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Das Grab des Tauren

Das Grab des Tauren

Titel: Das Grab des Tauren
Autoren: Hugh Walker
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dieser Dämonenstadt mit seinen Erinnerungen spielte. Vielleicht, um ihm Geheimnisse zu entlocken, die er auch unter der Folter nicht preisgeben würde. Um Mythor zu verraten? Aber was konnte er ihnen über Mythor verraten? Er wußte nicht einmal, wo sich der Freund befand.
    Dennoch mochte etwas in seinen Erinnerungen für sie von Bedeutung sein, auch wenn er nicht verstand, weshalb. Jede winzige Erinnerung mochte den Gefährten verraten!
    Mit wachsendem Grauen beobachtete er die Erscheinung, die seltsam lebendig, und doch ohne wirkliches Leben war. In Mythors entschlossenen Zügen war kein Erkennen, er sah eine andere, eine vergangene Wirklichkeit.
    Dann schwankte die Erscheinung wie die andere zuvor und wurde aufgesogen wie Rauch von dem fahlen, unwirklichen Licht der Felsen.
    Nottr fühlte sich erleichtert und seltsam schwach und leer. Es war ihm, als hätte er etwas verloren.
    Erneut formte sich eine Gestalt vor ihm – groß, hager – Thonensen, der Magier. Aber sie verschwamm, wandelte sich, wurde erneut zu – Mythor.
    Nottr schrie ergrimmt auf. Wildländerwut ließ ihn rot sehen. Schmerzhaft wurde ihm bewußt, wie klein und niedrig dieser Kerker war. Der unheilige Stein schlug und schnitt in seine Haut wie etwas Lebendiges. Aber Blut und Schmerz waren nicht etwas, das einen Wildländer niederzwang oder zur Vernunft brachte. Brüllend fuhr er in das Abbild, um es auseinanderzureißen, aber es war nur Luft, die seine zu Klauen gekrümmten Finger zerfetzten. Die Erscheinung blieb unberührt.
    Keuchend ließ sich Nottr zurücksinken. Er unterdrückte den Grimm und beruhigte seine Gedanken. Eine Weile mühte er sich damit ab, an nichts zu denken und alle Erinnerungen aus seinem Geist zu bannen.
    Aber die Erscheinung blieb. Er hatte keinen Einfluß darauf. Sie bedienten sich seiner Erinnerungen, ohne daß er es verhindern konnte.
    Und sie hatten es auf Mythor abgesehen!
    Als die Erscheinung am stärksten und deutlichsten war, verschlang der fahle Schimmer sie wie die anderen zuvor, und wieder war eine spürbare Leere in Nottr. Er begann zu begreifen und Furcht kroch in seinen Verstand – keine abergläubische Furcht vor Dämonen, sondern kalte Angst.
    War das das Los eines Gianten? Daß sie seinen Schädel ausleerten, bevor sie ihn in Eisen schmiedeten?
    Er schrie ergrimmt auf und krallte seine Finger in den Stein, als sich erneut eine Erscheinung zu formen begann. Er kämpfte dagegen an, fluchte und heulte, als er erkannte, daß es ein verlorener Kampf war; er verleugnete Mythor, riß ihn sich selbst aus seinen Gedanken; er dachte an Schnee und Eis, an Wanderungen durch die Wildländer, an Plünderungen in ugalienischen Dörfern, an Dinge, die nichts verrieten. Er zwang seine Gedanken fort von Mythor und Olinga, von Sadagar, Thonensen, Maer O’Braenn und Dilvoog, von allen Gefährten. Er schloß die Augen. So mußte Calutt fühlen, wenn er sich entrückt seinen Geistern hingab. Da war nur eine große empfindungslose Leere um ihn, in der er schwebte. Aber es währte nur ein paar Atemzüge lang, dann kehrte sein Kriegergeist in die Wirklichkeit zurück. Und in der Wirklichkeit schwebte erneut Mythor vor ihm, Mythor aus den Tagen, da sie die Ebene der Krieger erreichten, um am Turnier der Caer teilzunehmen. Und wieder griff das fahle Licht nach der Erscheinung und sog sie auf.
    Es gab kein Wehren dagegen. Gleichgültig, woran er dachte oder sich erinnerte, es war immer wieder Mythor, der erstand und verschlungen wurde – Erinnerung um Erinnerung. Sie wollten Mythor aus ihm herausreißen, daran zweifelte er nicht mehr. Sein Geist wurde leerer und leerer. In Panik klammerte er sich an den Namen, murmelte, flüsterte, schrie und heulte ihn immer wieder. Die Hölle, in die Imrirr die Feiglinge und Verräter sandte, konnte nicht grauenvoller sein.
    »Mythor! Mythor! Mythor…!«
*
    Calutt, der Schamane, kaute ein Stück getrockneten Alppilzes. Er wollte mit seinen Geistern in Verbindung treten. Und seine Geister waren die Toten.
    Sein steinerner Kerker war größer, als der Nottres. Auch war er nicht allein. Nottres Viererschaft befand sich bei ihm, und Arel, einer von Urgats Quaren. Sie alle hockten ruhelos in ihrem fahl schimmernden Gefängnis. In Keirs Gesicht war Furcht, obwohl er sich bemühte, sie nicht zu zeigen. Baragg ballte die Fäuste um nicht vorhandene Axtschäfte und Schwertgriffe. Lellas Augen funkelten. Sie warf wütende Blicke auf die Männer und auf den Schamanen.
    »Bei Tasman! Sie machen aus Nottr
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