein gutes Gefühl, wieder die gewohnte Kampfeinheit zu sein. Aus den großen Fensteröffnungen starrten sie vorsichtig hinab. Die breiten Wege zwischen den eckigen Türmen waren ihnen verwehrt. Eine große Anzahl von Gianten riegelten offenbar das Gebiet um die Kerker ab.
    Der Blick nach oben wanderte an glatten steinernen Wänden entlang in einen schwarzen Himmel, dessen Anblick das Herz stocken ließ. Irgendwo jenseits dieser Mauern mochte es Tag sein, aber über der Stadt war ein riesiges Loch, das die Fliehenden wie der wahrhaftige Schlund der Finsternis anmutete.
    »Was tun wir?« fragte der Karsh.
    »Wenn sie uns fangen, warten die Schmieden auf uns«, stellte Nospero fest.
    »Wenn wir sterben, bleibt uns erspart, auf ihrer Seite kämpfen zu müssen«, sagte Lella grimmig.
    »Ich habe gehört, sie lassen selbst die Toten für sich kämpfen«, sagte der schwarzhaarige Salamiter, dessen Name Armas war. Er schauderte merklich.
    Nottr war ungewöhnlich wortkarg, doch nun sagte er entschlossen: »Es bleibt der Weg nach oben. Wir werden dort kämpfen und, wenn die Götter mit uns sind, viele mit in die Tiefe nehmen. Was dann von uns übrig bleibt, vermag auch die schwärzeste Magie nicht mehr zu benutzen.«
    Es war ein grimmiger Entschluß, aber einer, der ihnen erlaubte, wie die Krieger zu sterben, die sie waren.
    Hier war also sein großer Plan, sein Kriegszug nach stong-nil-lumen, zu Ende. Er dachte es nicht bitter. Der Plan war zu groß gewesen. Aber große Taten waren in den Träumen aller Lorvaner. Er war seinen Träumen gefolgt. Tasman, der Sommergott, würde eine Schar von Tapferen heimholen. Er bedauerte es nicht, daß nun der Tod kam. Horcan war sein Verbündeter. An seiner Seite war der Kampf gegen die Finsternis noch nicht vorüber. Er bedauerte nur, Seelenwind für diesen Kampf nicht in der Faust zu haben.
    Die anderen fügten sich in diese Entscheidung mit Gleichmut. Mit Ausnahme Calutts waren sie alle Krieger, und der Tod hatte sie oft genug begleitet; und selbst der Schamane war zu vertraut mit dem Tod, um ihn zu fürchten.
    Es gab keine Stufen im Innern des Steinturms. Die Südländer waren außen hochgekommen. Sie befanden sich im mächtigen Fuß des Turmes. Nach oben wurden die Quader schmaler. Schräge, drei Schritt breite Simse führten aufwärts um den Turm herum. Die hohen Stufen waren für menschliche Beine kaum erklimmbar. Wenn es wirklich Stufen waren und nicht Zierwerk, dann mußten sie für Riesen angelegt sein; aber war nicht die ganze Stadt den Legenden nach ein Bauwerk eines mächtigen Geschlechts von Riesen?
    Der Plan, nach oben zu steigen, wurde rasch aufgegeben.
    »Gut, so kämpfen wir hier«, stellte Nottr fest. »Ein Sturz in die Tiefe bringt auch von hier aus den Tod. Wir werden sie gut empfangen. Aber es sieht aus, als hätten sie uns noch gar nicht bemerkt. Sehen wir uns hier um, bevor wir ihnen zeigen, daß wir kampfbereit sind.«
    Es gab nicht viel zu entdecken: einen Aufgang von steilen, überhohen Stufen, auf denen die Südländer sich hochgekämpft hatten; zwei große Fensteröffnungen in Mannshöhe; ein Eingang, der zu den beiden Korridoren führte und zu den Kerkerräumen. Alles war aus Stein. Es sah aus, als wäre ein Steinblock von der Größe eines Palasts ausgehöhlt worden und der nächste daraufgesetzt.
    Während die Lorvaner sich umsahen, kam Nospero zu Nottr. Er kannte Nottr nicht von Angesicht zu Angesicht, aber er wußte von den
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